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Historiker Philipp Blom Trägt die Bibel eine Mitschuld an der Klimakrise?

Schon Adam und Eva sollten unterwerfen. Der Auftrag «Macht euch die Erde untertan» sei eine mythologische Zeitbombe, ist sich der Historiker Philipp Blom sicher. Zur Rettung des Klimas brauche es eine Revolution im Denken.

Es gibt nicht mehr viel Anlass für Optimismus – zumindest, was das Klima angeht. Das sagen Klimaexpertinnen und -experten, aber auch renommierte Historiker wie Philipp Blom.

Er hat sich in seinem neuesten Buch mit den historischen Anfängen des Klimadebakels auseinandergesetzt.

Klimasünder Adam und Eva

Angefangen habe alles mit Adam und Eva – einmal mehr. Zumindest fänden wir im Schöpfungsbericht der Genesis jenen verhängnisvollen Satz, der noch bis heute wirkmächtig sei.

Philipp Blom

Historiker und Autor

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Philipp Blom (1970) ist Historiker und Bestsellerautor. Er studierte Philosophie, Judaistik und Geschichte in Wien und Oxford. Seit 1998 lebt er als freier Autor und Journalist in Wien.

Blom ist in einem christlichen Haushalt aufgewachsen und hat sich mit 20 Jahren von der Religion abgewandt und in Denis Diderot, dem französischen Aufklärer, einen Bruder im Geiste gefunden. Er sitzt im Beirat der atheistisch- humanistischen Giordano-Bruno-Stiftung.

Gemeint ist der göttliche Auftrag, sich die Erde untertan zu machen: «Wir alle sind in diese absurde Idee hineingeboren, dass wir über und ausserhalb der Natur stehen. Durch die Klimakatastrophe lernen wir, wie falsch diese Idee ist.»

Klimasünderin Bibel also? Jein, dieses Gedankengut war schon eher vorhanden, im Gilgamesch-Epos zum Beispiel, der ältesten schriftlich überlieferten Erzählung der Menschheitsgeschichte. Doch erst durch die Bibel hätte es Verbreitung gefunden, so Philipp Blom.

Die mythologische Atombombe

Die Unterwerfungsideologie sei längst Teil des Gewebes der Gesellschaft geworden und diente nicht zuletzt den europäischen Kolonialistinnen und Kolonialisten als Leitfaden, die Welt zu erobern.

Mann mit grauen Haaren, zurückgekämmt, und runder, dunkler Brille. Schaut in Kamera, im Hintergrund graue Betonwand.
Legende: Philipp Blom sagt: Wir leben in einem Bruchmoment. Es werde Zeit, einen bescheideneren Platz auf der Welt zu finden. peterrigaud.com

Deshalb nennt Blom den biblischen Satz auch eine mythologische Atombombe. Denn gingen wir in die Welt zurück, bevor dieser Satz niedergeschrieben wurde, fänden wir eine Welt, die animistisch geprägt sei.

Oder anders gesagt: «Wollte man in See stechen, musste man Poseidon opfern, sonst gab es einen Sturm oder eine Flaute und man kam nicht weiter. Und wollte man ein Feld aussäen, brauchte es vielleicht ein Ritual, um die Geister zu besänftigen.»

Der arrogante Primat

Auch wenn dies alles symbolische Handlungen seien, erkennen sie an, dass wir in einem Geflecht von Kräften stünden, mit denen ein Umgang zu finden ist. Dort setzt Blom an. Er will zwar keinesfalls zurück in eine polytheistische oder animistische Welt, aber er fordert eine Denkrevolution.

«Wir müssen beginnen, diese 3000 Jahre Kulturgeschichte hinter uns zu lassen.» Der Homo sapiens – denn nichts mehr sei der Mensch – müsse endlich einsehen, dass er ein Primat sei, der sich selbst hoffnungslos überschätzt. «Wir sind für uns selbst zwar wichtig, aber für die Natur vernachlässigbar. Würden Pilze oder Ameisen aussterben, würden ganze Systeme zusammenbrechen.»

Für eine artgerechte Haltung

Blom fordert deshalb, dass der Mensch sich als Teil eines «chaotischen Systems» begreift, das Bäume kommunizieren lässt, aber auch beispielsweise den menschlichen Metabolismus steuert.

Buchhinweis

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Philipp Blom: «Die Unterwerfung. Anfang und Ende der menschlichen Herrschaft über die Natur». Carl Hanser Verlag, 2022.

Wenn man dieses Denken erst mal verinnerlicht habe, finde der Klimawandel eben nicht «irgendwo da draussen» statt, sondern wir seien alle ein Teil von ihm.

Von gesellschaftlichen Utopien hält der Historiker wenig. Aber eine «artgerechtere Haltung für den Homo sapiens» sollten wir schon hinkriegen, meint Blom zum Schluss. Für ihn hiesse das: weniger Konkurrenz und weniger Profit – dafür ein menschlicheres Gesicht einer kapitalistischen Gesellschaft.

SRF 1, Sternstunde Religion, 11.12.2022, 10:00 Uhr.

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