Kluge Texte zu grossen Melodien – das ist seit Jahrzehnten das Markenzeichen dieses Ausnahmestars der Unterhaltungskunst. Seine Karriere gleicht einer Rekordstatistik: Jürgens komponierte mehr als 1000 Songs, von denen etliche zu Superhits wurden. Er spielte mehr als 50 Alben ein und verkaufte mehr als 100 Millionen Tonträger. Aufhören wird der Jubilar erst, wenn das Schicksal es ihm weisen wird. Er sagte gegenüber «glanz & gloria» einst: «Ich werde mich niemals dem Publikum aufdrängen. Wenn ich spüre, dass die Leute mich nicht mehr hören wollen und keine Konzert-Tickets mehr gekauft werden, dann werde ich mich nicht aufdrängen.»
Durchbruch dank Eurovision Song Contest
Schon als Junge spielte der 1934 in Klagenfurt geborene Sohn der grossbürgerlichen deutsch-österreichischen Familie Bockelmann Mundharmonika und Akkordeon, bald auch Klavier. Doch beinahe wäre in der ungeliebten Hitlerjugend die Musikerkarriere des Udo Jürgen Bockelmann verhindert worden: Das junge Talent bekam eine so brutale Ohrfeige, dass seine Hörfähigkeit auf einer Seite vermindert wurde. Krieg und Nachkriegszeit seien auch für ihn bedrückende Jahre gewesen, berichtete Jürgens 2004 in seinem Bestseller «Der Mann mit dem Fagott». Damals entstand wohl schon jenes «unstillbare Harmoniebedürfnis», zu dem Jürgens sich stets bekannte.
Den internationalen Durchbruch ersang sich Jürgens 1966 bei seiner dritten Teilnahme am Eurovision Song Contest (damals noch: Grand Prix Eurovision) mit einem Lied, das auf der Liste seiner Evergreens weit oben steht: «Merci, Chérie».
Mit 66 Jahren, da fängt das Leben an
Udo Jürgens bei glanz & gloria
«Als Komponist und Textdichter ist es Udo Jürgens gelungen, unvergessliche Melodien mit mal heiteren, mal nachdenklichen und philosophischen Texten zu vereinen», hiess es in der Laudatio, als er 2014 in Berlin für sein Lebenswerk vom Musikrechteverwerter Gema geehrt wurde. Zur deutschen Hauptstadt hat der Star eine besondere Beziehung. Als 1989 die Mauer fiel und Ostdeutsche zu Zehntausenden nach West-Berlin strömten, war Jürgens gerade in Berlin. «Wir haben mehr als nur eine Träne zerdrückt, sind uns mit wildfremden Menschen in den Armen gelegen», berichtete er einige Jahre später. «Ich habe 5000 Mark genommen und den Leuten in die Tasche gesteckt, in Hundertern, ganz heimlich.»
Udo Jürgens will nichts von Ruhestand wissen
Lange danach erklärte Jürgens zur Begeisterung vieler Rentner: «Mit 66 Jahren, da fängt das Leben an. Mit 66 Jahren, da hat man Spass daran.» Doch selbst mit 80 ist für ihn an Ruhestand gar nicht zu denken. Kurz vor dem Geburtstag hat er ein neues Album veröffentlicht – mit dem leicht koketten Titel «Mitten im Leben». Mit seiner ab Oktober geplanten Tournee will Jürgens genau das schaffen, was schon seit Jahrzehnten das Ziel seiner Bühnenshows ist: «Die Menschen sollen den Konzertsaal glücklich verlassen.»
Udo Jürgens: Star mit charmantem Spleen
Mit dabei ist auch wieder ein weisser Bademantel: «Das ist eine Tradition geworden, die man auch als Marotte bezeichnen könnte.» Einst in Hamburg, bei seinem ersten abendfüllenden Konzert, wurde er immer wieder für Zugaben auf die Bühne gerufen. Schliesslich erschien er – zum Vergnügen des Publikums – im Bademantel. «Und heute ist es so», sagt Udo Jürgens schmunzelnd, «dass man von meinem Bademantel mehr spricht als von mir».