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Schweiz Leben die fehlenden Fachkräfte bereits unter uns?

In der Schweiz mangelt es an Fachkräften, nicht erst seit der Annahme der Masseneinwanderungsinitiative. Nun hat das Hilfswerk der evangelischen Kirchen Schweiz HEKS ein brach liegendes Potenzial erkannt: Hochqualifizierte Migrantinnen und Migranten aus Drittstaaten, die bereits hier leben.

Chimène Maraviglia kommt aus dem westafrikanischen Staat Benin, ist 31 Jahre alt und seit acht Jahren in der Schweiz, nachdem sie einen Schweizer geheiratet hat. Die junge Frau ist arbeitslos, obschon sie einen Bachelor als Dokumentalistin aus Benin vorweisen kann. Chimène ist kein Einzelfall, wie das Hilfswerk HEKS feststellt.

50'000 Migrantinnen und Migranten, die bestens ausgebildet sind und aus Staaten ausserhalb der EU stammen, sind in der Schweiz auf Stellensuche, hat das HEKS ausgerechnet. Dabei handelt es sich um anerkannte Flüchtlinge, vorläufig Aufgenommene oder Menschen, die über den Familiennachzug hierher gekommen sind.

Deutschkenntnisse als Grundvoraussetzung

Weshalb ist das so? Das HEKS hat das private Basler Beratungsbüro B.S.S. beauftragt, in einer Studie die Gründe zu erfragen. 48 Schweizer Unternehmen haben mitgemacht. Wolfram Kägi, Geschäftsführer von B.S.S., zu den Resultaten: «Das allerwichtigste Hindernis sind die mangelnden Sprachkenntnisse.» Zwar würden auch unzureichende Qualifikationen oder die (Nicht-)Anerkennung eines ausländischen Diploms angeführt, diese träten allerdings hinter den zu schlechten Deutschkenntnissen zurück.

Die Hinderungsgründe für Anstellungen von hoch qualifizierten Migrantinnen und Migranten sind unglaublich banal.
Autor: Ueli Locher HEKS-Direktor Ueli Locher

Und Deutsch sei für die befragten Unternehmen zentral, ergänzt Studienleiterin Andrea Oswald: «Die meisten Firmen haben gesagt, Deutsch sei eine Voraussetzung, auch wenn die Arbeit fachlich auf Englisch umgesetzt werden kann.» Denn die Kenntnis der Landessprache sei in der internen Kommunikation, ob innerhalb des Teams oder im schriftlichen Verkehr, unabdingbar für die meisten Befragten.

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Mit Migranten gegen den Fachkräftemangel
aus Rendez-vous vom 20.04.2015. Bild: Symbolbild Keystone
abspielen. Laufzeit 3 Minuten 39 Sekunden.

Eigentlich seien die Hinderungsgründe für Anstellungen von hoch qualifizierten Migrantinnen und Migranten «unglaublich banal», stellt HEKS-Direktor Ueli Locher fest. Sein Hilfswerk will deshalb aktiv werden. Mit einer Hotline und Beratung für Firmen, die Fachkräfte suchen: «Wir können als Hilfswerk ganz sicher bei der Sprachförderung etwas Konkretes anbieten.» Schon oft habe man gezielte spezifische Deutsch- oder Französisch-Kurse für Mitarbeitende angeboten, weist Locher auf bereits bestehende Anstrengungen des HEKS hin.

Kampf dem «Anerkennungsdschungel»

Aber auch auf politischer Ebene soll etwas gehen. SP-Ständerätin Anita Fetz wird einen Vorstoss einreichen, der den Aufbau einer nationalen Datenbank fordert, die ausländische mit schweizerischen Berufs- und Studienabschlüssen vergleicht. Es bestehe ein eigentlicher Anerkennungsdschungel in der Schweiz, findet Fetz. Und HEKS-Direktor Locher meint: «Es fehlt eine zentrale Stelle mit dem nötigen Know-How, die das systematisch macht.» Die einzelnen Betriebe seien überfordert damit, zu überprüfen, was in Benin Ingenieur-Studium bedeute.

Als Vorbild soll Deutschland dienen, wo es eine solche Stelle bereits gibt. Im Staatssekretariat für Bildung und Forschung in Bern aber stösst die Idee nicht auf Begeisterung. Aus zwei Gründen, wie Martin Fischer, Leiter der Kommunikation, sagt: «Erstens würde das einen riesigen Aufwand bedeuten – es gibt Hunderte von Berufen in der Schweiz wie im Ausland.» Zweitens sei die kurze Dauer, in denen allfällige Regelungen gelten würden, hinderlich. Die Vergleichbarkeit eines heutigen Berufes sei vielleicht in zwei, drei Jahren nicht mehr gewährleistet. «Das würde doch eher Verwirrung stiften», schliesst Fischer.

Mehr bringen würde, wenn Arbeitgeber von Migrantinnen und Migranten Zeugnisse über ihre frühere Tätigkeit verlangen würden, um ihre Fähigkeiten besser einschätzen zu können, so der Sprecher des Staatssekretariats.

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