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Nahaufnahme eines Mannes, der etwas verzagt blickt.
Legende: Die Staatsanwaltschaft hat die Ermittlungen eingestellt, von Erdogan ist er weiterhin angeklagt: Jan Böhmermann. Keystone

Gesellschaft & Religion Der Fall Böhmermann: «Aus Schweizer Sicht mindestens grenzwertig»

Jan Böhmermann habe die Ehre des türkischen Staatspräsidenten Erdogan verletzt – so lautete der Vorwurf. Die deutsche Staatsanwaltschaft hat das Verfahren gegen den Satiriker eingestellt. Ein toleranter Entscheid, findet Medienrechtler Andreas Meili, der in der Schweiz wohl anders ausgefallen wäre.

  • Im März 2016 veröffentlichte Böhmermann ein «Schmähgedicht» über Recep Erdogan. Die Staatsanwaltschaft ermittelte wegen Beleidigung eines ausländischen Staatsoberhaupts.
  • Der Entscheid ist für die Meinungsfreiheit gefallen. In der Schweiz hätte man die Verletzung der Ehre über das Satirerecht gestellt, schätzt Medienrechtler Andreas Meili.
  • Jedoch fehlen Präzedenzfälle: Es gab es in der Schweiz nur ein beleidigendes Gaddafi-Plakat, das die Grenzen der Satire in vergleichbarer Form überschritten hat, so Meili.

Tolerant verstandenes Satirerecht

Ein halbes Jahr lang prüfte die Staatsanwaltschaft Mainz den Fall Böhmermann, nun hat sie entscheiden: ZDF-Moderator Jan Böhmermann muss wegen seines «Schmähgedichts» über Erdogan nicht vor Gericht.

Andreas Meili

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Rechtsanwalt Andreas Meili arbeitet seit 2008 als selbstständiger Anwalt. Zuvor arbeitete er für Tamedia. Er ist auf Medienrecht spezialisiert.

«Das ist ein Entscheid für ein tolerantes Satirerecht. Der Meinungsfreiheit wird ein grosser Platz eingeräumt, der mich erstaunt», sagt der Schweizer Medienrechtler Andreas Meili.

Denn Vorwürfe wie Sodomie – Sex mit Tieren – und Konsum von Kinderpornografie seien «mindestens grenzwertig».

Strafbare Handlung nicht nachweisbar

Die Staatsanwaltschaft Mainz hatte wegen Verdachts auf Beleidigung eines ausländischen Staatsoberhaupts ermittelt, gab aber bekannt, «dass strafbare Handlungen nicht mit der erforderlichen Sicherheit nachzuweisen seien».

Zudem sei sie nicht sicher, ob Böhmermann Erdogan vorsätzlich beleidigt hat. Nach eigenen Angaben wollte der Satiriker mit seinem Schmähgedicht den Unterschied zwischen in Deutschland erlaubter Satire und verbotener Schmähkritik aufzeigen.

Wie in der Schweiz über einen Fall Böhmermann entschieden worden wäre, lässt sich schwer sagen, so Medienrechtler Meili. In der Schweiz habe es bislang erst einen vergleichbaren Fall gegeben: «Gaddafi wurde auf einem Plakat unterstellt, er wolle die Schweiz zerstören. Das wurde als Beleidigung verstanden und entsprechend sanktioniert.»

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Wenig vergleichbare Schweizer Fälle

Das Satirerecht sei in der Schweiz weniger ausgebildet als in Deutschland oder Frankreich. Darum gehe der Medienrechtler davon aus, dass in der Schweiz anders entschieden worden wäre: «Wir gehen hier konservativer um mit dem Persönlichkeitsschutz. Darum denke ich, dass man entschieden hätte, dass es sich bei Böhmermanns Text um eine Verletzung der Ehre handelt», erklärt Andreas Meili.

Ob Jan Böhmermann allerdings völlig ungestraft bleibt, wird am 2. November entschieden, wo er mit einer Privatklage Erdogans vor Gericht steht. Der türkische Präsident will erreichen, dass der gesamte Text verboten wird.

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