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Serientipp «Chernobyl»: Diese Serie stehst du ohne Medikamente nicht durch

Die HBO-Serie «Chernobyl» läuft aktuell im Free-TV. Sie versetzt ihre Zuschauer direkt in die Nuklearkatstarophe von 1986. Die Serie macht Angst und ist einer der zwingendsten Serienstoffe der letzten Jahre.

Mani Neubacher

Mani Neubacher

SRF 3-Serienkenner

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Mani Neubacher gibt Orientierung im Seriendschungel.

Schockiert vor dem TV

Ich frage mich im Verlauf fast jeder Serie mal: «Was starre ich hier eigentlich Stundenlang sinnlos in den Fernseher?» Bei «Chernobyl» habe ich mich das keine Sekunde gefragt. Ich sass völlig schockiert vor dem Bildschirm. Die Serie war für mich ein Augenöffner.

Schutzmaske bei der Nuklearkatastrophe von Tschernobyl
Legende: HBO

«Chernobyl» ist sehr nah an den historischen Ereignissen. Die Serie zeigt die Nuklearkatastrophe beängstigend realistisch. Man ist mittendrin in der Kommandozentrale des Atomkraftwerkes, als der Reaktorkern explodiert.

In der Kommandozentrale von Chernobyl
Legende: HBO

Und man schaut den Feuerwehrmännern bei den verzweifelten und chancenlosen Löscharbeiten über die Schultern. Und kurz darauf sieht man, wie Arbeiter und Feuerwehrmänner in schäbigen sowjetischen Spitälern elendiglich an Strahlenkrankheit verrecken.

Feuerwehrmann bei den Löscharbeiten in Tschernobyl.
Legende: HBO

Das hat mich teilweise dermassen mitgenommen, dass mir ein Beruhigungsmittel wohl gut getan hätte. An den Medikamentenschrank ging ich aber aus anderem Grund. Ich wollte mich versichern, dass ich die Jodtabletten noch habe, die mir die Schweizer Armeeapotheke vor ein paar Jahren zugeschickt hat. Gott sei Dank. Ich habe sie noch.

Verteilung von Jodtabletten in der Schweiz

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Im Umkreis von 50 km um die schweizerischen Kernkraftwerke werden die Tabletten vorsorglich an die Haushalte, Schulen, Betriebe usw. verteilt. In der übrigen Schweiz müssen die Kaliumiodid-Tabletten innerhalb von 12 Stunden nach Anordnung - nach dem Holprinzip - an die Bevölkerung abgegeben werden. Gemäss Anordnung der Behörden rechtzeitig eingenommene Kaliumiodid-Tabletten verhindern, dass sich über die Atemluft aufgenommenes radioaktives Jod in der Schilddrüse anreichert.

Die Serie geht darum nahe, weil sie die Nuklearkatastrophe nicht als technischen Unfall zeigt – sondern als Folge des Versagens eines Systems. Des totalitären Systems Sowjetunion. Die Katastrophe wurde von den sowjetischen Verantwortungsträgern kleingeredet. Dringend nötige Massnahmen wurden nicht eingeleitet. Und so starben tausende oder vielleicht sogar zehntausende Menschen.

In der Sowjetunion wurden Menschen dazu erzogen, falsche Neuigkeiten nicht zu hinterfragen. Und Verantwortungsträger verbreiten bewusst Lügen. Wer das liest, bei dem dürften doch heute auch wieder die Alarmglocken klingen, oder? Wo totalitäre Systeme und Fake News auf dem Vormarsch sind.

Für mich ist «Chernobyl» die zwingendste Serie seit langem. Eine Serie, die man gesehen haben MUSS.

«Chernobyl» läuft derzeit bei Pro 7 im Free-TV. Die Serie ist in der Schweiz zudem verfügbar für Abonennten des Entertainment-Streamingdienstes von Skyl.

Die Nuklearkatastrophe von Tschernobyl

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Die Nuklearkatastrophe von Tschernobyl ereignete sich am 26. April 1986 in Reaktor 4 des Kernkraftwerks Tschernobyl nahe der ukrainischen Stadt Prypjat. Auf der internationalen Bewertungsskala für nukleare Ereignisse wurde sie als erstes Ereignis in die höchste Kategorie katastrophaler Unfall eingeordnet.

Bei der Simulation eines vollständigen Stromausfalls kam es zu einem unkontrollierten Leistungsanstieg, der zur Explosion des Reaktors führte. Die so in die Atmosphäre gelangten radioaktiven Stoffe kontaminierten infolge radioaktiven Niederschlags hauptsächlich die Region nordöstlich von Tschernobyl sowie viele Länder in Europa.

Über die weltweiten gesundheitlichen Langzeitfolgen, insbesondere jene, die auf eine gegenüber der natürlichen Strahlenexposition erhöhte effektive Dosis zurückzuführen sind, gibt es seit Jahren Kontroversen. Die WHO hält in einem Bericht insgesamt weltweit ca. 4000 Todesopfer für möglich. Andere Schätzungen sprechen (Erkrankungen an Strahlenkrebs eingeschlossen) von bis zu 60.000 Todesfällen infolge der Katastrophe.

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