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Darauf sollten Arbeitnehmer achten
Aus Kassensturz vom 15.02.2011.
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Arbeit Darauf sollten Arbeitnehmer achten

Eine neue Stelle hängt oft von einem guten Arbeitszeugnis ab. Wahr und wohlwollend muss das Zeugnis formuliert sein. Was darf der Arbeitgeber schreiben? Und sind verklausulierte Formulierungen erlaubt? «Kassensturz» sagt, worauf Arbeitnehmer achten müssen.

Herr F. ist erfolgreicher Musiker. Neben Engagements in einem renomierten Orchester unterrichtet er Schüler jeden Alters in seiner Musikschule. Zum Beispiel den achtjährigen Lorenzo, der das italienische Lied «Azzurro» singt und sich selbst auf der Gitarre begleitet.

Plötzlich Probleme

Während rund 15 Jahre unterrichtete Herr F. in der Musikschule im Kanton Solothurn. Zufällig entdeckte er, dass sein Arbeitsvertrag verfälscht wurde und sein Lohn nicht stimmte. Vorher war immer alles fantastisch, sagt er, doch «als ich mich dagegen wehrte, gab es plötzlich Probleme, die es vorher nie gab». Er forderte vor Gericht über 100'000 Franken. Die Lohnnachforderungen erwiesen sich teilweise als berechtigt.

Die eigentliche Leistung wird nicht erwähnt

Sein Arbeitszeugnis erhielt der Musiker trotz mehrfachen Nachfragens erst zwei Jahre später. Mit unerfreulichem Inhalt. «Es ist ein Racheakt», ärgert sich Herr F., «man versucht hier, dem Musiklehrer eins auszuwischen.» Mit seinen Leistungen während 15 Jahren habe das Zeugnis nichts zu tun. «Ich habe solche tollen Sachen gemacht mit den Schülern. Ich habe über 10‘000 Musikstunden gegeben, über hundert Schüler unterrichtet und Vortragsübungen präsentiert.»

Zeugnis viel zu kurz

Roger Rudolph ist Anwalt für Arbeitsrecht. Für «Kassensturz» beurteilt der Experte das Arbeitszeugnis. Dieses Zeugnis habe viele Mängel, sagt der Rechtsexperte, der Musiklehrer wehre sich zu Recht.

«Es fällt insbesondere auf, dass das Zeugnis für eine Beschäftigungsdauer von doch immerhin 14 Jahren sehr kurz gehalten ist, und es hat auch sonst verschiedene Formulierungen, die für ein Zeugnis sehr aussergewöhnlich sind.» Was sicher in ein Zeugnis müsste, erklärt der Anwalt, sei eine Verhaltensbeurteilung. «Im Moment fehlt komplett eine Beurteilung des Verhaltens gegenüber seinen Vorgesetzten und Mitarbeitern.» Dann gehöre nicht in ein Zeugnis, dass Herr F. freigestellt worden sei: «Daraus kann man ableiten, dass ihm gekündigt worden ist, und das gehört unter normalen Umständen nicht in ein Zeugnis.»

Gemeinde steht dahinter

Verantwortlich für das Zeugnis ist der Gemeindepräsident der Gemeinde. Er bestreitet, dass die Gemeinde dem Musiklehrer wegen der Lohnstreitigkeiten gekündigt habe. Der Lehrer sei gegen Ende der Anstellung zunehmend unzuverlässig gewesen. Der Präsident gibt zu, dass er das Zeugnis zu spät ausgestellt habe. Doch ändern wolle er es nicht. «Wir stehen nach wie vor hinter dem Arbeitszeugnis, denn es steht nichts Falsches drin.» Es sei zwar knapp gehalten, doch aus Sicht der Gemeinde vollständig, und vor allem richtig und korrekt.

Bis heute keine Reaktion

Auf die Zeugnis-Einsprache vor einem Jahr erhielt der Lehrer bis heute keine Reaktion von der Gemeinde. Fair findet der Musiker das nicht.

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