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Digital Zufall aus der Maschine

Wer den Zufall walten lassen will, kann einfach zum Würfel greifen. Schwieriger ist es, mit einem Computer Zufall zu erzeugen – zum Beispiel für Online-Casinos oder für sichere Passwörter. Die Technik dahinter ist komplex, aber faszinierend.

Poker, Roulette und Würfelspiele – das gibt es heute alles auch im Internet. Die Spiele funktionieren am Computer gleich wie im herkömmlichen Casino. Mit einem Unterschied: Online ist es kein Mensch, der die Karten ausgibt, das Rad dreht oder würfelt und so für den nötigen Zufall im Spiel sorgt. Stattdessen erzeugt ein Computer den Zufall – als Reihe von zufälligen Zahlen, die keinen Regeln folgt und in der sich keine Muster erkennen lassen.

Diese Zahlen bestimmen dann im Online-Casino, welchen Wert die Würfel auf dem Bildschirm zeigen. Man braucht solche Zufallszahl-Generatoren aber auch, um zufällige Passwörter zu erzeugen oder für die Verschlüsselung von Daten. Sie sind heute ein wichtiges Element in der Informatik.

Pseudo-Zufall oder echter Zufall?

Da gibt es allerdings ein Problem, sagt der Physiker Renato Renner von der ETH Zürich: Die Zufallszahlen sind nicht wirklich zufällig, sondern nur pseudo-zufällig. «Ein Computer ist eine rein deterministische Maschine, die keinen echten Zufall erzeugen kann.» Die Zahlen scheinen zwar zufällig. Man sieht darin keine Muster und sie bestehen auch die meisten statistischen Tests, mit denen man Zufallsverteilungen prüft. Aber eigentlich sind sie doch vorbestimmt.

Der Grund für dieses Problem liegt bei den Zufallszahl-Generatoren. Das sind spezielle Rechenvorschriften, sogenannte Algorithmen, die zufällige Zahlen erzeugen. Alles, was es dazu braucht, ist ein Startwert. Das kann die Uhrzeit sein, zu der man vor der Website des Online-Casinos am Bildschirm sitzt und auf den Enter-Knopf drückt (zum Beispiel 15:57 Uhr). Der Computer nimmt diesen Zahlenwert als Input und lässt seine Rechenvorschrift laufen. Dann spuckt er eine Sequenz von Zufallszahlen aus.

«Wenn ich immer den gleichen Startwert nehme, dann gibt mir der Computer immer dieselbe Sequenz von Zufallszahlen aus», sagt Damian Twerenbold vom Eidgenössisches Institut für Metrologie in Wabern. Wer den Startwert kennt, kennt auch die Zufallszahlen. Er weiss schon im Voraus, wie die Würfel im Online-Casino fallen werden, kann so das Casino austricksen und enorme Gewinne absahnen. Das ist tatsächlich schon vorgekommen.

Zufall aus der Natur

Die Zufalls-«Bibel»

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Zufallszahlen maschinell zu erzeugen, ist schwer. Ein Meilenstein in der Geschichte war 1955 die riesige Zahlentabelle , bekannt unter dem Namen «A Million Random Digits with 100,000 Normal Deviates» . Erzeugt hat die Zahlen die RAND-Corporation, und zwar mit einer elektronischen Simulation eines Roulette-Rads, die an einen Computer gekoppelt war.

Wer echten Zufall erzeugen wolle, der müsse sich etwas anderes einfallen lassen, sagt Damian Twerenbold. «Man braucht echte Effekte der Natur, die wirklich zufallsverteilt sind.» Die Natur kann nämlich echt zufällig sein, zum Beispiel beim radioaktiven Zerfall. Wann ein Atomkern radioaktive Strahlung abgibt, folgt keinen Regeln und keinem Muster.

Für die Praxis taugt die Radioaktivität allerdings nicht. Man kann nicht gut in jeden Computer eine radioaktive Quelle einbauen. Deshalb arbeiten Ingenieure von Zufallszahl-Generatoren mit Licht, genauer gesagt mit einzelnen Lichtteilchen aus einem Laser. Einzelne Lichtteilchen verhalten sich ebenfalls echt zufällig, das diktieren ihnen die Gesetze der Quantenphysik.

Die Quantenphysik sagt, dass ein Lichtteilchen quasi an mehreren Orten gleichzeitig sein kann. Erst, wenn man es misst, entscheidet sich das Teilchen, wo es sich befindet – und zwar völlig zufällig. Warum die Natur so beschaffen ist, wissen wir nicht . Aber die Quantenphysik wurde in Experimenten immer wieder bestätigt.

Zertifiziert zufällig

Genau das macht man sich neuerdings technisch zunnutze, etwa bei der Schweizer Firma ID Quantique. Die Firma verkauft einen Zufallszahl-Generator, den man in jeden Computer einbauen kann, mit einem Laser als Lichtquelle und winzigen Lichtdetektoren. Damit sei der Zufall wirklich garantiert, sagt Damian Twerenbold. Er muss es wissen, denn er hat den Zufallszahl-Generator von ID Quantique zertifiziert.

Das System kostet ein paar hundert Franken und wird schon in vielen Online-Casinos eingesetzt. Auch in der Verschlüsselungstechnik kommt es zur Anwendung. So sorgt heute also die Quantenphysik im Computer für echten Zufall. Am einfachsten ist es aber immer noch, den Zufall mit echten Würfeln walten zu lassen, so wie es die Menschen schon vor 5000 Jahren taten.

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