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Versiegelung Heisse Köpfe – Tipps zum Thema Entsiegelung der Böden

Der Homo Sapiens steht im wahrsten Sinne des Wortes mit beiden Beinen auf dem Boden. Am allerliebsten auf einem befestigten. Und das hat Folgen für die Umwelt - und schlussendlich auch für uns.

Es ist die gravierendste vom Menschen verursachte Bodenveränderung, die Versiegelung. Unter Bodenversiegelung versteht man das mehr oder weniger vollständige Abdecken des natürlichen Bodens durch Materialien, die weder Wasser noch Luft durchlassen. Beispiele für solche versiegelte Flächen sind unsere Strassen, Gebäude, Parkplätze, Hartplätze bei Sportanlagen, gewisse Kunstrasen, Gartenplatten etc.

Versiegelung
Legende: Die Folgen der Versiegelung: grössere Hitze, fehlender natürlicher Lebensraum für Pflanzen und Tiere, kaum Wasserspeicher im Boden bei Trockenheit. Colourbox

Pro Sekunde verschwinden in der Schweiz 0.7 Quadratmeter naturnahe Flächen, ein guter Teil davon durch Versiegelung. Und diese Versiegelung bringt diverse Folgen mit sich:

  • In dicht bebauten Gebieten steigt die Temperatur, da versiegelte Flächen die Hitze stärker aufnehmen, speichern und wieder abgeben.
  • Das Wasser fliesst direkt in die Kanalisation, anstatt in unseren Boden, der das Wasser filtrieren und speichern würde. Das hat einen tieferen Grundwasserspiegel und eine erhöhte Wasserverschmutzung zur Folge und steigert die Kosten für die Abwasserreinigung und unsere Trinkwasseraufbereitung.
  • Das Kohlestoffdioxid in der Atmosphäre, also das CO2, welches für den Klimawandel mitverantwortlich ist, wird vom Boden schlechter fixiert und bleibt in unserer Luft hängen.

Zudem bedeutet die Versiegelung von Flächen auch immer ein Verlust unterschiedlichster Lebensräume für Tiere und Pflanzen, die auf ganz bestimmte Habitate angewiesen sind. Oft werden dabei auch Lebensräume zerschnitten und damit Tierpopulationen isoliert, was wiederum zu deren Auflösung oder Inzucht führen kann.

Für die, die es genau wissen wollen

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Hitzeinseleffekt: Die Auswirkungen versiegelter Flächen werden uns besonders im Sommer deutlich vor Augen geführt: An besonders heissen Tagen liegt die Temperatur in Städten im Vergleich zum Umland um bis zu zwei Grad Celsius höher. Solche Hitzeinseln entstehen, weil der asphaltierte Boden die am Tag anfallende Sonnenstrahlung speichert und am Abend nur sehr langsam wieder abgibt. Wer im Sommer barfuss über Steinplatten läuft, spürt sofort wie viel mehr Sonnenwärme diese noch spätabends abgeben. Viel mehr als eine Rasenfläche. Fehlende Grünflächen, schlechte Windzirkulation und die Abwärme von Verkehr und Industrie verschärfen den Hitzeinseleffekt.

Wasserkapazität: Starkniederschläge und Trockenheitsperioden werden auf Grund der Klimaveränderung häufiger auftreten. Wenn also mal Regen vom Himmel fällt, muss der Boden viel Wasser aufnehmen können. Bei versiegelten Flächen ist das nicht möglich. Niederschlagswasser fliesst oftmals schnell ab, was die Kanalisation unnötig belastet. Zudem fehlt dieses Wasser im Boden für Pflanzen und im Grundwasser für uns zum Trinken. Die Kosten für Trinkwasseraufbereitung steigen. Zusätzlich müssen wir Pflanzen viel öfters giessen, weil sie nicht von der gespeicherten Feuchtigkeit z.B. via Kondensation im Morgen profitieren.

Habitatverlust: Tiere und Pflanzen halten sich nicht an Landes-, Kantons-, Gemeinde- oder Grundstücksgrenzen. Sie leben dort, wo sie passende klimatische Bedingungen, einen gedeckten Tisch und ein gemütliches Zuhause vorfinden. Werden ihre Habitate oder Migrationswege zerschnitten, können sich manche Populationen nicht erhalten. Abgesehen davon, dass der Boden die Grundlage vieler Lebensräume bildet, leben auch innerhalb des Bodens unzählige Bodenorganismen. Es ist natürlich abhängig vom Standort und den klimatischen Bedingungen, doch grundsätzlich können in einem Kubikzentimeter Boden mehrere Milliarden Mikroorganismen leben, die wiederum in Tausende Arten unterteilt werden können – Bodenbiodiversität eben. Diese macht 25 % unserer gesamten Biodiversität aus. Wird der Boden abgedeckt, fehlt diesen Mikroorganismen Nahrung, Wasser und Sauerstoff. Der Boden «stirbt». Die Entwicklung von nur einem Zentimeter funktionsfähigem Boden braucht ca. 100 Jahre.

Doch die Good News schon Mal vorweg: Wir können zu jedem dieser Punkte selbst etwas unternehmen!

Der Boden arbeitet für uns – wenn wir ihn nicht versiegeln

Versiegelte Flächen kommen hauptsächlich im Siedlungsgebiet vor. Zwischen 1985 und 2009 ist die Ausbreitung der Siedlungsfläche und damit die Ausbreitung unserer Böden, auf denen wir so stehen, um die Fläche des Genfersees angestiegen. Gesamtschweizerisch bedecken Siedlungsflächen ca. 8 % des Bodens und das, obwohl unser Land zur Hälfte aus Bergen und Seen besteht. Kein Wunder ist die Schweiz eines der am stärksten besiedelten Länder Europas.

Ein versiegelter Boden kann seine gratis Dienstleistungen für den Menschen, die Tiere und Pflanzen nicht oder nur schlecht erbringen. Der Boden erfüllt diverse Funktionen wie:

  • Lebensraumfunktion: Der Boden dient als Lebensraum für unzählige Organismen - sowohl im und auf dem Boden.
  • Regulierungsfunktion: Im Boden werden diverse Stoffe wie Wasser, organisches Material, Schadstoffe oder Metalle aufgenommen. Somit übernimmt der Boden wichtige Filter-, Puffer und Speicherfunktionen.
  • Produktionsfunktion: Auf den Böden wachsen Pflanzen, diese wiederum sind eine wichtige Nahrungsquelle für uns und unsere Tiere.
  • Trägerfunktion: Unsere Infrastruktur und unsere Gebäude sitzen auf oder im Boden.
  • Rohstofffunktion: Im und unter dem Boden verstecken sich wichtige Rohstoffe.
  • Archivfunktion: Da der Boden so alt ist (für die Produktion von einem Zentimeter Boden braucht es 100 Jahre) gibt er uns Hinweise zu unserer Natur- und Kulturgeschichte.

Hitze in der Stadt – Lösungsansätze

Wo möglich Entsiegeln: Am besten wäre es natürlich in jeder Hinsicht, wenn wir gar nicht mehr so viele versiegelte Flächen hätten. Schaut euch doch bei euch zuhause kritisch um. Wie viele Flächen sind versiegelt? Dürften es beim Sitzplatz nicht auch einige wenige und kleinere Platten mit grossen Abständen dazwischen sein? Und müssen Parkplätze oder gar Quartierstrassen wirklich aus Asphalt bestehen? Eine Untersuchung aus dem Länggassquartier in Bern zeigt, dass die Akzeptanz von Kiesstrassen bei den Anwohnern sehr hoch ist.

Wer tatsächlich etwas gegen die Versiegelung tun will, entscheidet sich am besten für die Arbeit mit dem Presslufthammer, das geht viel einfacher und man kann ihn schon für 25 CHF am Tag mieten. Nachdem die versiegelte Oberfläche abgetragen und korrekt entsorgt wurde, sollte der Boden noch aufgelockert werden, damit er mehr Wasser aufnehmen kann.

Wasseraufnahmekapazität: Generell gilt: Je mehr Wasser ein Boden aufnehmen kann, desto besser. Um diese Kapazität zu steigern, darf man durchaus auch etwas tricksen: Das Dokument «Wohin mit dem Regenwasser» vom Bundesamt für Umwelt illustriert mit einfachen Beispielen, wie man auf verschiedene Arten von Flächen wie im Garten, auf dem Parkplatz oder auf dem Dach Wasser zurückhalten und langsam versickern lassen kann.

Wohin mit dem Regenwasser - Beispiele aus der Praxis BAFU

Verdunstung wirkt als Klimaanlage: Eine 150-jährige Buche verdunstet pro Tag ca. 500 Liter Wasser. Beim physikalischen Prozess der Verdunstung wird der Umgebungsluft Energie entzogen – sie kühlt ab. Zudem spenden Bäume Schatten, was wiederum den umliegenden Boden vor Hitze schützt und angenehme Erholungsplätze schafft.

Wer wirklich keinen Boden zur Verfügung hat, der kann die Fläche auf dem Dach oder der Fassade wiedergutmachen. Bei einer Fläche von mehreren 100 Quadratmetern wirkt sich eine Dachbegrünung auch auf die umgebende Bodentemperatur kühlend aus. Kleinere Flächen schaffen neuen Lebensraum für Pflanzen und Tiere und bieten dem Menschen eine angenehme Erholungsoase. Übrigens, Dachbegrünungen wirken sich regulierend aufs Innenraumklima aus.

Aufklärungsarbeit: Zwischen baulicher Verdichtung und dem Verlust von Grünfläche besteht keine Korrelation. Das fand eine Bachelorarbeit der ZHAW heraus. Solange bei der Planung die ökologische Aufwertung auch eine zentrale Rolle spielt, kann eine Verdichtung sogar eine Chance für unsere Städte sein. Solche Nachforschungen nehmen uns die Furcht davor, mutige neue Lösungsansätze zu finden und auszuprobieren. Indem wir das Gespräch mit unseren Mitmenschen, unseren Vermietern oder unserer Gemeinde suchen und über Biodiversität, Hitze in der Stadt und Versiegelung sprechen, leisten wir einen Beitrag zu der Veränderung in unserer Raumplanung.

Erklärungstafel von Grünstadt Zürich
Legende: Diese Erklärungstafel von Grünstadt Zürich macht auf die Biodiversität aufmerksam. Das Projekt «Mehr als Grün» berät private Bauherren und schafft zudem finanzielle Anreize für naturnahe Begrünungen und Pflege. SRF

Förderprogramm Biodiversität

Macht mit bei «Mission B»

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Einstein 25.6.2020 ; 

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