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50 Jahre Frauenstimmrecht «Das Frauenstimmrecht war längst überfällig»

Am 7. Februar 1971 wurde in der Schweiz das Frauenstimmrecht beschlossen. Die Schweizerinnen mussten lange kämpfen für ihr Recht auf politische Teilhabe. So auch Heidi Witzig (77) und Rosmarie Zapfl (81). Im Interview erzählen sie, wieso sie bis heute weiterkämpfen.

«Es ist ewig lange her und gleichzeitig war es emotional erst gerade gestern», sagt Historikerin Heidi Witzig. Die Rede ist vom Entschluss des Frauenstimmrechts in der Schweiz, vor genau 50 Jahren. Heidi Witzig war damals 27 Jahre alt und Mitglied der Frauenbefreiungsbewegung (kurz FBB). Damit gehörte sie zu Zürichs ersten Feministinnen. Die Mitglieder forderten die vollen politischen Rechte für die Frauen der Schweiz, externe Kinderbetreuung, freien Zugang zu Verhütungsmitteln und machten sich für die Straflosigkeit der Abtreibung stark.

Das Frauenstimmrecht war längst überfällig.

Um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen, inszenierten sie medienwirksame Protestaktionen im ganzen Land. «Das Frauenstimmrecht war längst überfällig», sagt Heidi Witzig bestimmt. Die Schweiz war vor Liechtenstein das zweitletzte Land in Europa, das das Frauenstimmrecht eingeführt hat. «Das war international schon richtig peinlich».

Das sieht auch Rosmarie Zapfl so, die damals 31 Jahre alt und als Präsidentin des katholischen Frauenvereins aktiv war. «Ich habe den Frauen gesagt, die Butter auf ihrem Brot sei politisch, genauso der Schulweg und die Kleider, die sie tragen». So habe sie aufzeigen können, dass Politik kein Männerding ist und dass die Frauen gegen diese Ungerechtigkeit vorgehen müssen.

Was seid ihr denn für Hinterwäldler?

Als das Frauenstimmrecht dann eingeführt wurde, habe sie es das Allerletzte gefunden, wie sich die Leute verhalten haben. «Sie haben uns Frauen das Gefühl gegeben, als müssten wir uns für unser Menschenrecht bedanken», erinnert sie sich. Sie habe sich gedacht: «Was seid ihr denn für Hinterwäldler?».

Rosmarie Zapfl und Heidi Witzig vor weissem Hintergrund
Legende: v.l.n.r Rosmarie Zapfl, Heidi Witzig Keystone/Protagonistin

Gleichstellung als Lebensthema

Die männlichen Politiker haben mich immer wieder auf mein Frausein reduziert, dann wollte ich es ihnen umso mehr zeigen.

Nach der Einführung des Frauenstimmrechts wurde Rosmarie Zapfl in der Politik aktiv. Zuerst als Stadträtin in Dübendorf, danach als Präsidentin der CVP Schweiz und später als Nationalrätin und Präsidentin des Schweizerischen Frauendachverbandes Alliance F. Aber auch da habe die Diskriminierung nicht aufgehört: «Die männlichen Politiker haben mich immer wieder auf mein Frausein reduziert, dann wollte ich es ihnen umso mehr zeigen».

Und auch Heidi Witzig hat ihr Leben den Frauen gewidmet. Als Historikerin hat sie die Frauengeschichte geforscht. Ihre Arbeiten «waren lange Zeit vom Zorn gegen die Ungleichstellung der Frauen getrieben». Als Mitbegründerin der «GrossmütterRevolution» engagiert sie sich heute für Frauen im Pensionsalter und für ein Alter in Würde und soziale Absicherung für alle.

Der Bund schuldet den Frauen noch eine Wiedergutmachung

Der Kampf geht weiter

Politisch-strukturell habe sich vieles getan. Aber es gebe bis heute keine komplette Gleichstellung: Die Lohngleichheit sei bis heute nicht realisiert, es gebe ungleiche Renten, Care-Arbeit werde nicht entlohnt. Das sei noch alles ungelöst. Und: «Der Bund schuldet den Frauen noch eine Wiedergutmachung». Dafür, dass die Schweiz den Frauen erst so spät ihr Stimmrecht gewährt hat.

Gleichzeitig ist Heidi Witzig wahnsinnig stolz auf die jungen Frauen, die sich heute für ihre Rechte einsetzen. Es sei schön, dass am Demonstrationen mittlerweile mehrere Generationen von Frauen dabei seien. «Das ist etwas, das mich wahnsinnig freut und belebt». Und auch Zapfl schliesst sich an «Es zeigt mir, dass unsere Arbeit gefruchtet hat, das ist grossartig!».

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