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Musik Michael Sauter – ein verspielter Soundtüftler

Der Musiker, Komponist und Produzent Michael Sauter ist Grenzgänger aus Leidenschaft, ein Job zwischen künstlerischer Freiheit und Auftragsarbeit. Zum neuen SRF-Film «Kursverlust» hat er die Filmmusik beigesteuert.

Wir treffen den dunkelhaarigen, legere gekleideten Filmmusikkomponisten in einem Café an der Josefstrasse im Zürcher Kreis 5. Gleich nebenan befindet sich das Studio des 37-Jährigen. «Voll das Chaos», Sauter braucht dringend einen Espresso. Aus dem einen werden zwei und es dürften noch mehr sein, bis wir sein Reich betreten – den Ort, wo Klänge, Melodien und Songs entstehen, die ausgewählten Filmen zu Vollkommenheit verhelfen.

Sendeplatz

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Der Film «Kursverlust» wird am Sonntag, 13. Oktober um 20:05 auf SRF 1 ausgestrahlt.

Sein Studio, Sauter nennt es Atelier, ist ein in klassischer Bandraummanier umfunktionierter Keller. Der abweisende Betonraum wird durch eine farbige Lichterkette und Möbel mit Flohmarktcharme aufgemuntert. Darin verteilt stehen ein Kontrabass, zwei Schlagzeuge, eine Farfisa-Orgel und allerlei elektronische Gerätschaften rum. Neben der Tür wartet ein kleiner Koffer darauf, den Besitzer in die Ferien zu begleiten.

Malkasten aus Klängen

Wie muss man sich die Arbeit eines Filmmusikkomponisten vorstellen? Hat Sauter eine Art Register im Kopf, ein Wissen darum, welche Knöpfe gedrückt werden müssen, um beim Rezipienten bestimmte Emotionen auszulösen? Sauter winkt ab. So einfach sei das nicht, das sei oft eine intensive Suche. Zu Beginn eines neuen Filmprojekts legt sich Sauter als erstes ein Soundset zurecht, eine Art Malkasten aus Klängen.

Sauter ist ein Bastler und Sammler, seine Instrumente sucht er sich auch mal auf Flohmärkten zusammen. Mit dem Computer, seinen vielen Instrumenten und befreundeten Musikern kreiert er dann Filmmusik wie für «Kursverlust». Ein Projekt mit einigen Tücken: Die Zusammenarbeit mit der Regisseurin Barbara Kulscar war neu, der Film, in dessen Zentrum eine Mittvierzigerin steht, eine feine Angelegenheit. Für den vor Energie sprühenden Sauter speziell, «sonst hab ich mehr so ‹tätschigs Züüg› gemacht.» Hier ging es vor allem darum, eine musikalische Sprache für die Protagonistin zu finden.

Diese Sprache hat er gefunden – deren Worte sind Harfenklänge, sentimental verzerrte Gitarren und Piano. Wobei Sauter das Klavier erst nach einem inneren Kampf einsetzte: «Das Klavier löst eine grosse Emotionalität aus.» Er versucht, das Klavier nicht als erstbesten Trigger für Emotionales zu verwenden. Doch bei «Kursverlust» habe es im Endeffekt doch gestimmt. «Die Harfe allein blieb zu lieblich. Das Klavier erzeugt mit seinen Schwingungen und Obertönen eine grössere Tiefe».

Den Film anders erzählen

Song von Michael Sauter

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Song zum anhören und downloaden: Air Afrique / Wanda Wylowa: «Let You Go With The Flow» (Zum speichern: Rechte Maustaste, Ziel speichern unter)

Das schwierige an der Arbeit für «Kursverlust» war das langsame Tempo des Films. Sauter versuchte deshalb, mithilfe von Einflüssen afrikanischer Musik einen Gegenakzent zu setzen. Den Soundtrack für Kursverlust hat er feinfühlig und witzig umgesetzt. Dieser Humor schimmert durch, wenn er etwa den Titelsong zum Ende des Films in Reaggae verwandelt oder ein Bongo den Schlusstakt spielen lässt.

Darin liegt für Sauter der Zauber seines Jobs: «Das spannende ist, dass ich einen Film über die Musik anders erzählen kann. Ich kann Geschichten hervorheben und Schwerpunkte setzen.» Dies tut er nicht nur mit der Wahl der Instrumente, die Kunst fängt mit dem Timing an: «Wenn man dieselbe Musik um ein paar Sequenzen verschiebt, erhalten die Szenen eine völlig andere Bedeutung.»

Bei manchen Filmen ist das Vorgehen klarer. Bei «Das alte Haus» etwa fiel ihm die Wahl der Instrumente von Beginn an leicht. Seine Arbeit bezeichnet er rückblickend als schulbuchmässig. Die Instrumentenwahl richtete sich nach der Rolle von Herbert Leiser, der einen liebenswürdig schrulligen Charakter spielt. «Für mich war sofort klar: Dazu passen Tuba und Banjo!»

Erfolg mit «Mary & Johnny»

Den bisher grössten Erfolg feierte Michael Sauter mit »Mary & Johny«. Für seine Kompositionen zum Film von Samuel Schwarz erhielt der gebürtige Bieler 2012 den Filmmusikpreis der Fondation Suisa. In seinem Studio ruht die Ehrung zwischen Sonnenbrillen, glitzernden Hüten und einer Federboa.

Die Anerkennung bedeutet ihm viel, zumal er gratis gearbeitet hat. Die Entscheidung, ohne Geld ein derartiges Projekt zu stemmen, hatte mehrere Gründe: »Ich wollte Samuel Schwarz etwas zurückgeben, dafür dass er mich all die Jahre mitgetragen hat.« Zudem sei es für ihn persönlich eine Möglichkeit gewesen, frei zu arbeiten. »Ich sagte, wenn ich das mache, dann mach ich alles. Die Musik mitsamt dem Sounddesign.« Das Resultat ist ein unkonventionelles Werk aus einem Guss, was auch die Jury überzeugte.

Anfänge im Theater

Zur Person

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Legende: SRF/Oscar Alessio

Michael Sauter, geboren 1976 in Biel, ist ein Schweizer Musiker und Komponist. Er studierte an der Hochschule für visuelle Kommunikation in Vevey. Bevor er sich dem Film zuwandte, komponierte er Bühnenmusik für Theaterstücke. Für seine Komposition zum Film «Mary & Johnny» gewann der Bieler 2012 den Filmmusikpreis der Fondation Suisa.

Sauters musikalische Anfänge liegen im Hip-Hop. In der Formation L’Deep war er für die Beats zuständig lernte den Regisseur Samuel Schwarz kennen. Schwarz, kreativer Kopf der Theatergruppe 400asa, holte Sauter ins Boot, seit den Anfängen von 400asa produzierte Sauter regelmässig Musik für die Theaterstücke. Zum Film kam er ein paar Jahre später eher zufällig, als ihn der Regisseur von »Strähl« im Theater Neumarkt als DJ entdeckte und von der Bühne weg in sein Filmprojekt holte.

Der Wechsel vom hektischen Theaterleben und den Probeterminen bis spät in die Nacht kam ihm gelegen. Heute geniesst er flexible Arbeitszeiten, die es ihm ermöglichen, sich auch um seinen Sohn zu kümmern. Die Einsamkeit im Atelier schafft zudem ein Rahmen für konzentriertes Arbeiten. Hin und wieder zieht es ihn dann doch unter die Leute, so kehrt er im Winter für ein Projekt zu seinen Wurzeln ins Theater zurück.

Mit Samples rumspielen

Nach Zürich kam er der Liebe wegen, fürs Theater und weil sein Haus abgerissen wurde. Ursprünglich als Fotograf ausgebildet, war für Sauter immer klar, dass er Musik machen wollte. Schon während seiner Ausbildung hatte er ein riesiges Musikatelier. Am liebsten hätte er eine Musikschule besucht, doch die damals einzige Möglichkeit, die Jazzschule, interessierte ihn nicht, »Ich wollte mit meinen Samples rumspielen.«

Sauter ist äusserst vielseitig, was Formate betrifft. Eben hat er die Musik für eine DOK-Serie (»Breitengrad der Extreme / Der Äquator«) beigesteuert, für die Polder-App Tracks kreiert, ein Hörspiel (» Der neue Meienberg « von Samuel Schwarz) für SRF vertont und in kürzester Zeit für die finnische Low-Budget-Produktion »Tappava Talvi (Regie Marcus Hägg) die Musik komponiert. Derartige Arbeiten gehen ihm leicht von der Hand: «lch mag das: Man kann schnell arbeiten und muss nicht Monate damit verbringen, etwas zu erfinden.»

Eine Frage des Vertrauens

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Sauters Experimentierfreude schlägt sich in der grossen Anzahl seiner Projekte nieder. Er betont, wie wichtig es für sein Schaffen sei, verschiedene Dinge am Start zu haben. Dazu gehören auch seine Tätigkeit als DJ und Kooperationen mit afrikanischen Musikern. «Jedes Projekt hat seine eigene Soundästhetik. Darin liegt für mich der Reiz.»

Im Gespräch wird spürbar: Es geht ihm um Entstehungsprozesse. Im Zentrum steht das gemeinsame Entwickeln eines Werks und das Musizieren und nicht die Vermarktung der daraus entstehenden Produkte.

Mit seiner Art wirkt Sauter extrem offen, er scheint ein Mensch zu sein, der nicht einfach seinen Willen durchstieren muss. «In meinem Beruf muss man sehr gut mit Kritik umgehen können. Es braucht auch die Fähigkeit zur Selbstkritik damit ein konstruktiver Umgang möglich wird. Es kommt also nicht unbedingt drauf an, welchen Auftrag ich erhalte oder wie viel künstlerische Freiheiten ich habe, sondern wie die Qualität der Zusammenarbeit ausfällt.»

Michael Sauter nimmt seinen Rollkoffer und verabschiedet sich in die Ferien. Nachdem er all die Projekte abgeschlossen hat, braucht er etwas Abstand. Um sich zu erholen – und um auf neue Ideen zu kommen.

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