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Eine Gruppe von Männern schiesst mit Gewehren.
Legende: Zum 150. Jahrestag trafen sich Tausende Geschichts-Begeisterte, um die Schlacht von Gettysburg (1863) nachzuspielen. Keystone

Gesellschaft & Religion 150 Jahre Kriegsende: Geburt eines amerikanischen Mythos

Am 14. April 1865 wurde der amerikanische Präsident Abraham Lincoln ermordet. Sein Todesjahr ging in die Geschichte ein: Der amerikanische Bürgerkrieg endete und die Sklaverei wurde offiziell abgeschafft. Im Gedenkjahr werden Mythen beschworen und Erinnerungen vertuscht.

Als der amerikanische Spitzenkoch Sean Brock kürzlich «Antebellum Shrimp and Grits» auf sein Menü setzte, regnete es Reklamationen. Nicht weil Brocks Deluxe-Version dieser Südstaatenspezialität aus Krabben und Maisgrütze den Gästen missfiel. Sondern weil manchen das Anhängsel «antebellum» in den falschen Hals geriet.

Mit diesem Begriff wird in den Vereinten Staaten die Zeit vor dem amerikanischen Bürgerkrieg (1861–1865) bezeichnet. Damals florierte die Wirtschaft im Süden des Landes dank des lukrativen Baumwollhandels, der wiederum auf dem System der Sklaverei beruhte. Krabben und Mais mit Onkel Tom? Das ist nicht nach jedermanns Geschmack.

Alle Menschen sind frei und gleich an Rechten ...

Vor 150 Jahren ging der amerikanische Bürgerkrieg oder Sezessionskrieg zu Ende. Damit wurde die Sklaverei offiziell abgeschafft. Das ökonomische Kraftzentrum der USA verlagerte sich in den industriellen Norden. In den Augen vieler wurde die noch junge Nation damals ein zweites Mal geboren. «Eine neue Nation, in Freiheit gezeugt und dem Grundsatz geweiht, dass alle Menschen gleich geschaffen sind» – so formulierte es Abraham Lincoln in seiner legendären Rede von Gettysburg. Der Bürgerkriegspräsident pflanzte die Ideale ins nationale Bewusstsein, die die Vereinigten Staaten noch immer hochhalten.

Der amerikanische Bürgerkrieg

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Der Krieg fand von 1861 bis 1865 zwischen den Nordstaaten und den aus der Union ausgetretenen Südstaaten statt. Die Ursachen: Der industrialisierte Norden und der agrarische Süden hatten sich auseinanderentwickelt – ökonomisch, gesellschaftlich und politisch. Ein weiterer Konfliktpunkt war die Auseinandersetzung um die Abschaffung der Sklaverei.

Heute ist der amerikanische Bürgerkrieg ein Mythos und das Gedenkjahr ein Anlass für Volksfeste und Selbstbesinnung. Politiker werden nicht müde, das «Vereinigte» der Vereinigten Staaten zu beschwören. Die USA könnten und müssten, so der Tenor, die ideologischen und materiellen Gegensätze im Innern überwinden, wie sie es schon einmal getan hätten.

«United we stand», obschon sich Demokraten und Republikaner in Washington an die Gurgel gehen und die 160'000 reichsten Familien so viel besitzen wie die 145 Millionen ärmsten. «United we stand», weil auch Steuergelder die unzähligen Kostüm- und Kanonendonner-Spektakel ermöglichen, die landauf und landab inszeniert werden, um an den Bürgerkrieg zu erinnern. Der Schlachtszenen-Tourismus ist einträglicher als mancher Hollywood-Streifen mit demselben Thema und ähnlichem Aufwand.

... mit Ausnahme der Afroamerikaner

Der Bürgerkrieg war mit einer geschätzten Million Opfer eines der letzten grossen Gemetzel auf amerikanischem Boden. So steht es in jedem amerikanischen Geschichtsbuch. Häufig ausgelassen wird darin die Tatsache, dass für diesen Krieg Tausende von schwarzen Amerikanern rekrutiert wurden, für die die Hölle erst im Frieden danach richtig begann.

Afroamerikaner mussten noch einmal 100 Jahre warten, bis mit der Verabschiedung des Bürgerrechtsgesetzes auch sie mit allen anderen Bürgern gleichgestellt wurden – so wie es Lincoln vorgesehen hatte. Auf das Verschwinden des gesellschaftsimmanenten Rassismus warten sie freilich noch immer.

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