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Neu im Kino «Die Giacomettis»: Familienidyll mit dunklen Flecken

Die Giacomettis sind eine der bekanntesten Künstler-Dynastien der Schweiz. Vater Giovanni und seine Söhne Alberto und Diego waren über die Grenzen hinaus erfolgreich. Doch: Wer waren diese Giacomettis wirklich? Und wer war Annetta, die Frau und Mutter, die diese besondere Familie zusammenhielt?

Nachdem Gott die Welt erschaffen hatte, sah er auf das Bergell hinab. Es war Winter und Gott sah ein dunkles, schattiges Tal. Gott fand, dass die Bergeller ein wenig Pech hatten mit ihrem Tal. Zum Ausgleich schenkte er ihnen die Familie Giacometti.

Es ist ein hübsches Märchen, das Giacomo Dolfi, Patensohn von Alberto Giacometti, zu Beginn des Films erzählt. Und es gibt den Ton vor: Wie ein Märchen wirkt auch der Film über die Künstlerfamilie Giacometti. Ein Märchen voller Glück und Schönheit. Aber auch mit dunklen Abgründen.

Sehnsucht nach dem Paradies der Kindheit

Der Film der Engadiner Regisseurin Susanna Fanzun erzählt von jungen Männern, die ausziehen, um die Kunst, die Liebe und den Sinn des Lebens zu finden.

Der Vater, Giovanni, findet alles im heimischen Bergell, wohin er nach einigen Lehr- und Wanderjahren zurückkehrt, um zu heiraten, vier Kinder zu zeugen und ein erfolgreicher Maler zu werden. Die Söhne treibt es hinaus.

Familienfoto von 1911, auf dem Vater, Mutter und vier Kinder zu sehen sind.
Legende: Die Familie Giacometti im Jahr 1911. Hinten: Alberto, Bruno, Vater Giovanni und Mutter Annetta (von links). Vorne: Diego und Ottilia. Vinca Film

Der Film schaut vor allem auf Alberto: Der berühmteste Spross der Familie lässt sich gemeinsam mit seinem Bruder Diego in Paris nieder. Die Verbindung zur Familie bleibt eng. In den ersten Jahren werden die beiden noch von den Eltern unterstützt. Doch auch als sie erfolgreicher und finanziell unabhängiger werden, bleibt die Sehnsucht nach dem Paradies der Kindheit.

Ein Familiengeheimnis, das eins bleibt

Man sehnt sich mit, wenn man den Film schaut: Der Film schwelgt in herrlichen Landschaftsaufnahmen: schroffe Berge, verschneite Hütten, blühende Bäume. Dazwischen Interviews mit Weggefährten. Fotografien der Familie Giacometti. Gemälde, Skulpturen. Und einige sparsam inszenierte Szenen, die einen gedeckten Tisch zeigen und eine Frau am Herd, Kinder um sie herum. Heimelige Wärme.

Gemälde eines jungen Mannes, der mit Wintermütze vor einer verschneiten Winterkulisse steht.
Legende: Selbstporträt von Giovanni Giacometti 1899 in verschneiter Winterlandschaft. Getty Images / Heritage Images / Fine Art Images

Das Zentrum dieser Familienidylle ist Annetta. Die Frau, die Mutter. Energisch und klug, bringt sie ihren Mann Giovanni auf den Weg zum Erfolg, unterstützt ihre Söhne. Doch wer ist diese Annetta? Die Tochter eines Lehrers aus Borgonovo. Vielmehr erfährt man nicht. Annetta bleibt ein dunkler Fleck. Von dem eine zwingende Kraft ausgeht.

Annetta und Annette

Noch als Erwachsener hatte Alberto grossen Respekt vor seiner Mutter. Andere Frauen haben es schwer in diesem mutterdominierten Familien-Idyll. Alberto Giacometti heiratet mit Ende 40. Wie schwierig diese Ehe für Annette, die junge Frau Albertos, wird, deutet der Film nur an.

Zwei Männer in ANzug und eine Frau stehen nebeneinander und schauen freundlich in die Kamera.
Legende: Alberto Giacometti (rechts), mit seiner Frau Annette und seinem Bruder Diego. Vinca Film

Besonders schwierig wird es für Annette nach Alberto Giacomettis Tod. Es gibt kein Testament. Die Ehefrau wird Alleinerbin. Vor allem Albertos Bruder Diego ist entsetzt über diese Wendung der Dinge und beklagt sich bei Freunden darüber. Die Fotografin Sabine Weiss, eine Freundin Annette Giacomettis, erzählt hingegen, die Familie Giacometti habe versucht, Annette in die Psychiatrie abzuschieben.

Schwere Vorwürfe, auf die der Film allerdings nicht weiter eingeht. Er schaut einmal kurz in den Abgrund – und zieht dann langsam und schwelgerisch weiter.

Kinostart: 19.10.2023

Radio SFR 2 Kultur, Kultur-Aktualität, 18.10.2023, 7:06 Uhr

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