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Mangelernährt ins Spital – Aufpäppeln verringert Komplikationen
Aus Puls vom 06.05.2019.
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Ernährung im Spital Extrakalorien retten Leben

Mangelernährung führt zu mehr Komplikationen und erhöhter Mortalität. Dem kann man entgegenwirken, zeigt eine Studie.

Für einmal darf es vollfett, extra Rahm und extra Käse sein. Und das erst noch verordnet von Ernährungsexperten. Denn sie wissen nun: Extrakalorien können einen entscheidenden Unterschied im Krankheitsverlauf machen bei Patienten, die ein erhöhtes Risiko für Mangelernährung haben.

Dass eine Mangelernährung ein wichtiger Risikofaktor ist während dem Krankheitsverlauf eines Patienten oder einer Patientin, weiss man eigentlich schon lange. Sie führt zu mehr Komplikationen und einer höheren Mortalität.

Doch ob sich dieser Faktor auch durch gezielte Ernährungsmassnahmen beeinflussen lässt, wurde bisher nicht untersucht.

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Philipp Schütz untersuchte mit seinem Team, wie sehr die angereicherten Menüs den Krankheitsverlauf beeinflussen.
Aus Puls vom 06.05.2019.
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Philipp Schütz, Chefarzt für Allgemeine Innere und Notfallmedizin am Kantonsspital Aarau, füllt mit seinem Forschungsteam nun diese Wissenslücke. Über vier Jahre hinweg begleitete das Team, in Zusammenarbeit mit sieben weiteren Spitälern, über 2000 Patienten und untersuchten ihren Krankheitsverlauf. Die eine Hälfte der Patienten wurde mit einem individuell abgestimmten Ernährungsplan ausgestattet, während die andere Hälfte das normale Spitalessen zu sich nahm.

Die Resultate zeigten klar: Eine gezielte Ernährung von mangelernährten Patienten führt zu weniger Komplikationen und einer reduzierten Mortalität.

Phillip Schütz berechnet, dass sich allein am Kantonsspital Aarau rund 100 Komplikationen und etwa 50 vorzeitige Todesfälle verhindern liessen – pro Jahr.

Mangelernährung erkennen

Die Patienten, die von diesen zusätzlichen Kalorien profitieren können, müssen jedoch erst einmal ausfindig gemacht werden. So geht es in einem ersten Schritt darum, gefährdete Patienten bei Spitaleintritt zu erkennen. Dies ist Aufgabe der Pflege.

Mit einer Screening-Software werden zwei bis drei Fragen zu Gewicht, Appetit und der Art der Erkrankung gestellt. Daraus ermittelt das System, ob ein erhöhtes Risiko für eine Mangelernährung besteht. Ist dies der Fall, schlägt das Programm Alarm und die spitalinterne Ernährungsberatung wird informiert. Diese stellt dann einen massgeschneiderten Ernährungsplan zusammen.

Dass Patienten beim Spitaleintritt per Screening befragt werden und anschliessenden Ernährungsmassnahmen eintreten, ist dabei nicht neu. Peter Ballmer, Ernährungsexperte und ehemaliger Chefarzt am Kantonsspital Winterthur führte das sogenannte «Nutritional Risk Screening» dort vor über zehn Jahren ein. Seither wird es nun in fast allen Abteilungen genutzt.

Die neuen Studienergebnisse lassen für ihn nun keinen Spielraum mehr offen. So sollen die Resultate der Studie aus dem Kantonsspital Aarau nun zur Folge haben, dass Spitaldirektoren, Gesundheitsdirektoren sowie auch das Bundesamt für Gesundheit reagieren und den Nutrition Risk Score schweizweit einführen.

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«In der Schweiz gibt es noch viele Spitäler, die das Screening nicht oder nur inkonsequent machen.»
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Eine organisatorische Herausforderung

Doch die Ernährungsmassnahmen sind aufwändig: Die Pflege schreibt zum Beispiel für jeden Risikopatienten ein Tellerprotokoll.

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Tellerprotokoll im Kantonsspital Aarau: Wenn ein Patient nicht alles aufisst, muss dies nun festgehalten werden und dem Behandlungsteam mittgeteilt werden.
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So gibt das Universitätsspital Zürich die Auskunft, dass man sich der Bedeutung der Studienresultate bewusst sei. Die Umsetzung sei jedoch eine organisatorische Herausforderung. Darum: Bis alle Spitäler in der Schweiz so weit sind, wird es vermutlich noch ein wenig Zeit brauchen.

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