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Der Schweizer Klimaforscher Thomas Stocker diesen Sommer auf einer Forschungsreise in Grönland
Legende: Der Schweizer Klimaforscher Thomas Stocker diesen Sommer auf einer Forschungsreise in Grönland SRF

Im Sturm des Klimawandels Klimaforscher Thomas Stocker und seine Gegner

Thomas Stocker gehört zu den weltweit renommiertesten, aber auch am heftigsten angefeindeten Klimaforschern. Wenn es ums Klima geht, fragen Medien gerne Stocker an – und Stocker gibt gerne Auskunft. Für die einen ist er eine Lichtgestalt, für die anderen eine Reizfigur.

Er ist Professor am Physikalischen Institut der Universität Bern, wo er die Abteilung für Klima- und Umweltphysik leitet. Einer breiten Öffentlichkeit wurde der Wissenschaftler bekannt, als er 1998 begann, an den Berichten des «Intergovernmental Panel on Climate Change» (IPCC) mitzuwirken und zehn Jahre später Ko-Vorsitzender der IPCC-Arbeitsgruppe I wurde.

Berufskollegen beschreiben Stocker als intellektuell herausragend, rhetorisch brillant und taktisch geschickt. Gleichzeitig hat er nicht nur Freunde unter Klimaforschern – was natürlich auch mit Neid zu tun haben kann. Zitieren lassen will sich niemand.

Die Nichtwahl zum Vorsitzenden des IPCC

Klar ist, dass es in Stockers Leben lange steil aufwärts ging. Dann kam die grosse Zäsur 2015. Da wollte er Vorsitzender des Weltklimarates (IPCC) werden – und war der wissenschaftlich klar kompetenteste Kandidat. Gewählt wurde der Südkoreaner Hoesung Lee.

Er sei unterlegen, weil Südkorea die nötigen Stimmen für seinen Kandidaten gekauft habe, glaubt Stocker. Ein IPCC-Insider bestätigt gegenüber «Reporter»: Südkorea habe sich diese Wahl tatsächlich etwas kosten lassen. Der IPCC teilt schriftlich mit: Die Wahl sei nach den IPCC-Richtlinien abgelaufen und das Ergebnis von allen Ländern akzeptiert worden.

Ist Stocker schlicht enttäuscht und frustriert? «Nein», sagt er. Und: Er bleibe bei seiner Ansicht. Wie qualifiziert er denn das Ganze? Geld gegen Stimme – ist das nicht Korruption? Stocker antwortet: «Es hat diesen Aspekt. Es wird dann auch schwierig, die unabhängige wissenschaftliche Arbeit zu machen, die der IPCC durchführen muss im Auftrag aller Länder. Wenn es Länder hat, die Verpflichtungen geltend machen gegenüber dem Vorsitzenden, dann wird es sehr schwierig.» Der IPCC verzichtet auf eine weitere Stellungnahme.

Nur ein müdes Lächeln

Einen grossen Teil seiner Zeit verbringt Stocker im Büro, im Hörsaal und in Konferenzräumen. Umso mehr freut sich Stocker, wenn er wie diesen Sommer mit seinem Team in Grönland unterwegs sein kann. Die Forscher gewinnen dort Eisbohrkerne, um vergangene und zukünftige Klimaveränderungen zu modellieren. Auf dieser Reise durfte ihn der Autor begleiten.

Stocker ist kontaktfreudig, hat Humor und eine einnehmende Art. Er interessiert sich nicht nur für Klimaforschung, sondern auch für religiöse Fragen, für nationale und internationale Politik und für Kunst.

Es fällt ihm bisweilen schwer, aus seiner Geringschätzung für sogenannte «Klima-Kritiker» einen Hehl zu machen. Dass solche Kritiker im Internet ein Video mit dem Titel «Drei unangenehme Wahrheiten über Thomas Stocker» publiziert haben, quittiert er mit einem müden Lächeln.

Wichtig sei, dass seine Arbeit von den Berufskollegen gewürdigt und akzeptiert werde, von Menschen also, «die tatsächlich eine professionelle Kompetenz haben.»

Reine Zeitverschwendung

Eine Studie der Uni Lausanne zeigt, dass Zweifel an den Aussagen von Klimaforschern weit verbreitet sind. Nur 44 Prozent der Schweizer glauben, dass der Klimawandel menschengemacht ist. Stocker sagt, diese Zahl verwundere ihn.

Generell beobachte er aber, «dass die öffentliche Meinung zu dieser Frage recht schnellen Veränderungen in beide Richtungen unterworfen ist.» Umso wichtiger wäre es freilich, bei jenen, die zweifeln, Überzeugungsarbeit zu leisten.

Wenn er ein halbwegs höfliches Mail mit einer Frage bekomme, beantworte er es, sagt Stocker. In der Regel gehe es dann allerdings so weiter: Nach seiner Antwort folgten fünf weitere Fragen, bereits schärfer formuliert.

Wer dann den Fehler mache, erneut zu antworten, der werde nicht mehr fertig. Kollegen hätten es versucht, wohlmeinend, ausdauernd – und am Ende erfolglos. Sie hätten keinen einzigen Kritiker überzeugt. Mit anderen Worten: reine Zeitverschwendung.

Kritiker der Klimaforschung

Eine Gruppe von Kritikern hat sich unter dem Namen «Klimamanifest von Heiligenroth» zusammengeschlossen. «Das Klima ist durch von Menschen verursachte CO2-Emissionen nicht nachweisbar zu beeinflussen», heisst es auf deren Website zum Beispiel.

Stocker und seine Kollegen von der ETH Zürich und andernorts seien schlicht «Behaupter», sagt Paul Bossert, ein Diplomierter Bauingenieur und Architekt und Gründungsmitglied des «Klimamanifestes».

Und sein Kollege Rainer Hoffmann, Prokurist, ergänzt, das Problem fange schon damit an, dass Stocker seine eigene Wissenschaft «nicht korrekt und nicht-logisch-konsistent» erklären könne.

Damit das immer mehr Menschen klar wird, publizieren Bossert und Hoffmann im Web fleissig Artikel und Videos. Gerne würden die beiden Stocker mit ihren Fragen konfrontieren. Das Problem sei allerdings, dass Stocker ihre Mails nicht beantworte. Sie gehen davon aus, dass er es nicht tut, weil er ihren Argumenten nicht gewachsen sei.

Stocker sagt: Genau solche Leute meine er, wenn er davon rede, dass eine Antwort reine Zeitverschwendung sei.

Zur Reportage «Der Klimaforscher»:

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