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Traktor versprüht Pestiziede auf ein Feld
Legende: Weniger Gift Durch einen Nationalen Aktionsplan Pflanzenschutzmittel soll in der Landwirtschaft der Gifteinsatz reduziert werden. SRF

SRF DOK Zu viele Pestizide – wer ist schuld?

Selbst der Bundesrat anerkennt in einem neuen Nationalen Aktionsplan Pflanzenschutzmittel, dass in der Landwirtschaft zu viele Pestizide ausgebracht werden – mit negativen Folgen für die Natur und Risiken für Menschen. Wo liegen die Ursachen für so viel Gift?

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Andreas Moser (*1956 in Basel) ist Redaktionsleiter und Moderator der Sendung «NETZ NATUR». mehr...

Bäche und kleine Flüsse in Landwirtschaftsgebieten sind massiv mit Giftstoffen aus der Landwirtschaft belastet. Dies zeigte ein Bericht des Gewässerforschungsinstituts EAWAG. Die Konsequenzen sind dramatisch: Eine kurze massive Erhöhung von Giftstoffen im Wasser während der Spritzzeit der Kulturen kann eine ganze Generation von Insektenlarven eines Jahres auslöschen. Das ist deshalb bedenklich, weil sich in solchen Gewässern viele Larven von Insekten entwickeln: etwa Eintagsfliegen, Mücken oder Libellen. Diese Larven dienen einerseits den Fischen als Futter und andererseits ernähren sie später als Fluginsekten unzählige Vögel, Fledermäuse, Amphibien und Reptilien. Der dramatische Rückgang an solchen Wasserinsekten hat Auswirkungen auf das gesamte Ökosystem in der Kulturlandschaft.

Grüne Felder durch die ein Fluss fliesst
Legende: Gift im Fluss: Intensive Landwirtschaft belastet kleine und mittlere Fliessgewässer mit einem Pestizidcocktail und Düngemitteln. SRF

Gesundheitsrisiken nicht auszuschliessen

Dieser gut dokumentierte Fall ist aber nur die Spitze des Eisbergs: Pestizide sind heute nicht nur in den Gewässern, sondern überall. In den Böden, in der Luft, in unserer Nahrung. Meistens innerhalb von Grenzwerten, die für die menschliche Gesundheit unbedenklich seien, wird von den Behörden versichert. Das mag für einzelne Wirkstoffe, die in einem unglaublich aufwändigen Zulassungsverfahren isoliert geprüft wurden, richtig sein. Doch über die gesundheitlichen Auswirkungen des gesamten Chemie-Cocktails, den wir in zahlreichen landwirtschaftlichen Produkten chronisch ausgesetzt sind, weiss man praktisch nichts. Und es gibt eine Vielzahl von Krankheitsbildern wie etwa Krebs- oder Nerven-Erkrankungen, in denen Wirkstoffe aus Pestiziden durchaus eine Rolle spielen könnten. Neben all den negativen Auswirkungen auf die Natur können also gesundheitliche Risiken nicht ausgeschlossen werden.

Die Gründe für masslosen Pestitzid-Einsatz

  • Die Konsumenten wollen angeblich makellose Produkte ohne die geringste Unregelmässigkeit. So orten es jedenfalls die Grossverteiler – und nehmen den Bauern nur makellose Äpfel oder Rüebli ab. Makellosigkeit ist aber nur mit einem massiven Pestizid-Einsatz zu haben.
  • Die Landwirtschaft steht wirtschaftlich enorm unter Druck. Spritzen ist bequem und spart teure Arbeitskräfte. Herbizide ersparen das Jäten der Kulturen, Fungizide und Insektizide eine sorgfältige Überwachung. Mit einer Spritztour oder Samen, durch die das Gift gleich in der Pflanze enthalten ist, muss man sich keine Sorgen um Drahtwürmer in den Zuckerrüben oder «Würmer» in den Äpfeln machen.
  • Die beliebtesten Sorten bei Obst, Kartoffeln und Gemüse sind solche, die extrem anfällig auf Pilzkrankheiten oder Insektenbefall sind. Diese Sorten werden von Saatgut-Herstellern geliefert, die gleich auch die Chemikalien zum Schutz dieser Sorten bereitstellen. Ein doppeltes Geschäft.

Hand pflückt Äpfel vom Baum
Legende: Hoch hinaus: Durch den gleichzeitigen Anbau mehrerer, widerstandsfähiger Hochstamm-Sorten kann der Pestizideinsatz reduziert werden. SRF

Umdenken als Chance

Wenn es dem Bund tatsächlich ernst ist mit der Reduktion von Pestiziden, dann braucht es eine grundlegende Umstellung der Schweizer Landwirtschaft auf andere, extensivere und umweltfreundlichere Produktionsmethoden – die Erträge werden dabei nicht geringer, aber nachhaltig. Ob das die Vertreter einer intensiven Landwirtschaft, die von der gegenwärtigen Entwicklung profitieren, hinnehmen oder gar mittragen, bleibt abzuwarten. Immerhin liesse sich ja auch mit weniger giftigen Produktionsmethoden Geld verdienen. Und nur was etwas bringt, hat in diesem Land politisch eine Chance.

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