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Bekannter Philosoph gestorben Daniel Dennett war ein Gott für Atheisten

Für Daniel Dennett hatte der Mensch nichts Rätselhaftes an sich. Alles sei naturwissenschaftlich erklärbar, sagte der Philosoph. Nun ist der naturalistische Vordenker gestorben. Was bleibt von seinem Geist, oder besser gesagt seinen Gehirnvorgängen?

Mit seinem weissen Rauschebart und dem selbstgeschnitzten Gehstock sah er aus wie Gott persönlich. Passender wäre jedoch: wie Charles Darwin.

Der am 19. April verstorbene Starphilosoph Daniel Dennett sagte nämlich von sich selbst, er sei ein Roboter, konstruiert im Laufe der Evolution. Für Dennett gab es nichts Übernatürliches. Alles sei prinzipiell naturwissenschaftlich erklärbar, auch unser Bewusstsein.

Das Ich ist nur eine Illusion

Gefühle und Gedanken seien, ebenso wie unser Ich, nichts weiter als Illusionen, die das Gehirn erzeuge, um einfacher funktionieren zu können. Der Geist sei letztlich nicht mehr als das Gehirn und somit ein Produkt der Evolution.

Zur Person

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Schwarz-Weiss Porträt von Daniel Dennett
Legende: imago/ZUMA Press

Daniel Dennett war ein US-amerikanischer Philosoph und galt als führender Vertreter der Philosophie des Geistes. Er war Professor für Philosophie und Direktor des Zentrums für Kognitionswissenschaft an der Tufts University bei Boston. Am 19. April 2024 starb er im Alter von 82 Jahren.

Dennett war einer der einflussreichsten Philosophen weltweit. Er war Atheist, Darwinist und Materialist. Für ihn waren wir Menschen nicht mehr als ein komplexes Stück Materie, den Naturgesetzen unterworfen.

Entzauberung der Philosophie

Doch im Rahmen dieses naturalistischen Weltbildes drängen sich so manche philosophischen Fragen auf: Wie können aus materiellen Vorgängen im Gehirn Gefühle entstehen? Wie können wir Menschen frei sein, wenn unser Denken vom Gehirn abhängt? Und woher weiss Dennett eigentlich, dass es keinen Gott gibt?

Auf die Gottesfrage hatte der Meisterdenker eine verblüffend einfache Antwort: Wir können tatsächlich niemals sicher sein, dass es Gott nicht gibt. Aber wir können auch nicht sicher sein, dass es keine Kobolde, Elfen und Feen gibt.

Dennoch sollten wir nicht an sie glauben. Nach Dennett fehlen uns dazu schlicht die guten Gründe. Er gab zwar zu, dass die Religion in den Anfängen der Menschheit einen Nutzen hatte. Sie förderte den sozialen Zusammenhalt und half, mit unerklärlichen Phänomenen umzugehen. Doch heute seien die Menschen einen grossen Schritt weiter und sollten sich von der «Krücke» der Religion lösen.

Dennett war der grosse Entzauberer der Philosophie. Er sah in den Rätseln der Menschheit nur eine Handvoll Zaubertricks.

Die Magie unter der Oberfläche

Auch das menschliche Bewusstsein sei letztlich bloss eine Täuschung. In Wahrheit seien unsere Wahrnehmungen, Gefühle und Gedanken nur eine Illusion, die das Gehirn erfunden habe, um einfacher und erfolgreicher arbeiten zu können.

Dennett verglich unser Bewusstsein gerne mit der Benutzeroberfläche eines Computers oder Handys: eine nützliche Illusion. Die wahre Magie spiele unter dem Display, im Gewusel des Gehirns, wo Milliarden von kleinen Biorobotern ums Überleben kämpfen.

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Wir Menschen sind nach Dennett das Produkt eines evolutionären Kampfes, der heute noch in jedem von uns stattfindet: Diverse Kräfte ziehen uns in unterschiedliche Richtungen, wobei das stärkste Motiv gewinnt.

Und obwohl die Gehirnvorgänge – und damit auch unser Geist – durch Naturgesetze determiniert sind, könne unser Wille frei sein, meint Dennett. Wichtig für die Freiheit sei bloss, dass die antreibenden Motive unsere eigenen sind und keine fremden.

Menschliche Roboter

Daraus folgt, dass Roboter eines Tages einen freien Willen haben können. Für Dennett war das keine Überraschung.

Schliesslich glaubte er auch, dass sie Gedanken, Wünsche und Gefühle haben können. Wie wir. Denn letztlich sind wir Menschen ja auch nur biologische Roboter.

Dieser Text erschien ursprünglich 2018 als Porträt.

Radio SRF2 Kultur, Kultur-Aktualität, 22.04.2024, 12:15 Uhr

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