Albert Hofmanns Velofahrt durch Basel ist Wissenschafts- und Popkulturgeschichte: Nachdem der Basler Chemiker von seiner neusten Entdeckung gekostet hat, dem 25. Derivat der Lysergsäure, Lysergsäurediethylamid, erlebt er auf der Heimfahrt vom Sandoz-Labor nach Bottmingen den ersten LSD-Trip.
«Ein unbeschreibliches Glücksgefühl»
Die psychedelische Fahrradfahrt nimmt Thom Luz – einer der vier neuen Hausregisseure am Theater Basel – zum Ausgangspunkt für seine jüngste musikalisch-theatrale Recherche. «LSD – Mein Sorgenkind» heisst sie, wie Albert Hofmanns Autobiografie. Er kommt denn auch zu Wort an diesem Abend: namentlich mit der Jugenderinnerung an einen Waldspaziergang, auf dem ihn unversehens «ein unbeschreibliches Glücksgefühl der Zugehörigkeit und seligen Geborgenheit durchströmte».
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Es hat Hofmann geprägt für sein Leben. Und es ist offensichtlich dies, worauf auch dieser Theaterabend mit rauschhafter Energie hinauswill – welchen Begriff man dem Glücksgefühl, eins zu sein mit der Welt, dann auch geben will: Rausch, Unio mystica, Alchemie, Synästhesie…
Hinreissende Theatermomente
Sechs Forscher in weissen Laboranzügen werkeln auf der Bühne, suchen Töne im Kurzwellenrauschen zu fassen oder Planskizzen aufzuhängen, Sessel durch zu schmale Türen hineinzukarren oder zu kurze Kabel zu verlegen. Sie marthalern nicht nur, sie entdecken auch das Lied in allen Dingen: Nach dem etwas zögerlichen Beginn findet der Abend zu einer dichten Musique concrète, zu der quietschende Wagenrädlein so gut beitragen wie ein funkenstiebendes Schweissgerät, ein Synthesizer und zwei Kanarienvögel.
Selbst Fahrradspeichen lässt sich noch ein Vibrato entlocken. Das ist dann Thom Luz at his best: Momente von einer Theatermagie, die hinreisst. Wie die Klaviere ins Tanzen und Taumeln geraten; wie sich ihre Töne auf der präparierten Tastatur in farbige Punkte und Linien verwandeln, die auf langen Papierfahnen in den Bühnenhimmel schweben – das sind kostbare Theatermomente.
Sehnsucht nach einer Weltformel
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Zu einem komischen Highlight wird auf der anderen Seite die halluzinierte Fahrradfahrt durch Basel, einzig anhand der aufgezählten Strassennamen und der dazu protokollierten Rauschgefühle. Voltaplatz, Elsässerstrasse, Murbacherstrasse, Erweiterung der Pupillen beim Eintreten in den St.-Johann-Ring…
Es ist das Verdienst dieses Abends, dass er mit seinem Stoff so frei umgeht, ihn mehr umkreist als verhandelt und insgesamt mehr von einer musikalischen Annäherung hat als von einer szenischen Auseinandersetzung. Denn eigentlich forscht er etwas viel Tieferem nach: jener grundlegenden Sehnsucht, die wohl Chemiker so gut wie Theaterkünstler antreibt, den Dingen auf den Grund zu kommen. Zu so etwas wie einer Weltformel.
Sendung: Radio SRF 2 Kultur, Kultur kompakt, 2.11.2015, 6:50 Uhr