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Mensch Homo Erectus allein auf weiter Flur

Schweizer Forscher schreiben den menschlichen Stammbaum neu. Im US-Fachmagazin Science reduzieren sie die Ahnengalerie des modernen Menschen drastisch – auf noch genau eine Frühmenschenart.

Vor rund zwei Millionen Jahren entwickelten sich die ersten Frühmenschen. Ausgestattet mit längeren Beinen und kürzeren Armen als zuvor die Australopiteci , waren die frühen Menschen gute Läufer und Werkzeugmacher. Sie breiteten sich in Afrika erfolgreich aus – zu verschiedenen Arten. Davon jedenfalls ist die Forschung bisher ausgegangen. Zu den frühen Menschen zählten bisher etwa der Homo Habilis , der Homo Rudolfensis , der Homo Ergaster oder der Homo Erectus .

Doch ein Forschungsteam mit Christoph Zollikofer von der Universität Zürich streicht nun diese Ahnengalerie rigoros zusammen. «Wir kommen zu einem viel einfacheren Schluss: Vor zwei Millionen Jahren gab es nur eine einzige Frühmenschenart», sagte der Anthropologe gegenüber Schweizer Radio SRF. Diese neue Sicht der Dinge, begründet das Forschungsteam in der Fachzeitschrift «Science» mit dem Fund eines einzigartigen Schädels im georgischen Dmanisi.

Nicht verschiedener als moderne Menschen

Dieser Schädel sei, so die Forscher, der am besten erhaltene Schädel aus der Frühzeit der Gattung Homo. Was ihm besonderes Gewicht verleiht: Er lag nicht allein in der Fundstätte, sondern zusammen mit vier schon früher gefundenen Schädeln und Skelettteilen. «Wir haben also gleich fünf Individuen vorliegen», so Zollikofer, «normalerweise findet man an einer Fundstätte nur eines. Wir können daher die Verschiedenheit dieser Individuen messen, und das Resultat sagt uns: Die sind nicht verschiedener voneinander als irgendwelche modernen Menschen, wie sie heute leben.»

Wie die heutigen modernen Menschen unterscheiden sich die Frühmenschen aus Dmanisi stark voneinander. Der neu gefundene Schädel ist zum Beispiel deutlich grösser als die anderen; er hat einen massiven Kiefer und ein kleineres Gehirn. Bisher nahmen die Anthropologen stillschweigend an, solch starke Unterschiede im Aussehen gebe es nur zwischen unterschiedlichen Arten. Das hänge wohl mit der menschlichen Psychologie zusammen, vermutet Zollikofer: «Man verbringt jahrelang im Feld, bis man etwas findet, und wenn es denn mal soweit ist, erhöht man den Fund, indem man um ein einziges Individuum herum gleich eine eigene Art konstruiert.»

«So viele Arten wie Wissenschaftler»

Zurzeit gebe es «so viele Arten wie es Wissenschaftler gibt, die sich damit beschäftigen», sagt Marcia Ponce de León, auch sie Anthropologin an der Universität Zürich und Mitautorin der Science-Publikation. Verantwortlich für die grosse Artenvielfalt unter den Frühmenschen ist aber auch, dass die Forschung sich bis anhin eben meist nur auf Einzelfunde abstützen konnte, die weit voneinander verstreut sind. Es war daher unklar, ob es sich bei jenen Fossilien um Artenvielfalt handelt oder um Vielfalt innerhalb einer Art.

Homo Erectus als erster «Global Player»

Bei den Dmanisi-Fossilien jedoch ist klar, dass sie alle zur gleichen Art gehören – «weil sie alle vom gleichen Ort und aus der gleichen Zeit stammen», so Ponce de León. Auch vereinen diese Fossilien so manche Merkmale, die bisher verschiedenen Arten von Frühmenschen zugeordnet wurden. Es gab daher vermutlich nur eine einzige Art von Frühmenschen, folgern die Forscher in «Science», am ehesten den Homo Erectus .

Homo erectus könnte demnach vor etwa zwei Millionen Jahren in Afrika entstanden sein und sich bald danach über Eurasien - auch über Dmanisi - bis nach China und Java ausgebreitet haben, wo er ab etwa 1,2 Millionen Jahren nachgewiesen ist. Homo erectus wäre somit der erste «Global Player» der menschlichen Evolution.

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