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12.08.2025, 11:20 Uhr Heintje und ich: Ein Bund fürs Leben

Eine Hommage unseres Musikredaktors Ueli Stump an den niederländischen Kinderstar der 1960er und 1970er Jahre.

Mein Bruder war 6, ich war 4, und zu Weihnachten bekamen wir eine Platte von Heintje. Blauer Pullover und ein Lächeln mit Grübchen in den Wangen – so strahlte er 1967 vom Cover unserer ersten Langspielplatte. Meine Favoriten darauf waren «Ich bau Dir ein Schloss» und «Mamatschi».

Zu der Zeit war der kecke Bub so etwas wie der fleischgewordene Traum aller Mütter und Grossmütter: Anständig gekleidet, mit perfektem Scheitel sowie tadellosen Manieren. Und das Wichtigste: Der Bursche konnte singen. Mit seinen schönen Liedern, sagte Rudi Carrell einmal über ihn, sei er so eine Art «Mütter-Genesungswerk».

Rückblickend war Heintje irgendwie ein Anachronismus. Ein Stück heile Welt in einer Zeit, die durch Vietnamkrieg, Studentenproteste und zunehmenden Drogenkonsum bereits aus den Fugen geraten war. So gesehen, verkörperte er die musikalische Beruhigungspille für das aufgescheuchte und verunsicherte Bürgertum.

Kurz darauf, in den frühen 70ern, verlor ich Heintje vom Radar. Sein persönliches Drama mit dem Stimmbruch bekam ich noch halbwegs mit. Damals dachte ich, wie brav der selbstbewusste Junge als Erwachsener doch geworden war, und wie weichgespült sein Gesang auf einmal klang.

Jahrzehnte später, dem Internet sei Dank, habe ich ihn wiederentdeckt. Seine Knabenstimme erschien mir so rein und kräftig wie nie zuvor, unverfälscht und zeitlos schön. En analoges Stimmwunder, das sich auch in der digitalen Welt problemlos behaupten kann.

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