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Patricia Kopatchinskaja
Legende: «Die Musik beginnt da, wo sie spricht», sagt Patricia Kopatchinskaja über ihre Leidenschaft. Marco Borggreve

Musik Mama, wie geht Musik? Patricia Kopatchinskaja erklärt es im Duett

Die Geigerin Patricia Kopatchinskaja möchte Kindern die Welt der Musik erklären – und zwar nicht nur mit braver Klassik, sondern auch mit mittelalterlichen Melodien und zeitgenössischen Elektronik-Collagen. Ihre eigene Tochter hat sie zu ihrer neuen CD inspiriert.

«Das schlimmste für einen Menschen ist die Einsamkeit», sagt Patricia Kopatchinskaja. Sie muss es wissen: Als Solistin reist sie das ganze Jahr durch die Welt, die meiste Zeit allein.

Derweil geht in Bern ihre zehnjährige Tochter in die Schule, malt verrückte Bilder, erfindet Geschichten. Und wenn die Geigerin von einer Konzertreise wieder nach Hause kommt, erzählen sie einander davon. Und philosophieren. Über das Leben, und über die Musik.

Dialogpartner gesucht

«Wie kann ich meiner Tochter Musik erklären?», fragte sich die aus Moldawien stammende Geigerin immer wieder. Eines Tages trommelte sie ihre besten Musikerfreunde zusammen – und fand Antworten im Duett. Denn: «Besonders schlimm ist die Einsamkeit für einen Musiker», sagt Kopatchinskaja. «Die Musik beginnt da, wo sie spricht. Also brauche ich einen Dialog – und einen Dialogpartner».

CD-Hinweis

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Patricia Kopatchinskaja: «Take Two». Alpha Classics, 2015.

Auf ihren Konzertreisen sucht Patricia Kopatchinskaja für ihre Zugaben stets einen Duo-Partner aus dem Orchester. So hat sie sich über die Jahre ein unkonventionelles Repertoire erarbeitet – Duos mit Klarinette, der Kugelflöte Okarina oder Schlagzeug – und hat dabei viele Freundschaften geschlossen.

Ohren putzen

Beides, Freunde und musikalische Raritäten, finden sich nun auf Kopatchinskajas neuer CD: «Take Two». Sie hat sie ihrer Tochter gewidmet, jenem Menschen, der ihr Leben wie kein anderer auf den Kopf gestellt hat. Und der mit seiner Fantasie immer wieder die Grenzen ihrer eigenen Erwachsenenwelt sprengt.

Auf 94 Bookletseiten sind Gespräche mit ihrer Tochter, Zeichnungen und Geschichten zu den Werken abgedruckt; auf 77 Minuten sind die musikalischen Experimente zu hören. Zum Beispiel «Overclockers» von Jorge Sanchez-Chiong, der mit Elektronik Kopatchinskajas Singstimme und ihren Violinsound mixt. «Mit diesem Stück putzen wir mal die Ohren, die sind ja ganz verstopft mit alter Klassik», schreibt die Geigerin dazu im Booklet.

Ein gemeinsamer Hochseilakt

Der venezolanische Künstler Jorge Sanchez-Chiong sagt über seine Duo-Partnerin: «Mit Patricia zu musizieren bedeutet, aus der Musik eine Sprache zu machen, mit der man ausgeklügelt argumentieren, aber auch im selben Atemzug lustvoll scherzen kann.» All das hört man in seinen fünf auf der ganzen CD verteilten «Overclockers» – zwei Erwachsene, die jede Menge Spass haben.

«Es ist ein gemeinsamer Hochseilakt, ohne Netz und doppelten Boden», sagt der Schweizer Klarinettist Reto Bieri, der mit Kopatchinskaja fünf Stücke für die CD eingespielt hat – und in Darius Milhauds «Jeu» genau diesen Tanz auf dem Hochseil hören lässt. «Man entrückt in andere Welten. Selbst nach einer Tasse Tee mit Patricia kehrt man eigentlich nie dorthin zurück, wo man einmal angefangen hat. Man wird von ihr und ihrer Musik ver-rückt – im besten Sinne.»

Zeitreise mit Spielzeugklavier

Eine ungemein erfrischende Zusammenstellung ist das, werden Duos doch sonst so gerne auf zuckersüsse, gut verkäufliche Romantik beschränkt. Und es ist ein sehr persönliches Repertoire, das der eigenwilligen, energiegeladenen Spielweise der Geigerin in jedem Augenblick entspricht. «Eine Zugabe muss Welten öffnen, die Menschen umarmen», sagt Reto Bieri. Nun haben wir eine ganze CD davon.

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