«Glück ist, wenn man Familie hat, Freund, Ferien... Aber Ferien und Familie...?» Es waren diese, feinen träfen Sprüche, die am Dienstag beim Publikum im Theater Schwager in Olten sehr gut ankamen. Vorgetragen von einem Mann, der auf der Bühne im ersten Moment kaum Platz einnimmt, schüchtern aussieht und später im Interview sagt: «Ich bin eigentlich ein verkrampfter Typ, ein verkrampftes Biest. Das bin ich. Das auf der Bühne, das bin nicht ich. So wäre ich gerne.»
Diese Worte kommen von Christoph Simon, 42 Jahre alt, aus dem Kanton Bern. Schriftsteller war er, und Kabarettist will er werden. Seit Dienstagabend ist er diesem Ziel einen grossen Schritt näher. Dank dem Sieg im Final des Kabarett-Castings in Olten.
Appenzeller Klischees und musikalische Alltagsgeschichten
Angetreten ist Simon gegen zwei Mitbewerber. Willi Näf, der mit den Klischees des hölzigen Appenzellers seine Lacher holte und als Erster auf die Bühne musste. Seine Figur und ihre Geschichten über das Leben, über Selbstmordattentäter und Frauen waren humorvoll und konnten das Publikum unterhalten. Wortspiele wie die über den harten Job der Selbstmordattentäter, die ja ihren Feierabend nie erleben können, diese kamen bei den Zuschauern an. Manche Pointen, beispielsweise im Zusammenhang mit Frauen, waren hingegen etwas an der Grenze des Lustigen, und überzeugten weniger.
Als zweite Kandidatin auf die Bühne kam das Duo «er und i». Die beiden Musiker und Juristen Wolfgang Egli und Daniel Weniger aus dem Kanton St. Gallen führten eine etwas feinere Klinge in Sachen Humor. Die beiden Musiker – mit akustischer Gitarre und Bass auf der Bühne – boten den Zuschauern viel Abwechslung: Zwischen selber komponierten Musikstücken mit Themen aus dem Leben überraschten die beiden mit kurzen, frischen Kabarett-Einlagen, die mal laut und deftig, mal leise und nachdenklich waren.
Christoph Simon im OP und in der Hölle
Als letzter kam Christoph Simon auf die Bühne. Mit seiner schlacksigen Gestalt, dem schüchternen, beinahe scheuen Blick und den ruhigen, bedächtigen Worten musste er sich zuerst die Gunst des Publikums erarbeiten. Stück für Stück zog Simon die Zuschauer aber in seinen Bann, mit einer Mischung aus komischen und ernsten Geschichten, die in blumigem Dialekt vorgetragen wurde, ohne dass dabei der «Berner Vorteil» zu stark ausgespielt werden musste.
Simon blieb dabei nicht in Alltagsgeschichten hängen, sondern wechselte ab zwischen Fiktion und Realität, poetischen Erzählungen und kabarettistischen Einlagen. Die breite Fülle der Geschichten trug dazu bei, dass der Kabarettist die Herzen der Zuschauern für sich gewinnen konnte: Christoph Simon beim Raclette-Essen mit seiner Familie, Christoph Simon beim Schnupperbesuch in der Hölle, Christoph Simon im OP bei einer Vasektomie und dem Anblick, wie seine Seele den Körper verlässt. Trotz all dieser verschiedenen Szenen schaffte es Simon, einen roten Faden zu behalten innerhalb seines Auftritts.
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Vorteil des «Letzten»?
Das Publikum honorierte dies mit viel Applaus und in der abschliessenden Abstimmung mit einem deutlichen Resultat für Simon. Auch die Jury pflichtete dem bei und so hiess der Sieger am Dienstagabend Christoph Simon.
«Ich kam als letzter dran. Das Publikum hatte sich mit Prosecco schon mal warm gelacht», das habe sicher auch zum Sieg verholfen, meint Christoph Simon danach im Interview mit dem Regionaljournal Aargau Solothurn. Er wolle aber auch weiterkommen als Kabarettist, darum habe er sich viel Zeit für dieses Programm am Casting genommen.
Ein Jahr Coaching als Preis
Nun hat er ein nächstes Ziel vor Augen. «Ich möchte noch deutlich besser werden. Damit mir weniger Fehler passieren», sagt er. Dass seine Stimme bis zum Schluss klar bleibe, dass er sich nicht retten müsse bei einem Versprecher, das will er lernen. Dinge, von denen die meisten Zuschauern nicht viel bemerkt haben dürften.
Die Chance, mehr zu lernen, ist nun da. Christoph Simon wird ein Jahr lang unter der Leitung eines professionellen Trainers ein Programm auf die Beine stellen und im nächsten Jahr wieder an den Kabarett-Tagen auftreten. Diesmal nicht beim Casting, sondern als fester Bestandteil im Programm der Oltner Kabarett-Tage.
Der Sieger des letzten Kabarett-Castings war Jan Rutishauser. Der Thurgauer arbeitete nach dem Sieg 2013 an einem abendfüllenden Programm und tritt anlässlich der diesjährigen Kabarett-Tage in Olten auf.