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Weniger Vogelgesang Weshalb das Vogelkonzert zunehmend leiser wird

Seit die Tage wieder länger sind und die Temperatur steigt, werden diejenigen, die früh aufstehen, mit einem Morgenkonzert der Vögel begrüsst. Studien belegen jedoch: Das morgendliche Konzert der Vögel hat sich in den vergangenen Jahrzehnten verändert. Es ist leiser und weniger vielstimmig geworden.

Schuld daran soll der Rückgang der Artenvielfalt sein, aber auch Umwelteinflüsse. Der Biologe Livio Rey von der Vogelwarte Sempach verrät, wie sich der Vogelgesang der sich verändernden Umwelt anpasst.

Livio Rey

Biologe Vogelwarte Sempach

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Livio Rey hat Naturschutzbiologie an der Universität Bern studiert und arbeitet bei der Schweizerischen Vogelwarte Sempach in der Öffentlichkeitsarbeit.

SRF News: Weshalb singen Vögel?

Livio Rey: Der Vogelgesang hat vor allem zwei Funktionen. Einerseits sollen damit potenzielle Partner angelockt werden. Andererseits dient der Gesang der Revierverteidigung gegen Rivalen.

Das Vogelkonzert ist in den vergangenen Jahren leiser geworden. Was heisst das konkret?

Seit den 50er Jahren sind viele Arten, besonders im Landwirtschaftsgebiet, deutlich seltener geworden oder sogar verschwunden. Dadurch ist es mancherorts tatsächlich still geworden.

Mancherorts ist es tatsächlich still geworden.

Dagegen sind viele Waldarten häufiger geworden. Es sind auch diese Vogelarten, die wir vor allem im Siedlungsraum antreffen, also Amseln, verschiedene Meisen, Finken oder die Mönchsgrasmücke. Diese Geräuschkulisse ist also eher vielfältiger geworden

Nehmen wir das Beispiel der Feldlerche. Weshalb hören wir sie heute seltener?

Das Problem der Feldlerche liegt in einer teilweise sehr intensiven Landwirtschaft, wodurch das Ackerland stark beansprucht ist. Oder Wiesen, die zu früh und zu häufig gemäht werden, wodurch viele Bruten zerstört werden.

Gleichzeitig hört man die Amsel, eigentlich ein Waldvogel, vermehrt in den Städten.

Die Amsel kam früher in Menschennähe nicht vor, hat sich dann aber so angepasst, dass sie im Siedlungsraum neue Gebiete erschliessen konnte, insbesondere in Parks und Gärten. Dort ist es waldähnlich, mit viel Vegetation.

Einst ein scheuer Waldvogel, ist der Gesang der Amsel heute selbst in Grossstädten zu hören.
Legende: Einst ein scheuer Waldvogel, ist der Gesang der Amsel heute selbst im städtischen Raum zu hören. KEYSTONE/DPA/Patrick Pleul

Die Siedlungsgebiete haben sich in den letzten Jahrzehnten stark ausgeweitet. Damit sind Vögel auch mit mehr Lärm konfrontiert. Wie beeinflusst das ihren Gesang?

Untersuchungen dazu gibt es nur bei relativ wenigen Vogelarten. Es gibt aber Studien, die zeigen, dass Vögel ihren Gesang je nach Umgebungsgeräuschen anpassen, also beispielsweise auch bei Zivilisationslärm.

Ein anderes Problem in Siedlungsgebieten ist das künstliche Licht. Davon gibt es immer mehr.

Die Gesangsaktivität wird hauptsächlich über Hormone gesteuert und die Aktivierung dieser Hormone wiederum hängt von der Tageslänge ab. Ab einer bestimmten Tageslänge beginnen die Vögel im Frühling also zu singen, unabhängig etwa von der Temperatur. Künstliches Licht kann diese Hormone ebenfalls aktivieren, sodass die Vögel teilweise früher am Tag oder im Jahr zu singen beginnen.

Umwelteinflüsse durch den Menschen nehmen zu. Können sich die einheimischen Vogelarten daran anpassen?

Veränderungen im Gesang sind grundsätzlich nicht ein Problem. Es sind vor allem Anpassungen der Vögel an eine neue Umwelt, die vom Leben des Menschen geprägt ist. Es gibt aber Hinweise darauf, dass der Bruterfolg in lärmigen Gebieten, beispielsweise an Strassen, tiefer ist.

Es gibt Hinweise darauf, dass der Bruterfolg in lärmigen Gebieten tiefer ist.

Entscheidend ist vor allem, dass Lärm über weit grössere Gebiete Effekte haben kann, als dies durch Lebensraumzerstörung und Zerschneidung durch Strassen sowieso schon der Fall ist. Umso wichtiger ist es, dass bei Strassenprojekten solche möglichen Effekte berücksichtigt werden und diese Strassen nicht in der Nähe ökologisch wertvoller Gebiete gebaut werden.

Das Gespräch führte Matthias Kündig.

Echo der Zeit, 08.05.2023, 18:00 Uhr ; 

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