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Gesundheit Apotheken: Hokuspokus mit nutzlosen Mittelchen

Im Angebot haben sie Fusspflaster zum Entgiften, Quellmittel zum Schlankwerden oder Halsbänder als Energiespender. Alles Quatsch, sagen Wissenschafter. «Kassensturz» über Apotheker, die das Vertrauen ihrer Kunden ausnutzen.

Leute, die beim Apotheker einkaufen, vertrauen der Fachkompetenz des schulmedizinisch ausgebildeten Mannes. Die meisten wissen aber nicht, dass einem der Apotheker auch nutzlose Mittelchen andrehen darf.

Teuer und nutzlos

Bahnhof-Apotheke im Zürcher Hauptbahnhof: Die stellvertretende Geschäftsführerin Maria Neuhäusler führt die Paya-Tabletten zum Abnehmen im Sortiment. Das Schächtelchen kostet stolze 40 Franken – Paya ist ein Dauerbrenner. Ist die Wirkung wissenschaftlich bewiesen? «Das wirkt sicher im Moment, so dass man bei einer Mahlzeit weniger isst. Auf die Länge ist es aber die Idee, dass man die Ernährung umstellt und so das Gewicht behalten kann», sagt Apothekerin Neuhäusler.

Die Pillen aus Nahrungsfasern sollen laut Packungsprospekt im Magen aufs 200fache aufquellen und so weniger Platz für kalorienhaltiges Essen lassen. Das tönt einleuchtend.

Jedoch: Die empfohlene Ration von vier Pillen quillt in Tat und Wahrheit zu einer schleimigen Masse von gerade mal einem halben Deziliter auf.

Solche Quellmittel sind teuer und nutzlos, bestätigt Diät-Experte David Infanger vom Stoffwechselzentrum der Klinik Hirslanden. Er sagt: «Ein Magen hat 1,2 bis 2 Liter Inhalt. Das geringe Volumen des Quellmittels führt nur zu einem vernachlässigbaren Sättigungseffekt.»

Die Paya-Pillen zum Abnehmen sind wirkungslos. Das wissen Ernährungs-Fachleute schon lange. Trotzdem machen die Apotheker damit ein gutes Geschäft.

«Faszinierende Wirkung»

Auch ShuiSana-Entschlackungspflaster versprechen viel: An die Füsse geklebt, würden sie über Nacht Gift- und Schlackstoffe aus dem Körper ziehen. Im Packungsprospekt ist mehrfach von giftigen Stoffen die Rede, die mit Hilfe der Pflaster ausgeschieden würden.

Im Praxistest verfärbt sich schon nach kurzer Zeit das Pflaster braun. «Das sind also die Gifte und Schlacken», denkt sich die Anwenderin. Im Packungsprospekt steht’s ja: Die braune Farbe sei der Beweis für die «faszinierende Wirkung». Hugo Kupferschmidt ist Direktor des Tox-Zentrums in Zürich. Er sagt, die Entschlackungspflaster seien wirkungslos. «Die Haut an den Fusssohlen ist zu dick und die Substanzen bewegen sich nicht aus dem ganzen Körper in die Füsse, nur weil dort das Pflaster klebt», sagt Kupferschmidt.

Warum verfärbt sich denn das Pflaster? Ganz einfach: durch die Feuchtigkeit. «Kassensturz» klebt ein befeuchtetes ShuiSana-Pflaster an eine saubere Vase – nach kurzer Zeit ist es braun und stinkig.

Gebiet der Scharlatanerie

Unzählige Apotheker verkaufen die wirkungslosen ShuiSana-Pflaster für fast 100 Franken pro Packung. Doch kaum einer will über diese Geschäftemacherei reden. Nur Maria Neuhäusler ist bereit, vor der Kamera Stellung zu nehmen. Sie sagt, jeder könne selber entscheiden, ob er das braucht. Würde die Apothekerin die Pflaster empfehlen? «Nein, weil ich schulmedizinisch gebildet und geprägt bin, aber ich würde nie urteilen», fügt Neuhäusler an.

Wirkungslose Entschlackungspflaster, nutzlose Diätpillen – Pharma-Kritiker Etzel Gysling stellt fest: Apotheker verkaufen immer mehr unseriöse Produkte. «Die Problematik dieser Produkte ist ja, dass sie keine wissenschaftlich nachgewiesene Wirksamkeit haben und eben auch keine Wahrscheinlichkeit, dass sie etwas nützen. Und das ist eigentlich seit jeher das Gebiet der Scharlatanerie.»

Apotheker verdienen Millionen mit teuren Wellnessprodukten: Darfs ein Koffein-Shampoo gegen Haarausfall sein, ein Fettverbrenner-Pulver, ein Schnarch-Gel oder vielleicht eines der magischen Titan-Armbänder? 600 Verkaufsstellen bieten Plastik-Armbänder der Marke Phiten an – für bis zu 189 Franken das Stück. «Kassensturz» hat im letzten September darüber berichtet. Die Anbieter behaupten, mikroskopisch kleine Titankügelchen in den Plastikbändern würden den Menschen Energie geben. Das ist Unsinn.

Nicht aussagekräftig

Viele Apotheker bieten derzeit auch Haaranalysen für jedermann an. Kosten: 210 Franken. Im Prospekt schreibt das Labor Ortho Analytic, Mineralstoffmängel und Schwermetall-Belastungen könnten zu vielen Krankheiten führen. Diese gelte es früh zu erkennen. Das Labor empfiehlt, die Mängel mit den teuren Produkten von Burgerstein zu behandeln.

Medizinern ist die Haarmineralanalyse aber zu wenig aussagekräftig. Ein Mangel in den Haaren bedeute noch lange nicht einen Mangel im Körper, sagt Ernährungsmediziner John van Limburg Stirum. Für ihn ist klar: «Eine Therapieempfehlung ohne Kenntnis des Patienten nur aufgrund einer Haarmineralanalyse ist nicht statthaft.»

Auf Erfahrung gestützt

Apotheker Martin Hofstetter aus Hombrechtikon schickt zweimal die Woche Haare von Kunden zu Ortho Analytic. So liessen sich Krankheiten wie Diabetes oder Ostheoporose vorzeitig erkennen und behandeln, sagt er – der wissenschaftliche Beweis fehlt, doch der Apotheker zählt auf seine eigene Erfahrung. Martin Hofstetter: «Alle Leute zeigen eine Verbesserung der Symptomatik.»

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