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SRF DOK Zuhälter aus Ungarn: Komplexe Probleme – hier wie dort

Wer verstehen will, wieso das Zürcher Sihlquai zum bekanntesten Strassenstrich der Schweiz werden konnte, der müsse nach Ostungarn reisen, sagt Autor Simon Christen. Und genau das tat er. Er reiste zu den Roma in der Stadt Miskolc. Deren Lebensumstände haben ihn erschüttert.

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Simon Christen ist seit 2011 Redaktor bei «DOK» und Reporter». Er analysiert in seinen Filmen immer wieder das schweizerische Strafrecht und porträtiert Straftäter mit all ihren Widersprüchen.

Reisen bildet. Heisst es. Da ist was dran. Diese Reise aber war eine verstörende Reise. Der Flug von Zürich nach Budapest dauert zwar nur rund eineinhalb Stunden. Aber er führt in eine andere Welt. Wir reisten weiter nach Miskolc, in die viertgrösste Stadt Ungarns. Das Zentrum versprüht europäischen Charme. Wer sich aber ins Roma-Quartier verirrt, wähnt sich in einem Entwicklungsland.

Wer verstehen will, wieso das Zürcher Sihlquai zum bekanntesten Strassenstrich der Schweiz werden konnte, wieso dort vor unser aller Augen Dutzende von Frauen zutiefst ausgebeutet werden konnten, wieso viele der betroffenen Frauen trotz allem schwiegen und von einer Anzeige gegen ihre Peiniger partout nichts wissen wollten, der muss nach Ostungarn reisen.

Wer verstehen will, der muss sich aber auch fragen, wieso Männer aus der ganzen Schweiz den Weg nach Zürich auf sich genommen haben für eine schnelle – und vor allem: billige – Nummer auf dem Rücksitz ihrer Autos oder in irgendeinem Hinterhof. Es ist ja nicht so, dass Mann nicht wissen konnte, dass hier Unrecht geschah. Dass diese Frauen auf brutalste Art und Weise ausgebeutet wurden.

Schliessung auf Druck der Anwohner

Die Stadt Zürich reagierte schliesslich. Das Silquai wurde geschlossen. Ein Strichplatz wurde eröffnet. Die Zustände auf dem Sihlquai waren unzumutbar, ja menschenverachtend. Grund genug für die Zürcher Politik, um entschieden zu intervenieren. Gleichzeitig ist es ein offenes Geheimnis, dass es keineswegs nur die blutjungen Frauen in Tangas bei Minustemperaturen waren, deren Schicksal die Behörden aktiv werden liessen. Es waren vor allem auch die Anwohner und der Quartierverein, die den nötigen Druck aufbauten.

Heute haben wir in Zürich einen Strichplatz mit Verrichtungsboxen. Problem also gelöst? Die Antwort der Stadtpolizei Zürich ist so klar wie ernüchternd: Nein. Was können wir also tun? Schwierige Frage.

Es ist nicht so, dass die Schweiz nichts täte. Die ostungarische Stadt Miskolc zum Beispiel haben wir im Rahmen unserer Kohäsionszahlungen mit über einer Million Franken unterstützt. Dieses Geld wurde verwendet, um Hochwasserrisiken zu minimieren. Das macht Sinn. Nur: Sind das wirklich die dringlichsten Probleme?

Miskolcer Roma flüchteten 2014 gleich busweise in die Schweiz, um in Vallorbe einen Asyl-Antrag zu deponieren. Dieser wurde indes nicht einmal geprüft, denn Ungarn ist ein EU-Land – valable Asylgründe sind darum a priori ausgeschlossen. Also wirklich alles nur «Schein-Asylanten»?

Unsere Recherchen in der Schweiz und in Ungarn zeigen: Die Probleme sind komplex – hier wie dort.

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