Zum Inhalt springen

Overtourism in den Bergen Zu viele Touristen in den Bergen?

58 Prozent der Bevölkerung in der Schweiz wandert. Gerne mit Weitblick. Den suchen auch ausländische Gäste, die oft von weit her eigens dafür in die Schweiz reisen. Denn das Bergpanorama mit Schneegipfeln ist atemberaubend. Millionen Fotos von in- und ausländischen Gästen auf Instagram zeigen es.

Wandern kann man fast überall in der Schweiz. 65'000 Kilometer lang ist das Wanderwegnetz in der Schweiz. Wieso sollte man sich da in die Quere kommen? Ganz einfach: Weil es sogenannte Hotspots gibt, die besonders attraktiv, weil gut erreichbar sind. Zudem einen Weitblick bieten und man auf Wegen wandern kann, ohne Wanderprofi zu sein.

Gibt es zu viele Touristen in den Bergen? Kommentare zum Thema am Seitenende

Die Schönheit auf Instagram

Die Berge, die bunten Wälder, die Wasserfälle und alten sonnengegerbten Holzhäuser am Wegesrand, hält man gerne auf Instagram fest . Zudem setzen Tourismusregionen oft auf eigens dafür engagierte Influencer, die mit grosser Reichweite viele tausend Menschen mit Bildern aus der Bergregion begeistern. Schweiz Tourismus setzt auch auf Prominente.

So gondelt Roger Federer oder ein in Indien sehr berühmter Schauspieler durch die Schweiz. Beide lassen auf Instagram ein Millionenpublikum daran teilhaben. Das bringt neue Gäste auf den Geschmack, die Schweiz zu bereisen. Zur Freude der Tourismusregionen. Denn während Corona, als die Reisefreiheit stark eingeschränkt war, wurde vielen bewusst, wie wichtig der Tourismus als Wirtschaftsfaktor für die Bergregionen ist.

Plötzlich berühmt

Andere Dörfer wiederum rücken ohne ihr Zutun in den Fokus der Wander- und Reisefreudigen. Zum Beispiel Lauterbrunnen im Kanton Bern, lange vor allem bekannt als Dorf im Talboden mit Umsteigemöglichkeit nach Mürren und Wengen. Heute zählt der Hashtag Lauterbrunnen gegen eine halbe Million Beiträge auf Instagram. Das Dorf inmitten von grünen Matten unter steilen Felswänden, mit Wasserfällen, deren Gischt im Sonnenlicht glänzt, ist plötzlich prominent. Das möchte man sehen. Mit dem Auto kurven die Gäste ins Tal, auf Strässchen, die nicht gemacht sind für dieses Verkehrsaufkommen.

Portofino, Venedig, Amsterdam, Lauterbrunnen?

Overtourism meint Massentourismus. Den kennt man in Portofino in Ligurien ebenso wie in Venedig oder Amsterdam. Mit Eintritt in die Stadt für Tagestouristen probiert man zum Beispiel in Venedig ab kommenden Jahr, die Besucherströme in den Griff zu kriegen.

In Amsterdam haben die Kreuzfahrtschiffe nichts mehr im Stadthafen verloren und in Portofino gibt es «Rote Zonen», hier darf man nicht mehr stehenbleiben und warten. Lauterbrunnen hat sich neulich an einem Gemeindeanlass Gedanken gemacht, wie man in der nächsten Saison auf den Andrang reagieren kann. Respektive muss. Denn so, da sind sich die Bewohnerinnen und Bewohner einig, kann es nicht weitergehen.

Im Forum diskutieren Gäste und Hörerinnen und Hörer

Gibt es zu viele Touristinnen und Touristen in den Bergen?

Box aufklappen Box zuklappen
  • Ja - «respektive kommt drauf, wie sie dorthin kommen und sich dort bewegen», sagt Stella Jegher, in der Geschäftsleitung von Pro Natura. «Die Freude an der Natur darf nicht auf Kosten der Natur gehen! Auch die Tourismusbranche sollte alles dafür tun, Natur und Landschaft zu schonen und ihren Fussabdruck zu reduzieren. Sonst vernichtet sie selber das Kapital, von dessen Zinsen sie eigentlich leben will.»
  • Nein sagt Martin Nydegger, Direktor von Schweiz Tourismus: «Overtourismus, wie man ihn aus weltberühmten Kultur- und Hafenstädten kennt, gibt es in der Schweiz nicht. Punktuell kann es allerdings zu zeitlich und lokal begrenzten Engpässen kommen.»

Zugeschaltet in der Mitte der Sendung für ein kurzes Gespräch war auch auch Karl Näpflin, Gemeindepräsident von Lauterbrunnen.

Radio SRF 1, 2.10.2023, Teaser Forum, 16.40 Uhr ; 

Meistgelesene Artikel