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Konsum Bio-Produkte: Wie Preise hochgehalten werden

Ob Rüebli, Milch oder Eier: Für Bio-Produkte müssen die Konsumenten viel mehr Geld bezahlen als für konventionell hergestellte Lebensmittel. Die Preisunterschiede sind laut den neusten Zahlen gewaltig. «Kassensturz» zeigt, wie Detailhändler und Bio-Bauern den Wettbewerb behindern.

Im Berner Seeland baut Ernst Maurer seit 1977 Gemüse biologisch an. Sein Betrieb mit 30 Mitarbeitern produziert jährlich mehrere Hundert Tonnen Bio-Gemüse. Das Gemüse produziert der Betrieb nach den strengen Richtlinien von Bio Suisse, dem Dachverband der Schweizer Bio-Bauern. Für Bio Produkte erhalten die Produzenten mehr Geld als für konventionell angebautes Gemüse. Die Bio-Produktion schont die Umwelt, Bio-Bauern haben aber einen höheren Aufwand. Konsumenten sind bereit, für Bio höhere Preise zu bezahlen.

Knospe drin, aber nicht drauf

Das Bio-Geschäft floriert: Letztes Jahr wurden Bio-Produkte für 1,5 Milliarden Franken verkauft – 50 Prozent davon von Marktführer Coop. Wie auch Volg oder Spar verwendet Coop die Knospe von Bio Suisse. Dieses bekannte Label steht für hohe Bio-Qualität. Bio-Produkte sind teurer als konventionelle. Die Preisunterschiede sind oftmals viel grösser als die Beträge, welche die Bio-Bauern zusätzlich erhalten.

«Kassensturz» macht bei Coop den Preisvergleich zwischen Bio und konventionellen Lebensmitteln. 100 Gramm konventioneller Nüsslisalat kostet 3.73 Franken, Bio-Nüsslisalat 4.95 Franken, das sind 33 Prozent mehr. Bei Rüebli beträgt die Differenz 51 Prozent. Bio-Zwiebeln kosten gar 129 Prozent mehr. Für Bio-Eier verlangt Coop 15 Prozent mehr. Grosse Preisunterschiede auch bei Milchprodukten: Bio-Nature-Joghurt ist 75 Prozent teurer. Ein neuer Vergleich der Westschweizer Konsumentenorganisation FRC zeigt: Ein Warenkorb mit 44 Bio-Produkten kostet bei Coop und Migros 68 Prozent mehr als der konventionelle Warenkorb.

Auch Discounter wie Lidl bieten ihren Kunden Bio-Produkte an. Doch im Lidl sucht man die Knospe vergeblich – obwohl auch die Lidl-Lieferanten nach den Knospen-Richtlinien von Bio Suisse produzieren. Lidl verkauft die Produkte unter seinem Label Biotrend. In den Schweizer Bio-Produkten von Lidl, im Bereich Früchte und Gemüse, sei die Knospe drin, dürfe aber nicht drauf stehen, erklärt Paloma Martino von Lidl. Bio Suisse verbiete das. «Wir bedauern diesen Entscheid», sagt Martino. Keine Knospe auch bei Discounter Aldi. Aldi verkauft seine Schweizer-Bio-Produkte unter dem Label Natur aktiv – obwohl auch das Aldi-Gemüse von Bio-Bauern gemäss Knospen-Richtlinien produziert wird.

Marktbehinderung kritisiert

Der Grund: Bio Suisse hat letztes Jahr entschieden, dass Discounter ihre Bio-Produkte nicht mit der Knospe auszeichnen dürfen. Wichtige Bio-Suisse-Partner wie Coop werden so von der Discount-Konkurrenz geschützt. Diese Marktbehinderung für Discounter stösst bei einigen Bio-Suisse-Mitgliedern auf Kritik. Bio-Bauer Ernst Maurer liefert sein Gemüse zwar nicht an Discounter. Dennoch kritisiert er, dass die Kunden der Discounter keine Frischprodukte mit Knospen-Logo kaufen können. Bauer Ernst Maurer: «Wenn man etwas nach der Richtlinie der Knospe produziert, soll man es auch so vermarkten können.»

Rund 5700 Bio-Produzenten sind Mitglied beim Dachverband Bio Suisse. Der Verband wacht über das Knospen-Label. Geschäftsführer Stefan Flückiger rechtfertigt den umstrittenen Entscheid: «Discounter definieren sich in der Regel über den Tiefpreis. Und das passt nicht zu der Knospe.» Bio Suisse wolle nicht, dass ein Preiskampf entstehe. Dieser Preiskampf schade schlussendlich der Knospe und sicher auch den Produzenten.

So erschwert die Bio-Branche Preisvergleiche. Beispiel: Ein Kilo Bio-Rüebli, nach Knospe-Richtlinien produziert, kostet bei Aldi und Lidl 2.49 Franken. Preis im Coop: 3.40 Franken. Migros verkauft die Bio-Rüebli zu 3.60 Franken – 45 Prozent teurer als die Discounter. Diese bezahlen den Produzenten gleich viel. Das heisst: Die Marge der Grossverteiler ist grösser.

Der Labelsalat gedeiht weiter

Das Nachsehen hätten die Konsumenten, sagt Wirtschaftsprofessor Reiner Eichenberger von der Universität Freiburg. Der Entscheid von Bio Suisse behindere den Preiswettbewerb zwischen Detailhändlern wie Coop und den Discountern. Direkte Preisvergleiche würden durch die Verwendung unterschiedlicher Label verunmöglicht. «Wenn Konsumenten sehen, dass das nicht die genau gleichen Label sind, gibt es natürlich einen viel kleineren Druck auf die Detailhändler, wirklich die Preise zu senken», stellt Eichenberger fest.

So bleibt Bio für Detailhändler wie Coop ein gutes Geschäft. Der Bio-Marktleader betont: Die Differenz zu konventionellen Produkten betrage über das ganze Sortiment gerechnet zwischen 10 und 30 Prozent. Christian Guggisberg, Leiter Beschaffung Food bei Coop, sagt, die Preisunterschiede würden laufend kleiner. «Ich glaube, es gibt einen Bio-Wettbewerb und die Harddiscounter, die in den Bio-Markt eingestiegen sind, haben einen weiteren Wettbewerb ausgelöst.»

Doch die Discount-Behinderung im Bio-Bereich bleibt umstritten, auch bei Produzenten. Die Molkerei Forster in Herisau stellt für Lidl konventionelle und Bio-Joghurts her. Die Molkerei profitiert von einer Ausnahme: Da ihre Bio-Joghurts markenrechtlich geschützt sind, darf Geschäftsführer und Inhaber Markus Forster Lidl seine Joghurts weiterhin mit Knospen-Logo liefern. Er kritisiert Bio Suisse, dass es in ihrem Interesse liegen müsste, nur ein Label statt 20 verschiedene zu haben. «Und jetzt ist die Möglichkeit da, dass einfach alle nochmals ein Label kreieren und nochmals etwas andere Auflagen haben.» Damit könne der Konsument letztlich auch getäuscht werden.

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