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Stück zu Trans-Ikone Lili Elbe Erste Oper über Transgender-Person feiert Premiere in St. Gallen

Zur Wiedereröffnung des St. Galler Paillard-Baus vertont Tobias Picker die Geschichte von Trans-Pionierin Lili Elbe. Sie war eine der ersten Personen überhaupt, die geschlechtsangleichende Operationen vornehmen liess.

In der Parfumherstellung wird der Duft von Blumen mittels «Enfleurage» extrahiert, wodurch die Blume in anderer Form weiterlebt.

Die neue Oper «Lili Elbe» greift dieses Verfahren auf. Der New Yorker Erfolgskomponist und Grammy-Gewinner Tobias Picker hat sogar ein eigenes Leitmotiv dazu geschrieben.

Bühnenszene mit vielen Personen, die engumschlungen sind. Sie halten Blumen in ihren Händen.
Legende: Um die Geschichte von Lili Elbe authentisch erzählen zu können, holte sich Komponist Tobias Picker die Hilfe einer Trans-Frau: Lucia Lucas. Konzert und Theater St. Gallen / Dufaj Edyta

Es wiegt in Terzen hin und her und zieht sich durch das ganze Werk. Für Picker ist die Musik der Oper wie die Enfleurage der Person Lili Elbe, die dadurch als Opernheldin weiterlebt.

Die dänische Malerin Lili Elbe war in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts eine Bekanntheit. Auch, weil sie in einem männlichen Körper geboren wurde, sich aber als Frau fühlte.

Experimentelle Eingriffe

Zuerst posierte sie vorsichtig in Frauenkleidern, bevor sie es wagte, sich als Trans-Frau zu outen. Sie war eine der ersten, die sich geschlechtsangleichenden Operationen unterzog. Lili Elbe war zu diesem Zeitpunkt Ende 40. Aufgrund der damals noch experimentellen Natur solcher Eingriffe verstarb sie schliesslich an deren Folgen.

Schauspieler Eddie Redmayne als Trans-Frau Lili Elbe mit kurzem, roten, lockigen Haar und rotem Lippenstift
Legende: Bereits der Roman «The Danish Girl» und dessen Verfilmung mit Eddie Redmayne in der Hauptrolle (2015) drehten sich um Trans-Ikone Lili Elbe. KEYSTONE / AP Focus Features

Dem Komponisten Tobias Picker und seinem Librettisten und Lebenspartner Aryeh Lev Stollman war es wichtig, die Geschichte so authentisch wie möglich und basierend auf historischen Quellen zu erzählen. Im Mittelpunkt steht die Liebesgeschichte zwischen Elbe und ihrer Frau Gerda Wegener, aber auch ihr Coming-out und ihre körperliche Transition sind zentrale Elemente.

Trans-Perspektive

Opernsängerin Lucia Lucas, die die Rolle der Lili Elbe spielt, brachte ihre eigene Erfahrung und damit die Trans-Perspektive ein, was emotional für sie zeitweise anstrengend war. Es sei hart gewesen, alles noch einmal zu durchleben, so Lucas.

Manche Sätze aus dem Libretto habe sie während ihres Coming-outs selbst so gehört: «I don’t like that», sagte eine Kollegin zu ihr, als sie sie im Abendkleid sah. In der Oper bekommt Lili genau das von ihrer Mutter zu hören. Insgesamt sei diese Rolle für sie der wichtigste Punkt in ihrer bisherigen Karriere, sagt Lucas.

Melodisch, eingängig, postmodern

Picker bleibt auch in Lili Elbe seiner beliebten, neoromantisch-postmodernen Klangsprache treu. Die Musik ist eingängig, melodiös, oft tonal, hat rhythmischen Drive und grosse Melodiebögen à la Verdi für die Stimmen.

Über die Uraufführung

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Der Regisseur Krystian Lada, bereits mit seiner dritten Regiearbeit für St. Gallen, inszeniert «Lili Elbe» spartenübergreifend. Die Tanzkompagnie spielt bei seiner szenischen Umsetzung eine wichtige Rolle. Der Konzertdirektor und Chefdirigent des Theaters St. Gallen, Modestas Pitrenas, hat die musikalische Leitung inne.

Neben Lucia Lucas ist die US-amerikanische Sopranistin Sylvia D’Eramo, die unter anderem auch an der MET auftritt, in der Rolle von Lili Elbes Frau Gerda Wegener.

Die Bassbaritonistin Sam Taskinen kehrt für die Produktion ans Theater St. Gallen zurück, und Mezzosopran Mack Wolz übernimmt gleich drei wichtige Nebenrollen, unter anderem diejenige von Lili Elbes Mutter.

Eine weitere Besonderheit dieser Oper: Die Partie der Gräfin ist für eine Countertenorstimme geschrieben (Théo Imart).

Die Titelpartie ist für Lucia Lucas und für ihre sonore Bariton-Stimme geschrieben. Die Rolle muss zwingend, das hält der Komponist ausdrücklich fest, mit einer Trans- oder non-binären Sänger:in besetzt werden.

Neuer Touch: Haus wie Repertoire

Der künstlerische Direktor von Konzert und Theater St. Gallen, Jan Henric Bogen, hat diese einzigartige Oper in Auftrag gegeben und bringt damit mehr Vielfalt ins Opernrepertoire.

Kühn ist, dass er sie für die Wiedereröffnung des frisch renovierten Paillard-Baus programmiert hat – in einer Zeit, wo Trans-Menschen nicht nur nach wie vor mit Transphobie konfrontiert, sondern Genderfragen im Allgemeinen in den Fokus politischer Agitation geraten sind.

Grosses Gebäude mit verschiedenen Ebenen und grauer, glatter Fassade, wenige Fenster. Im Vordergrund Menschen.
Legende: Nach knapp drei Jahren Bauzeit folgt nun die Wiedereröffnung des St.Galler Paillard-Baus mit der neuen Oper «Lili Elbe». KEYSTONE / GIAN EHRENZELLER

Lili Elbe ist die allererste abendfüllende Oper über einen Trans-Menschen und Lucia Lucas verkörpert darin nicht nur die Geschichte der Pionierin Lili Elbe, sondern auch ihre eigene.

Veranstaltungshinweis

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«Lili Elbe», Oper von Tobias Picker und Aryeh Lev Stollman. Vorstellungen ab dem 22. Oktober und bis Anfang Dezember 2023.

Radio SRF 2 Kultur, Künste im Gespräch, 19.10.2023, 09:05 Uhr

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