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Ein Bauchnabel und eine Hand mit einem Hamburger.
Legende: Hinter diesem Bauchnabel verbirgt sich ein faszinierendes Organ. Colourbox

Gesellschaft & Religion Eine Liebeserklärung an unser Verdauungsorgan

Sie ist klug, blutjung und saufrech. Und nun auch noch reich. Giulia Enders hat mit ihrem Buch «Darm mit Charme» einen medizinischen Megaseller geschrieben. Die 24-jährige Medizinerin ist fasziniert vom «Schlauch» zwischen Mundhöhle und After. Und vermittelt ihr Wissen mit unverblümter Schreibe.

Wer Licht in seinen eigenen Bauch bringen will und Lust hat auf eine Abenteuerreise der besonderen Art, lässt sich von diesem dämlichen Titel hoffentlich nicht abschrecken: «Darm mit Charme». Es ist wohl eine Marketingidee, um die Scham, die im Zusammenhang mit dem Darm immer herrscht, wortspielerisch zu umschiffen – Schamcharme. Wer Giulia Enders medizinales Sachbuch liest, lernt über das eigene Innenleben auf jeder zweiten Seite etwas Neues.

Die Schokoladentorte von A bis A

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Die Medizinerin nimmt uns mit auf einen ganz alltäglichen Trip: Wir reisen mit einem Stück Schokoladentorte vom Auge bis zum After. Die Lesereise dauert 288 Seiten. Und wenn einer eine Reise tut, dann kann er was erzählen.

Wir lernen, dass wir uns mit der Errichtung von Sitzklos auch Hämorrhoiden und Divertikel eingehandelt haben. Und dass wir unsere Haltung auf dem Klo ohne grossen Aufwand darmfreundlich verändern können. Wir erfahren, dass wir in unserem Speichel ein hochwirksames Schmerzmittel produzieren. Das ist nötig, weil unser Mund ein Sensibelchen ist, schreibt Giulia Enders.

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Die Lektüre veranschaulicht, was die Ursachen für Mundgeruch sein können. Und sie führt einleuchtend vor Augen, wieso es beim Essen gemütlich sein sollte. Unglaublich ist auch die Tatsache, dass in einem kleinen Grämmchen menschlicher Kacke mehr Bakterien leben als Menschen auf der Erde. Wir wissen nun Bescheid über die Reisekrankheit und können mitreden, wenn es um die schädigende Wirkung von zu viel Hygiene geht.

Freche Bilder, unerschrockene Schreibe

Giulia Enders vermittelt Wissen mit einer ziemlich ungewöhnlichen, um nicht zu sagen unerschrockenen Schreibe. In ihrem Buch findet sich denn auch eine Typologie der Scheisse. Da kann man nachschauen, ob der eigene Egoabfall medizinisch gesehen «im grünen Bereich» ist.

Ihre Schwester Jill, die einen künstlerischen Beruf gelernt hat, hat wunderbare, an Niki de Saint Phalle erinnernde Illustrationen beigesteuert. Die begabten Schwestern machen den Verdauungstrakt zum partykompatiblen Gesprächsstoff.

Das Highlight in diesem ohnehin highlightreichen Ausnahme-Buch ist aber das Kapitel, in dem es um das Darmhirn geht. Enders sagt: «Der Darm ist das grösste sensomotorische Organ. Es ist dabei, die Vormachtstellung des Kopfhirnes in Frage zu stellen.»

Darmhirn und Bauchgefühl

Buchhinweis

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Legende: Jill Enders

Giulia Enders: «Darm mit Charme. Alles über ein unterschätztes Organ.» Ullstein Verlag, 2014.

Eigentlich wissen wir Menschen seit Urzeiten, was die Forschung erst langsam entdeckt: Unser Bauchgefühl ist wegweisend. Wir haben Schiss oder die Hosen voll, wenn wir ängstlich sind. Wir kommen nicht zu Potte, wenn wir etwas nicht hinkriegen. Wir schlucken eine Enttäuschung herunter und müssen Niederlagen erst mal verdauen. Oder eine gemeine Bemerkung stösst uns sauer auf. Und: Wenn wir verliebt sind, haben wir Schmetterlinge im Bauch. Unser Ich besteht aus Bauch und Kopf. Das zeigt sich, so Giulia Enders, nicht nur in unserer Sprache, sondern immer häufiger auch im Labor.

Enders behauptet nicht nur einfach jugendlich frisch und fröhlich etwas daher, sondern belegt fast alles mit Daten und Fakten aus der Wissenschaftswelt. Das zeigt sich auch im zwölfseitigen Anhang mit den Quellennachweisen.

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