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Musik Sara Mingardo singt am Zürcher Opernhaus – «endlich!»

Sie ist ein Star auf internationalen Bühnen: Sara Mingardo. Mit Monteverdis «Il Ritorno d’Ulisse in Patria» hat die Altistin nun ihren Einstand auf der Bühne des Opernhauses Zürich. Mit einer Musik von einem Komponisten, der mit Venedig ebenso verbunden ist wie sie.

«Endlich!» sagt sie. Sara Mingardo sitzt in ihrer Garderobe im Zürcher Opernhaus, strahlt und freut sich, dass sie nun zum ersten Mal in Zürich auftritt. Die Arbeit hier findet sie wunderbar. Monteverdi, «Il Ritorno d’Ulisse in Patria», das ist ihre Welt, ihre Musik, ihre Stimmlage.

Grammy-Preisträgerin

«Endlich!» kann aber auch das Publikum sagen. In ihrer Heimat ist die Italienerin ein Star. Mit unverwechselbarer Stimme, einem dunklen Timbre und grosser Ausdruckskraft hat sie ihr Publikum erobert. Dies allerdings weit über ihre Heimat hinaus. Sogar stolze Grammy-Preisträgerin ist sie, dank ihrer Rolle in «Les Troyens» von Hector Berlioz.

Sara Mingardo ist Altistin, singt also in einer tiefen Stimmlage. Das grenzt das Repertoire etwas ein. «Zum Glück!», sagt sie gleich. «Da hat man auch weniger Möglichkeiten, sich bei der Rollenwahl zu irren.»

Trotzdem ist die Auswahl immer noch sehr gross. Im 17. und 18. Jahrhundert wurde viel für ihre Stimmlage geschrieben. «Mozart hat dann allerdings sehr wenig für Altstimmen komponiert, und in den grossen italienischen Opern gibt es fast gar nichts. Im Verismo: nichts. Aber in der sinfonischen Musik habe ich als Altistin wieder eine breite Auswahl. Und natürlich bei den Liedern.»

Verbundenheit mit Monteverdi

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Sara Mingardo beim Einsingen
Aus Kultur Extras vom 18.05.2014.
abspielen. Laufzeit 1 Minute 4 Sekunden.

Geboren wurde Sara Mingardo in Venedig. Hier erhielt sie ihre Ausbildung und begann als Chorsängerin im Teatro Fenice. Kein Wunder also, dass sie sich schon früh mit Monteverdi anfreundete, auch er ist Venezianer.

«Also eigentlich kommt er von auswärts», korrigiert sie. «Aber ich glaube, Venedig war für ihn genau richtig. Wir haben keinen Lärm in Venedig, es gibt fast nur Wasser. Und meiner Meinung nach hat ihn das Geräusch des Wassers sehr inspiriert. Die Farben, alles bewegt sich, nichts ist starr. Ich denke, Monteverdi hat hier seine ideale Stadt gefunden.»

Sara Mingardo fühlt sich Monteverdi sehr verbunden. «Ich gehe oft zur Frari-Kirche, wo Monteverdi begraben sein soll. Mir gefällt der Gedanke, dass er tatsächlich hier liegen könnte, und ich unterhalte mich mit ihm. Natürlich nur in Gedanken.»

Eine strenge und hingebungsvolle Penelope

Und Monteverdi hätte sicher seine Freude an ihr. Auch, weil sie nun ausgerechnet im Zürcher Opernhaus singt, wo der grosse Barock-Komponist vor rund 40 Jahren wiederentdeckt wurde. Jean Pierre Ponnelle und Nikolaus Harnoncourt hatten ihm damals mit dem legendären Monteverdi-Zyklus ein fulminantes Comeback bereitet. Seither kann man sich kaum mehr vorstellen, dass Monteverdi lange Zeit völlig in Vergessenheit geraten war.

In Zürich singt Sara Mingardo die Penelope, die Ehefrau des Ulisses. 20 Jahre muss diese auf ihn warten, während er den Krieg von Troja bestreitet und jahrelang gegen Gefahren aller Art kämpft. Dazu Mingardo: «20 Jahre warten, das ist unvorstellbar. Heutzutage wäre wohl keine Frau mehr dazu fähig. Einerseits ist sie eine strenge Frau, andererseits auch sehr hingebungsvoll. In der Inszenierung von Willy Decker ist sie eine interessante Figur: Sie hält durch bis zum Schluss, steht aber immer mit einem Bein am Abgrund. Das gefällt mir.»

«Abbado war wie ein Vater»

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Sara Mingardo über Claudio Abbaddo
Aus Kultur Extras vom 19.05.2014.
abspielen. Laufzeit 38 Sekunden.

Mitte August steht Sara Mingardo dann auf der Bühne des KKL im Eröffnungskonzert des Lucerne Festivals. Brahms steht auf dem Programm. Und Dirigent hätte Claudio Abbado sein sollen. Sattdessen wird nun Andris Nelsons die Leitung übernehmen.

«Als ich gehört hatte, dass Claudio Abbado nicht mehr lebt, wollte ich Luzern gleich absagen. Ich hatte das Gefühl, ohne ihn geht das gar nicht mehr. Das, was Abbado einem vermitteln konnte, wird es nie wieder geben.» Dann hat sie es sich aber anders überlegt. Gerade in der Erinnerung an all das, was Abbado hinterlässt und was sie alle von ihm gelernt hätten, wird sie im Sommer in Luzern auftreten. «Er hat eine Leere hinterlassen – er war wie ein Vater, der nun von uns gegangen ist.»

Vorläufig aber freut sie sich, in Zürich Penelope zu sein. In einer Stadt, die ihr gefällt, wo sie gern am See spaziert und in der sie das tadellose Funktionieren des öffentlichen Verkehrs bewundert. Und wenn sie wieder zurück ist in Venedig, will sie auch mal hineinschauen in eine DVD mit dem berühmten Monteverdi-Zyklus in Zürich, der vor 40 Jahren alles erst in Bewegung gebracht hatte.

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