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Frau mit dunklen Haaren vor einem Bücherregal.
Legende: Charlotte Link schreibt über den aussichtslosen Kampf ihrer Schwester gegen Krebs. Blanvalet Verlag

Literatur Charlotte Link: Meine Schwester war ein Teil von mir

Charlotte Links Bücher haben sich bislang 24 Millionen Mal verkauft. Spannungsromane sind ihr Steckenpferd. Jetzt legt sie zum ersten Mal ein Sachbuch vor: «Sechs Jahre». Darin schildert Charlotte Link den schmerzhaften Abschied von ihrer geliebten Schwester Franziska.

Franziska wurde nur gerade 16 Monate nach Charlotte geboren. Die beiden Mädchen waren unzertrennlich. Viele hielten sie deshalb sogar für Zwillinge, obwohl sie äusserlich einander gar nicht so ähnlich sahen. «Für mich war sie einfach ein Teil von mir», sagt Charlotte Link im Rückblick. «Ich empfand sie stets als die Geradere, Unerschrockenere; als eine Frau, die sich nie vorherrschenden Meinungen angepasst hat und damit auch riskierte, alleine dazustehen.»

Keine Schwestern-Rivalität

Für diese Art habe sie Franziska masslos bewundert, gesteht Charlotte Link, da sie selber doch eher die Kompromissbereitere, Mehrheitskonforme sei: «Aber da sie ja ein Teil von mir war, kam es mir vor, als hätte ich – durch sie – auch ein bisschen diesen Charakterzug.»

Umgekehrt sei auch Franziska stolz auf den schriftstellerischen Erfolg ihrer grösseren Schwester gewesen. Regelmässig habe sie Manuskripte als eine der ersten Leserinnen geprüft und ehrlich Feedback gegeben. «So, wie sie mich auch sonst im Leben stark unterstützt hat. Ein Gefühl wie Rivalität kannten wir nicht.»

Überraschende Diagnose

Buchhinweis

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Charlotte Link: «Sechs Jahre – der Abschied von meiner Schwester», Blanvalet 2014.

Mit 41 – bei einer medizinischen Routineuntersuchung – wurden bei Franziska plötzlich Metastasen in der Lunge und ein Tumor im Darm entdeckt. Die Ärztin teilte ihr kaltschnäuzig mit, dass sie wohl kaum noch das Jahresende erleben werde. Sie müsse mit grässlichen letzten Monaten rechnen: «Machen Sie besser noch Fotos für die Kinder, solange Sie noch gut aussehen.»

Es blieb nicht das einzige Mal, dass sich ein Arzt täuschte: Franziska kämpfte wie eine Löwin und lebte noch sechs Jahre. Es war eine Zeit voller Hochs und Tiefs: Immer wieder gab es Grund für Hoffnung, die dann durch einen Rückschlag wieder jäh zerstört wurde.

Liebeserklärung ans Schwesternglück

Charlotte Link und die anderen Familienangehörigen wichen in diesen Jahren kaum von Franziskas Seite, klammerten sich an jeden Strohhalm, der sich ihnen anbot, und waren immer wieder schockiert, wie unsensibel und fahrlässig einzelne Ärzte und Kliniken die tapfere Franziska behandelten.

In ihrem neuen Buch «Sechs Jahre – Der Abschied von meiner Schwester» zieht Charlotte Link jetzt Bilanz: Sie schildert diese emotionale Achterbahn, rechnet ab mit herzlosen Medizinern und unprofessionellen Spitälern und erinnert sich an die einzigartige Franziska, die stets das Leben anpackte, als hätte sie innerlich gewusst, dass ihre Jahre gezählt sind. So gesehen ist dieses Buch vor allem auch eine Liebeserklärung ans Schwesternglück.

Private Einblicke

Charlotte Link zeigt, wie stark einen ein so inniges Verhältnis tragen kann, – und wie hilflos man zurückbleibt, wenn diese Zweisamkeit endet. Sie erzählt offen von ihren Ängsten und ihrer Verzweiflung, gibt Einblick in ihr Hadern mit dem Schicksal und verschweigt auch nicht, dass sie und ihre Familie mehr als einmal auf Quacksalber hereingefallen sind.

Man staunt beim Lesen, wie nahe sie ihr Publikum an sich heranlässt. Hat sie, die als Bestseller-Autorin derart im Fokus der Öffentlichkeit steht, nie befürchtet, zu viel Privates von sich preiszugeben? Nein, antwortet Charlotte Link. Denn bei diesem Thema habe es keine Halbheiten gegeben; umso mehr, als dass sie ja auch Missstände anprangern und ihre Leserinnen und Leser ermutigen wolle, sich nicht alles gefallen zu lassen.

Die Geschichte musste erzählt werden

Geplant war das Buch nicht; dieser Stoff habe sich ihr regelrecht aufgedrängt, betont Charlotte Link. Nach dem Tod ihrer Schwester im Februar 2012 sei sie nicht mehr in der Lage gewesen, in ihren normalen Alltag als Schriftstellerin zurückzukehren.

Zwei Krimis habe sie begonnen, und die Arbeit wieder abgebrochen. «Ich spürte, da ist in mir noch eine andere Geschichte, die zuerst erzählt werden musste.» Und sie erinnerte sich dabei an Gespräche mit Franziska, die ihr nach ihren unglaublichen Erfahrungen im Klinik-Betrieb jeweils gesagt habe: «Wenn wir dies alles hinter uns haben, musst Du einmal darüber schreiben.» «Und das habe ich – rückblickend – dann als vorgezogenes Einverständnis von ihr gewertet.»

So ist das Buch «Sechs Jahre» entstanden. Schreiben habe ihr geholfen, die vielen Eindrücke und Bilder in ihrem Kopf ein bisschen zu ordnen: «Es linderte nicht meinen Schmerz, aber ich habe wieder Kontrolle über mein Leben. Und das ist auch schon ein wichtiger Schritt.»

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