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«Ganz tierisch» Alles andere als tiergerecht

Haustiere haben das Recht, artgerecht gehalten zu werden. Doch selbst Fachgeschäfte verkaufen schlechte Käfige. Mit einigen machen sich die Halter sogar strafbar. «Kassensturz» fragt, wie so etwas möglich ist, und sagt, was Tierhalter wissen müssen.

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Amazonen, Graupapageien, Kakadus und Sittiche: Die zahlreichen exotischen Vögel in der Auffangstation im thurgauischen Matzingen klettern, nagen, spielen und kommunizieren viel und gerne. 

Verwaiste Tiere finden hier bei Tierpflegerin Cathrin Zimmermann ein neues Zuhause und vor allem viele neue Kollegen. Wenn sie nicht miteinander auskommen, können sie sich problemlos aus dem Weg gehen. Für Vogelexpertin Zimmermann ist ein grosszügiges Gehege unabdingbar: «Diese Vögel legen in der Natur auf Nahrungssuche unzählige Kilometer zurück.» Es sei das Mindeste, dass man ihnen ermögliche, wenigstens ein paar Flügelschläge zu machen.

Papageien ohne Beschäftigung

Nicht immer hatten es diese Vögel so gut. Die ersten Jahrzehnte ihres Lebens vegetierten sie oft allein in viel zu kleinen Käfigen vor sich hin. In die Auffangstation brachten die Besitzer sie mitsamt ihren alten Behausungen. Tierpflegerin Zimmermann zeigt einen kleinen, aber handelsüblichen Graupapageienkäfig. Darin hatten die Bewohner kaum Beschäftigungsmöglichkeiten. Nur zwei Hartholzäste, die sie nicht mal benagen konnten. «Irgendwann wurden die Tiere aggressiv und gingen auf die Besitzer los», sagt Zimmermann.

Bedenkliches Angebot

Schweizer Tierhalter geben jährlich rund 700 Millionen Franken aus für Käfige, Futter und Zubehör. Was die Haltung betrifft, gelten hierzulande seit über zwei Jahren neue gesetzliche Vorschriften. Paarhaltung, Grösse der Gehege, aber auch Einstreutiefe und Käfigstruktur sind vorgeschrieben. Zusammen mit Heimtierexpertin Eva Waiblinger vom Schweizer Tierschutz nahm «Kassensturz» das Angebot im Grossfachhandel unter die Lupe: Entsprechen die Käfige den gesetzlichen Mindestmassen? Werden sie für die richtige Tierart empfohlen?

Das Angebot der bedeutendsten Zoofachhändler ist teilweise bedenklich. Das zeigen Beispiele aus der grössten Schweizer Zoofachhandlung Qualipet: Der Käfig «Duna Multy» wird gemäss Katalog auch für Meerschweinchen empfohlen. Für diese Tiere müsse man aber laut Gesetz mindestens das Doppelte vorsehen, erklärt Zoologin Waiblinger. Im Katalog, der im Qualipet aufliegt, findet sie ein weiteres extremes Beispiel: Angegeben wird, dass ein bestimmter Käfig für Aras geeignet sei. «Doch dieser Käfig hat nur einen einzigen Quadratmeter Grundfläche», sagt Waiblinger. «Das ist nur ein Zehntel des gesetzlich vorgeschriebenen Mindestmasses.»

Strafbare Haltung

Enge Platzverhältnisse: Die Kantonstierärztin musste einschreiten
Legende: Enge Platzverhältnisse: Die Kantonstierärztin musste einschreiten SRF

Zu kleine Käfige. Die Zürcher Kantonstierärztin Regula Vogel sagt, wer Tiere so halte, mache sich strafbar. Die Tierärztin zeigt «Kassensturz» Fotos von Käfighaltungen, bei denen sie einschreiten musste. «Bei Vögeln und Nagern ist nach wie vor die Einzelhaltung ein Problem; aber auch immer wieder zu kleine Käfige. Oder die Besitzer stellen die Tiere in kleinen ungeeigneten Behausungen auf den Balkon.» Dort hätten sie dann zu heiss oder zu kalt. Die Kantonstierärztin betont, dass die Mindestmasse noch keine artgerechte Haltung bedeuten: «Man sollte in der Heimtierhaltung eigentlich gar nie in den Bereich kommen, wo man von Mindestnormen reden muss.»

Unbrauchbare Käfige

Tierschutzexpertin Eva Waiblinger fand sogar einige Käfige im Fachhandel, die für keine Tiere zulässig sind. Absurd: Sie dürfen zwar verkauft werden, aber der Käufer macht sich strafbar, wenn er zuhause Tiere darin hält. Das trifft auf zwei Vogelkäfige zu, auf einen aus dem Fressnapf und einen von Qualipet. Beide haben etwa eine Grundfläche von 1700 Quadratzentimetern. Das gesetzliche Minimum für die kleinsten Vögel beträgt aber 2400 Quadratzentimeter.

Anbindekette für Papageien

Nicht alle Tierkäfige im Angebot sind für die Haltung Zuhause erlaubt
Legende: Nicht alle Tierkäfige im Angebot sind für die Haltung Zuhause erlaubt SRF

Der im Qualipet erhältliche Käfig-Spezialkatalog stammt vom grössten Schweizer Käfiglieferanten, der Delphin-Amazonia AG. Darin bietet der Lieferant einige Käfige an, die für keine Haustiere in der Schweiz zugelassen sind. Und immer wieder findet man auf den Käfigen falsche Tiersymbole. Für mehrere abgebildete Tiere sind die entsprechenden Käfige in der Schweiz nicht erlaubt. Ein besonders fragwürdiges Angebot ist ein Papageienstand mit einer Anbindekette. Denn es ist in der Schweiz verboten, Vögel dauerhaft anzubinden. Der neue Katalog werde allen gesetzlichen Vorschriften entsprechen, verspricht der Lieferant Delphin-Amazonia AG, nachdem «Kassensturz» die Firma mit der Kritik konfrontiert hat.

Sortiment in Zukunft gesetzeskonform

Qualipet-Geschäftsführer Rolf Boffa hat sich bisher auf die Angaben seines Lieferanten verlassen. Ausserdem behauptet er, die kleinen Käfige seien auch darum im Angebot, weil viele Kunden sie für den Transport der Tiere bräuchten. «Die Käfige, die den Tierschutzbestimmungen nicht entsprechen, haben wir aus unserem Internetangebot entfernt, und in den Läden sind zu kleine Käfige als Transportkäfige deklariert.» Auch der zweitgrösste Zoohändler Fressnapf will nun sein Sortiment anpassen und zu kleine Käfige deutlich als Transportkäfige deklarieren.

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