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Schweizer Buchpreis 2022 Kim de l'Horizon gewinnt den Schweizer Buchpreis

Doppelsieg: Auf den Deutschen folgt nun auch der Schweizer Buchpreis für Kim de l’Horizon. «Blutbuch» fängt nicht nur den Zeitgeist ein, sondern sprengt auch die Grenzen der Sprache.

Was für ein Triumph – und das mit einem Debüt! Für den Roman «Blutbuch» ist Kim de l'Horizon im Oktober mit dem Deutschen Buchpreis ausgezeichnet worden.

Jetzt kommt der Schweizer Buchpreis dazu. Die Jury hat «Blutbuch» zum besten Deutschschweizer Buch 2022 gekürt.

Der Schweizer Buchpreis

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Der Schweizer Buchpreis wird seit 2008 im Rahmen der BuchBasel vergeben.

Jährlich geehrt werden soll «das beste erzählerische oder essayistische deutschsprachige Werk der Schweiz». Der Preis ist mit insgesamt 42'000 Franken dotiert. 30'000 davon gehen an die Gewinnerin oder den Gewinner, die Nominierten erhalten je 3'000 Franken.

Zu den bekanntesten Preisträgerinnen und Preisträgern zählen Melinda Nadj Abonji, Lukas Bärfuss, Peter Stamm und Sibylle Berg.

In diesem Jahr nominiert waren – neben Kim de l'Horizon mit «Blutbuch» – Simon Froehling («Dürrst»), Lioba Happel («Pommfritz aus der Hölle»), Thomas Hürlimann («Der Rote Diamant») und Thomas Röthlisberger («Steine zählen»).

2022 bestand die fünfköpfige Jury erstmals ausschliesslich aus Frauen, nämlich aus der Buchhändlerin Tanja Bhend, der freien Literaturkritikerin Sieglinde Geisel, der SRF-Literaturredaktorin Annette König, der «NZZ am Sonntag»-Journalistin Martina Läubli sowie der Kulturwissenschaftlerin Yeboaa Ofosu.

Die Entscheidung wurde am Sonntagmittag bei der Preisverleihung im Theater Basel bekannt gegeben. Kim de l'Horizon kann sich über ein Preisgeld in Höhe von 30'000 Franken freuen.

«Blutbuch» und «Der Rote Diamant» galten als Favoriten

Eine grosse Überraschung ist die Prämierung de l'Horizons allerdings nicht. Im Feuilleton wurde «Blutbuch» schon lange als Favorit gehandelt – neben Thomas Hürlimanns Roman «Der Rote Diamant».

Die Wahl zwischen de l'Horizon und Hürlimann dürfte der Jury schwergefallen sein. Hürlimanns aktueller Roman ist ein hervorragender, weltkluger und raffiniert konstruierter Text.

Hinzu kommt: Für den bald 72-jährigen Thomas Hürlimann wäre eine Auszeichnung mit dem Schweizer Buchpreis einer Ehrung für sein Lebenswerk gleichgekommen. Eine Ehrung, die der Zuger Autor längst verdient hätte.

Radikal, sprachgewaltig, vielschichtig

Allerdings: Aufgabe der Jury ist es laut Reglement, «das beste erzählerische oder essayistische deutschsprachige Werk der Schweiz» eines Jahres zu küren. Das beachtliche Gesamtwerk Hürlimanns mussten die Jurorinnen also ausblenden und die nominierten Bücher isoliert betrachten.

Vor diesem Hintergrund scheint die Entscheidung für «Blutbuch» von Kim de l'Horizon richtig. «Blutbuch» ist ein ungemein vielschichtiges Buch. Dringlich, radikal, existentiell, sprachgewaltig.

Elf Jahre lang hat Kim de l'Horizon daran gearbeitet. In jeder Zeile schwingt der Kampf mit, der um jede dieser Zeilen geführt werden musste.

Debütroman nahe am eigenen Leben

Kim de l'Horizon, Jahrgang 1992, ist in Ostermundigen (BE) aufgewachsen und hat unter anderem am Literaturinstitut in Biel studiert. «Blutbuch» ist zwar ein Debüt, aber de l'Horizon schreibt schon lange. Bei den Bühnen Bern hat de l'Horizon derzeit die Hausautorenschaft inne.

Buchhinweis

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Kim de l'Horizon: «Blutbuch». DuMont Buchverlag, 2022.

Kim de l'Horizon fühlt sich weder dem weiblichen noch dem männlichen Geschlecht zugehörig. Diese Nonbinarität ist auch das Hauptthema von «Blutbuch». Die Erzählinstanz, die in Ich-Form schreibt, heisst sodann auch «Kim».

In einer binaritäts-fixierten Welt

Kim wendet sich in der Erzählung an die eigene Grossmutter. Sie ist an Demenz erkrankt, und erst dieser Umstand ermöglicht es Kim, das Schweigen zu brechen. Auf gut 300 Seiten rollt die Erzählstimme nun das eigene Leid, die eigenen Traumata aus.

Wie ist es, als non-binäre Person in einer durch und durch binaritäts-fixierten Welt aufzuwachsen und zu leben? Um diese Frage kreist das Buch – und streift dabei zahlreiche weitere Themen: die Unterdrückung der Frau, Klassenzugehörigkeiten, das Schreiben, die Sprache.

«Erzählerisches Neuland»

In der Jury-Begründung heisst es: Kim de l'Horizon habe mit «Blutbuch» Erfahrung in Literatur verwandelt und «erzählerisches Neuland» betreten.

Diesem Urteil liesse sich Vieles hinzufügen. Zum Beispiel: Die Entscheidung für Kim de l'Horizon ist keine rein zeitgeistige, sondern vor allem eine literarische. Kim de l'Horizon führt uns die Grenzen der deutschen Sprache vor – und sprengt sie.

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