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Gilt der Preis im Internet?
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Gilt der Preis im Internet?

«Espresso»-Hörer Manuel Birrer aus Büren BE versteht die Welt nicht mehr: In einem Online-Shop hat drei Objektive bestellt. Preis: Rund 900 Franken. Kaum hatte er die Bestellungs-Bestätigung, bezahlte Manuel Birrer den Betrag ein. Doch statt der Objektive erhält er die Meldung, die Objektive würden 1000 Franken mehr kosten.Der Online-Shop habe ihm mitgeteilt, es sei ein Fehler unterlaufen, erzählt unser Hörer. Er ärgert sich: «Ich will diese Objektive zum ausgeschriebenen Preis! Kann ich darauf bestehen?»Auf die Bestätigung nach einer Bestellung darf man sich als Konsument verlassen. Eigentlich. Denn von dieser Regel gibt es eine wichtige Ausnahme - und die trifft genau auf das Beispiel von Manuel Birrer zu:Hat man einen Vertrag abgeschlossen und merkt später, dass man sich in einem wesentlichen Punkt geirrt hat, dann ist dieser Vertrag unverbindlich. Juristen sprechen hier von einem «Erklärungsirrtum». Am Beispiel: Der Online-Shop hat die Objektive im Internet zu einem falschen Preis ausgeschrieben. Zwar will der Shop die Objektive verkaufen, aber zu einem bedeutend höheren Preis.Entscheid des BundesgerichtsÄhnlich erging es einem Goldschmied in Baden. Im Schaukasten stellte er einen Ring mit einem Opal und 25 Brillanten aus. Eine Verkäuferin stellte aus Versehen ein Schild dazu, auf dem der Preis mit 1380 Franken angegeben war. Tatsächlich kostete der Ring aber 13'800 Franken. Ein Kunde kaufte den Ring zum angeschriebenen Preis. Als der Goldschmied das Versehen bemerkte, forderte er den Ring vom Kunden zurück. Dieser weigerte sich und so zog der Goldschmied die Sache vors Bundesgericht in Lausanne.Die Richter entschieden, dass der Vertrag unverbindlich sei. Zwar habe sich der Kunde auf die Preisanschrift verlassen dürfen und der Goldschmied habe den Fehler seiner eigenen Fahrlässigkeit zuzuschreiben. Trotzdem ist der Vertrag nicht verbindlich, weil der angeschriebene Preis nicht dem wirklichen Willen des Verkäufers entsprochen habe. Die Folge: Der Goldschmied bekam den Ring zurück und der Kunde sein Geld. Aber: Wer einen Prozess verliert, muss die Gerichtskosten bezahlen samt den Anwaltskosten der Gegenseite. Für den Kunden eine doppelte Niederlage: Das Urteil, das ihn verpflichtete, den Ring zurückzugeben, kostete ihn ein paar Tausend Franken.Appell an MenschenverstandSolche Auslagen bleiben dem «Espresso»-Hörer Manuel Birrer erspart, wenn er den vollen Preis für die Objektive bezahlt oder sie zurückgibt. Vielleicht gibt es ja noch eine dritte Variante: Birrer appelliert an den gesunden Menschenverstand des Online-Verkäufers, damit ihm dieser beim Preis entgegenkommt. Im eigenen Interesse übrigens. Denn: Unzufriedene Kunden springen ab und erzählen ihren Ärger weiter.

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