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Ein Hochzeitspaar im Grünen.
Legende: Hochzeit im Grünen: Während die Kirchenbänke leer bleiben, feiern die Leute Rituale immer öfter in der Natur. Getty Images

Gesellschaft & Religion Unter der Haube – aber mit Gott nichts am Hut

Die Kirchenbänke bleiben leer, draussen wird gefeiert: Rituale verschieben sich in die Natur. Das stellt die Kirchen vor neue Herausforderungen.

Die meisten Leute in der Schweiz glauben zwar an «etwas Höheres», gehen aber höchstens noch an Weihnachten oder in Krisensituationen in die Kirche. Doch das Bedürfnis, Lebensübergänge zu feiern, ist vielen geblieben.

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Gisula Tscharner ist in der Schweiz eine Pionierin der freien Ritualbegleitung. Der Film « Gisula Tscharner – der Erde näher als dem Himmel » begleitet die Wahlbündnerin bei ihrer Tätigkeit.

Eine der ersten, die diesem Wunsch eine neue Gestalt gab, ist die freie Theologin Gisula Tscharner aus Feldis in Graubünden. Die ehemalige Pfarrerin trat vor über 20 Jahren aus der reformierten Kirche aus. Und begann, Rituale in der freien Natur anzubieten.

Seelsorgerin per Mausklick buchen

Anfang der 1990er-Jahre interessierten sich links-alternative Paare und Familien für ihr Angebot. Heute stammt ihre Kundschaft aus allen Schichten und Regionen.

Neben der bald 70-jährigen Gisula Tscharner gibt es heute eine ganze Reihe freischaffender Seelsorgerinnen und Ritualbegleiter in der Schweiz. Sie bieten ihre Dienste auf Hochzeitsmessen und im Internet an und sind dabei oft freier und kreativer als ihre Kollegen in der Landeskirche.

Taufen unter freiem Himmel

«Kritik von aussen regt uns zur Selbstreflexion und Veränderung an», sagt die Davoser Pfarrerin Cornelia Camichel. «Menschen wie Gisula Tscharner sind eine Inspiration für die offizielle Kirche.»

Cornelia Camichel

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Pfarrerin in Davos und die erste Dekanin der Bündner Synode. Die 46-Jährige ist ein kritischer Geist und teilt die Vorbehalte von Feministinnen gegenüber der immer noch männerdominierten Kirche. Anstatt auszutreten, beschloss sie, die Kirche von innen mitzugestalten.

Camichel ist als Dekanin die höchste Protestantin im Kanton und findet: «Die Kirche ist besser als ihr Image.» So gehören Alp-Gottesdienste und Taufen unter freiem Himmel heute genauso zum Angebot der reformierten Kirche wie konventionelle Gottesdienste.

Spannende Spezialwünsche

Camichel mag solche besonderen Zeremonien: «Wer mit einem Spezialwunsch kommt, macht sich meist besonders viele Gedanken. Und das ist spannend.» Dennoch sieht die Pfarrerin klare Unterschiede zwischen sich und freien Ritualbegleiterinnen und Seelsorgern.

Sie erfüllt nicht jeden Wunsch und distanziert sich von reinen Events und von Feiern jenseits der christlichen Tradition: «Wenn Menschen zu mir kommen und sagen, sie hätten mit der Bibel gar nichts am Hut, rate ich ihnen, lieber zu jemand anderem gehen.»

Nicht auf den Gottesbegriff verzichten

Spürt Cornelia Camichel bei ihrem Gegenüber eine gewisse Offenheit, versucht sie ihm die Bibel als ein Buch näherzubringen, das menschliche Erfahrungen von über 1000 Jahren sammelt.

Und wenn jemand mit dem Wort «Gott» Mühe hat, spricht sie mit ihm darüber, mit welchen Gottesbildern er aufgewachsen ist und welche Gestalten «Gott» sonst noch annehmen könnte. Auf den Gottesbegriff verzichten will Cornelia Camichel jedoch nicht.

Die Kirche als Accessoire

Die Pfarrerin beobachtet auch, dass manche Menschen sich just eine schöne Kirche als feierlichen Rahmen für ein Ritual wünschen. Gerade in Graubünden gibt es viele Kirchenräume mit historischen Fresken oder kunstvollen Arvenschnitzereien, die auch Feriengäste faszinieren. Diese wählen dann für die eigene Hochzeit bewusst eine stilvolle Kirche im Alpen-Ambiente.

Nur die Location «Kirche» buchen? Das geht nicht

Manchmal wünschen sich auch Klienten freier Seelsorgerinnen ein Ritual in einer Kirche. Doch die Bündner Kirchenoberen lehnten mehrere Anfragen ab. «Wer kein Mitglied ist und die Kirche derart heftig kritisiert, soll auch auf die Infrastruktur der Kirche verzichten», findet die Dekanin.

Für sie besteht die Kirche nicht nur aus Ritualen. Ebenso zentral sei es, Teil einer weltweiten Gemeinschaft Gläubiger zu sein. «Wenn jemand nicht Teil dieser Gemeinschaft sein will, ist das sein gutes Recht. Aber wir haben als Gemeinschaft ebenso das Recht zu sagen, was unsere Kriterien sind.»

Sendung: SRF 1, Sternstunde Religion, 28.05.2017, 10.35 Uhr

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