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Multimedia Daten-Gier: Wie Google Schweizer ausspioniert

Google betreibt mittlerweile rund 70 Internet-Dienste. Was viele nicht wissen: Google ist der eifrigste Datensammler der Welt. «Kassensturz» deckt auf: Viele Schweizer Websites liefern Daten an Google, ohne es zu deklarieren. Ein Experte sagt, wie Internet-User ihre Privatsphäre schützen können.

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Millionen von Menschen nutzen Google. Pro Stunde erreichen den Internetkonzern zig Millionen Suchabfragen. Google sagt den Nutzern, auf welchen Internetseiten sie die Information finden, die sie suchen. Google speichert neben den Suchanfragen auch die Internetadresse, die sogenannte IP-Nummer. Mit den gespeicherten Daten verdient der Konzern Milliarden. Denn Google kennt die individuellen Interessen, Lebensumstände und intimsten Probleme und kann für jeden Internetnutzer gezielt Werbung schalten. Alle Daten speichert Google neun Monate lang.

Rund 70 Google-Dienste

Google sei weltweit der grösste private Datensammler, sagt ETH-Informatikingenieur Thomas Heinis, Spezialist für Datensammlungen im Netz. Denn nicht nur die Suchmaschine liefere Daten, sondern auch die rund 70, oft personalisierten Dienste, die Google mittlerweile anbietet. Thomas Heinis: «Google hat das Potential, die Daten zusammenzuführen und die anonymen Benutzerprofile mit Personen in Verbindung zu bringen».

Wer sich bei Google anmeldet, der kann sein Leben mit Google organisieren. Google bietet Speicherplatz für private Texte, Fotos und andere Dokumente – alles ist gratis. Dafür bekommt Google seine Daten. Der Google-Kalender verwaltet die persönlichen Termine, Google-Mail die Kommunikation mit Freunden und Geschäftspartnern. Google verdient damit: Wer etwa über Urlaubspläne schreibt, der findet gleich neben dem Mail die passende Werbung.

Datenstrom nach Übersee

Und das funktioniert so: Google scannt jedes Mail, das man schreibt oder empfängt, nach Schlüsselbegriffen. Ausschließlich um gezielte Werbung zu platzieren, betont das Unternehmen. Würde Google die Daten ihrer verschiedenen Dienste verknüpfen, wären auf den Servern von Google detaillierte Personenprofile von Millionen von Google-Benutzern. Mit exakten Informationen zu Person, politischer Einstellung, sexuellen Präferenzen, Krankheiten und so weiter. Bisher ist kein Fall bekannt, dass Google dies tatsächlich gemacht hätte.

Trotzdem ist der eidgenössische Datenschützer Hanspeter Thür beunruhigt, denn alle Daten wandern direkt in die USA – aus Datenschutzsicht eine Zeitbome. Bekanntlich habe Amerika keinen vergleichbaren Datenschutz wie beispielsweise Europa oder die Schweiz. Die US-Regierung versuche immer wieder, im Rahmen der Terrorismusbekämpfung auf die Daten Zugriff zu nehmen. Hanspeter Thür: «Die Tatsache, dass diese Datenbestände in den USA lagern, ist aus meiner Sicht ein beträchtliches Risiko.»

«Chinesische Mauern»

Das musste auch Swift, das Kommunikationsnetzwerk der Banken, erfahren. Swift übermittelt die Überweisungsdaten zwischen rund 8000 Banken aus über 200 Staaten. Alle Daten werden automatisch zweifach gespeichert – einmal in Europa und einmal in Amerika. Thomas Ramadan, Chef von Swift Schweiz bestätigt, dass die zusätzliche Speicherung der Daten in den USA problematisch ist. Im Rahmen der Terrorbekämpfung zwang die USA Swift, Kundendaten herauszugeben. Das war nur möglich, weil alle Daten auf Servern in den USA gespeichert werden.

Google beruhigt: Mit den USA bestünde ein Abkommen. Die Daten in den USA seien gleich sicher wie in Europa. Zur Problematik der Verknüpfung von Daten verschiedener Dienste schreibt Google: «Es gibt eindeutige Trennungen zwischen den einzelnen Diensten. Sozusagen chinesische Mauern. Die sicherlich wichtigste steht zwischen den Suchanfragen und den personalisierten Diensten. Suchanfragen können so nicht einer Person zugeordnet werden.»

Immer persönlicher

Fakt ist: Google erklärtes Ziel ist es, immer mehr Daten der Nutzer noch exakter zu verwerten. Mit dem Wissen über seine Nutzer, will Google künftig die persönlichsten Fragen beantworten können. Und zwar genauer als Eltern, Freunde oder Fachleute. Google soll immer die einzig richtige Antwort kennen, beschreibt Google-Chef Eric Schmidt seine Vision in einem YouTube-Video.

Doch auch Internetnutzer, die komplett auf die Dienste von Google verzichten, müssen damit rechnen, von Google erfasst und gespeichert zu werden. Der Grund: Google Analytics. Exklusiv für «Kassensturz» sucht Thomas Heinis im Netz nach Websites, die Google Analytics verwenden. Dieses Programm stellt Google Websitebetreibern gratis zur Verfügung. Mit Google Analytics erfahren die Firmen, wie ihre Seite genutzt wird. Das Programm registriert, wie sich die Besucher einer Website bewegen, was sie interessiert, was sie anklicken. Der Preis für diesen Gratis-Service: Die Daten werden automatisch an Google weitergeleitet.

Fehlende Deklaration

Ein Drittel aller Websites, die Thomas Heinis analysiert hat, benutzen Google Analytics. Die Auswertung zeigt, dass Firmen wie die Migros oder Allianz Suisse Google Analytics verwenden. Aber auch Websites mit sensiblerem Inhalt wie die Suchtprävention im Kanton Zürich oder die Aidshilfe Schweiz. Die Parteien FDP und SP nutzen Google Analytics ebenso wie Sozialversicherungen und sogar Polizeikorps. Sie alle geben Daten ihrer Nutzer an Google weiter – ohne dies auf der Website zu deklarieren. Für Informatiker Heinis ist das problematisch: «Der Benutzer ist sich beim Aufruf der Seite nicht bewusst, dass die Daten auch zu Google gelangen.»

Die Nutzer müssen von den Websitebetreibern über die Weitergabe der Daten an Google informiert werden. So verlangt es das Gesetz, sagt Datenschützer Hanspeter Thür: «Wer mit Google Analytics arbeitet, muss seine Websitebesucher darüber informieren, dass Die Daten erstens ausgewertet und zweitens in die USA übermittelt werden.» Die erwähnten Internetseitenbetreiber wollen das nun tun oder haben es schon getan, wie sie «Kassensturz» mitteilen.

Google, das sympathische Unternehmen mit dem Ziel, optimale Suchergebnisse im Internet zu ermöglichen, ist zum Datenschutzproblem für 500 Millionen Google-Nutzer geworden.

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