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Wunden löten statt nähen dank Nanopartikeln
Aus Wissenschaftsmagazin vom 20.01.2024. Bild: Empa
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Gewebe löten ohne Hitze Nanopartikel heilen Wunden

Kleine Wunden schliesst der Körper selbst. Für grössere braucht es Nadel und Faden – oder Nanopartikel und Laserstrahlen.

Wunden löten statt nähen. Klingt abenteuerlich – und ziemlich clever. Denn nach Operationen an inneren Organen oder empfindlichem Gewebe passiert es nicht selten, dass Nähte sich öffnen und durchlässig werden. Mit lebensbedrohlichen Folgen.

Eine Lötnaht wäre zuverlässiger. Da gibt es keine undichten Stellen zwischen Nadelstichen. Doch wie löten, ohne zu verletzen? Denn Gewebe reagiert empfindlich auf Hitze. Wir alle wissen es.

Gewebe löten ohne Hitze

Forschende der Empa und der ETH Zürich haben nun ein Lötverfahren entwickelt, das bei verträglichen Temperaturen zusammenfügt, was zusammengehört. Als «Lötkolben» dient Laserlicht und als Lot beziehungsweise Lötmittel eine Eiweiss-Gelatine-Paste. Diese Paste enthält Nanopartikel –- und zwar Metall- und Keramik-Nanopartikel.

Die Eiweiss-Gelatine-Paste ist der eigentliche Kleber. Während die Nanopartikel fürs Temperaturmanagement zuständig sind. Die Metall-Nanopartikel – in diesem Fall aus Titannitrid – die wandeln das Laserlicht in Wärme um. Und die Keramik-Nanopartikel – das sind speziell entwickelte Bismut-Vanadat-Partikel – die können das Laserlicht abstrahlen, wenn es zu heiss wird.

Gelötete Wundnähte halten dicht

Mit dieser Technik lassen sich Wunden nicht nur gewebeschonend löten. Tests im Labor haben gezeigt, dass Wunden an inneren Organen wie der Leber oder der Bauchspeicheldrüse und an empfindlichen Geweben wie der Harnröhre, der Eileiter oder des Darms auch schnell und dicht verschlossen werden können.

Wundheilung ist ein sehr komplexer Vorgang. Ein Zusammenspiel von Zellen, den Stoffen zwischen den Zellen und biochemischen Prozessen, die Signale weiterleiten. Infektionen und Entzündungen oder mangelnde Durchblutung führen oft zu Komplikationen.

Nanopartikel sind die Wundheiler der Zukunft

Da gilt die Nanotechnologie als die Methode der Zukunft. Nanomaterialien können Prozesse auf der zellulären und molekularen Ebene kontrollieren, lokal antimikrobiell wirken, anhaltend und gezielt Medikamente freisetzen, Entzündungen stoppen, die Zellteilung anregen, die Bildung von Blutgefässen boosten und so den Heilungsprozess beschleunigen.

Nanopartikel – kleinste Teilchen, vielseitige Wirkung

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Nanopartikel können die Wundheilung mit unterschiedlichsten Eigenschaften unterstützen:

Metallische Nanomaterialien wie Silber-, Gold- oder Zinkoxid-Nanopartikel zeigen eine aussergewöhnliche antibakterielle Wirkung gegen eine Vielfalt von Krankheitserregern. Polymere Nanopartikel wie Hydrogele und Nanofasern unterstützen die Geweberegeneration. Sie dienen Zellen als Gerüst, damit diese sich anhaften, wandern und teilen können. Nanopartikel, die auf Lipiden basieren, können Arzneimittel direkt an der Wunde über eine längere Zeit regelmässig abgeben. Anorganische Nanomaterialien aus Kalziumphosphat oder Kieselsäure kurbeln die Bildung von Blutgefässen und die Zellteilung an und fördern so die Geweberegenration und Wundheilung.

Es gibt viele und vielseitige Forschungsansätze in der Wundheilung mit Nanopartikeln. Dabei geht es auch um unerwünschte Nebenwirkungen. Denn Nanopartikel haben auch Eigenschaften, die schaden können. Es geht in der Forschung also auch um Fragen der Sicherheit und der möglichen Toxizität von Nanopartikeln. Und auch um Fragen der Kosteneffizienz künftiger Therapien.

Die Forschenden der Empa und der ETH Zürich setzen diese Miniteilchen jetzt erstmal als Heizung und als Thermometer beim Löten von Wunden ein. Und sie sind sich offenbar ziemlich sicher, dass daraus in der Praxis was wird. Sie haben ihr Verfahren jedenfalls bereits zur Patentierung angemeldet.

Wissenschaftsmagazin, 20.01.2024, 12:40 Uhr

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