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«I see Vulvas everywhere!» Bildband mit Humor: Erkennen Sie die Vulva?

Bei einem hochgereckten Objekt kommt uns schnell einmal ein Phallus in den Sinn. Die Vulva hingegen scheint unsichtbar. Das will die Berliner Autorin und Comedian Lisa Frischemeier mit ihrem essayistischen Fotobuch «I see Vulvas everywhere!» ändern.

Die Samenkapsel einer Papaya, der üppige Frischkäse-Aufstrich auf dem Toast oder die perlbesetzten Haarklammern, die sich an den gebogenen Enden berühren. Alle haben sie etwas gemeinsam: Sie erinnern an eine Vulva. Wenn man denn wüsste, wie eine aussieht. Denn: «Wir sehen nur, was wir kennen», sagt Autorin Lisa Frischemeier.

Präsenter Phallus, versteckte Vulva

Was uns nicht vertraut sei oder womit wir uns nicht beschäftigen wollten, würden wir ausblenden. «Und die Vulva hat sowohl in unserer Kultur, in der Popkultur, als auch in Schulbüchern und Medizinbüchern nicht die gleiche Präsenz wie das männliche Genital.» Phallische Objekte würden wir seit Kindertagen erkennen. Darin habe uns unsere phallozentrische Welt geschult, zum Beispiel durch Kritzeleien an Toilettenwänden.

Kennen, um zu erkennen: Doch wie sieht denn nun eine Vulva aus, Lisa Frischemeier? «Im Vergleich zum Penis, der, sage ich mal, ein längliches Oval ist, ist die Vulva in ihrer reduziertesten Form eigentlich eine Ellipse.»

Weg von den Schamlippen

Natürlich erkennt, wer denn möchte, Vulven auch in der plastischeren Form mit den Vulvalippen, wie Lisa Frischemeyer diese nennt. Zum Beispiel in Astlöchern, in der Öffnung einer gefütterten Handtasche oder bei einem Hahnenkamm. Solcherlei Fotoaufnahmen vereint die Comedian anschaulich in ihrem Buch.

Weisser Hahn mit rotem Kamm, dieser ist flach auf den Kopf gedrückt, oval gewellt.
Legende: Ein doppeldeutiger Hahnenkamm? Lisa Frischemeyer schult das Auge für die Vulva in die Öffentlichkeit. Andrey Tikhonovskiy

Dass sie die Vulvalippen nicht, wie geläufiger, Schamlippen nennt, ist Programm. «Bei der Arbeit am Buch habe ich gemerkt: Wenn man Schamlippen sagt, spürt man auch immer einen Teil dieser Scham mit», erklärt sie. «Doch da gibt es nichts, wofür man sich schämen müsste.» Bei der Sprache müsse man anfangen, diese Scham auszuklammern.

Die Vulva zur Weltrettung

Ihre Fotos von Vulva-Formen werden von einem Essay begleitet, in dem sie sich der Vulva kulturgeschichtlich und aus einer feministischen Perspektive nähert.

Darin führt die Autorin unter anderem aus, dass die Vulva früher mal die Welt rettete – und zwar in einem griechischen Mythos: «Als Demeter, die Göttin des Ackerbaus, getrauert hat, hat Baubo sie getröstet, indem sie sich breitbeinig vor sie gesetzt und ihr die Vulva gezeigt hat», erzählt Lisa Frischemeier. «Demeter ist dann in schallendes Gelächter ausgebrochen und hat ihre Trauer vergessen.» Dadurch sei in diesem Mythos die Welt gerettet worden.

rosa Wollknäuel, in der Mitte eine Ovale Vertiefung in Schichten, am oberen Ende wird Wolle besonders dunkel.
Legende: Eine flauschige Angelegenheit: Selbst ein Wollknäuel kann verwegen wirken. shutterstock / Denis Zar

Baubo ist eine Gestalt aus der Entourage der Fruchtbarkeitsgöttin. Im Mythos bringt sie Demeter mit dem Zeigen ihrer Vulva auch dazu, dass diese die Pflanzen wieder spriessen lässt. Somit gibt es wieder Essen und damit Leben für alle. Solche Beispiele sind augenzwinkernd gemeint.

Aufklärung mit Humor

Der Essay hat jedoch auch das klare Ziel, aufzuklären. «Mir ist es wichtig, dass es ein Allgemeinwissen zur Vulva gibt und mit den Mythen aufgeräumt wird», so die Autorin. Dies will sie mit Humor erreichen. «Wenn man dabei schmunzeln oder lachen muss, hören die Leute einem besser zu.»

Den humorvollen Zugang schafft sie mit den vielen Fotos. Comedian Lisa Frischemeier sieht Vulven auch in vom Wind aufgeblähten Vorhängen, Eis-Toppings oder Elefantenhaut.

Also die Augen offen halten . Denn nach der Lektüre dieses Buchs ist die Welt um einen herum eine andere.

Buchhinweis

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Lisa Frischemeier: «I see Vulvas everywhere!», Dumont-Verlag, 2023.

Radio SRF 2 Kultur, Kultur-Aktualität, 20.07.2023, 07:06 Uhr

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