In der Gemeinde Worb, nahe der Stadt Bern, ist der Frauenverein vielerorts präsent. Er betreibt eine Cafeteria, die jeden Nachmittag geöffnet hat, führt eine Brockenstube, organisiert Turnstunden, Wanderausflüge und eine Kleiderbörse.
Leistung ohne Gegenleistung
Das ist nur mit viel Engagement von Frauen aus Worb möglich. «Freiwilligenarbeit funktioniert nicht mit Druck – sondern auf einer anderen Ebene», sagt die Präsidentin des Frauenvereins Worb, Barbara Brechbühler.
Das Engagement ist bei vielen Mitgliedern tief verankert. Nach dem Zweiten Weltkrieg sei es normal gewesen, sich gegenseitig unter die Arme zu greifen, zu fragen, ob jemand Hilfe brauche. Der Frauenverein will diesen Grundsatz erhalten: «Man tut etwas für die Mitmenschen. Und am wichtigsten: Man will nichts im Gegenzug», meint eines der Mitglieder.
Der Frauenverein ist grosszügig. Wir ‹schmürzelen› nicht.
Die Präsidentin ist sich sicher: «In unserer schnellen, leistungsorientierten Gesellschaft werden wir wichtiger. Es tut gut, Kaffee oder Tee zu servieren, ohne sich zu überlegen, ob sich das finanziell lohnt.»
Grosszügig – auch bei Diebstahl
«Der Frauenverein ist grosszügig. Wir ‹schmürzelen› nicht», meint Vereinsmitglied Vreni, während sie einen Kaffee in der Cafeteria zubereitet.
Das zeigt sich zum Beispiel darin, dass der Verein mit seinen Einkünften aus Brocki, Cafeteria, Kursen und Co. wiederum Projekte in der Gemeinde unterstützt. Einen Spielplatz haben sie mitfinanziert oder das Mietzinsdepot einer alleinerziehenden Frau übernommen.
Mir gefällt der Gedanke, dass nachts im Altersheim ab und zu jemand ein Glacé stibitzt.
Die Grosszügigkeit zeigt sich aber auch im Kleinen: Als der Frauenverein merkt, dass nachts Glacés aus der Gefriertruhe der Cafeteria verschwinden, wollen sie diese zuerst abschliessen. Dann entscheiden sie sich dafür, diese «stibitzten» Glacés mit der Vereinskasse zu übernehmen.
«Mir gefällt der Gedanke, dass nachts beim Altersheim ab und zu jemand unterwegs ist und ein Glacé stibitzt. Dafür ist der Frauenverein ja auch da – es sind schliesslich nur ein paar Glacés», meint Präsidentin Barbara Brechbühler schmunzelnd.
Ein emanzipatorischer Akt
So selbstverständlich wie der Frauenverein heute in Worb mitwirkt, so aussergewöhnlich ist er bei seiner Gründung vor über 75 Jahren.
Wenn sich die Frauen treffen, müssen «die Männer auch mal Zuhause bleiben und die Kinder hüten», sagt Hanni, die seit rund 65 Jahren Mitglied im Verein ist – so lange, wie niemand sonst. Als Frau in einen Verein zu gehen, ist damals ein emanzipatorischer Akt.
«Wir machen das aus Freude. Die Befriedigung, etwas zusammen auf die Beine zu stellen. Es ist unglaublich, so viele Frauen und so wenig Gstürm», sagt etwa Yolanda und lacht.
Filmpremiere mit alt Bundesrätin
Der Dokumentarfilm über den Frauenverein hat sich der Verein selbst zum 75. Geburtstag geschenkt. «Das ist der grosse Schlag in Worb – ich höre alle nur davon sprechen», sagt Hanni.
Frauenpower vom Feinsten!
Alt Bundesrätin Simonetta Sommaruga nennt es «Frauenpower vom Feinsten» an der Filmpremiere im Kino Worb. Ein Kino, das es ohne Unterstützung des Frauenvereins nicht mehr gäbe.