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Arabische #metoo-Debatte «Sowas machen jordanische Mädchen nicht»

In einer arabischen Talkshow berichtet eine junge Jordanierin, wie sie sexuell belästigt wurde. Ein Politiker greift sie heftig an, bezichtigt sie der Lüge und verlässt wütend die Sendung. Im Netz sind die Reaktionen geteilt.

Es sollte um die Rechte junger Frauen in Jordanien gehen, in der arabischen Talkshow «Shabab Talk» auf dem deutschen Auslandssender Deutsche Welle.

Eine junge Jordanierin tritt auf, ihr Gesicht ist verpixelt. Sie berichtet, wie sie sexuell belästigt wurde, als es zum Eklat kommt: «Jordanische Frauen sind nicht so», ruft ein anderer Talkshow-Gast, der Politiker Mahmoud Kharabesheh, empört.

Glaubwürdigkeit der Opfer anzweifeln

Wütend bezichtigt er die junge Frau der Lüge: «Du willst mit 21 Jahren schon so viele Erfahrungen gemacht haben?» Dann erklärt er: «Jordanierinnen gehen nicht ins Fernsehen und sprechen dort öffentlich. Bist Du überhaupt eine Jordanierin? Zeig mir Deinen Ausweis!»

Dem Moderator wirft er vor: «Ihre Sendung ist unanständig.» Und: «Wir Jordanier haben Ehre, unser Land ist anständig.» Der Parlamentarier wirft wutentbrannt sein Mikro hin und verlässt die Bühne.

Lob für den Moderator

Die Debatte um die Sendung und den Eklat geht danach im Netz weiter – auf Facebook, Twitter oder Youtube: Vor allem Frauen loben die Sendung und den Moderator Jaafar Abdul Karim, dieses wichtige Thema aufgegriffen zu haben.

«Du hast den Stimmlosen eine Stimme gegeben», schreibt eine Frau. Eine andere meint: «Danke, dass du uns in Jordanien die Augen geöffnet hast.» Es sei dringend nötig, solche Tabuthemen im arabischen Raum aufzugreifen, heisst es in einem anderen Tweet.

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Wir sprechen über aktuelle Geschichten und Debatten im Internet. Von Montag bis Donnerstag um 17.40 Uhr in der Rubrik «Screenshot» bei Radio SRF 2 Kultur.

#metoo-Debatte im arabischen Raum?

Spiegel Online spricht sogar davon, dass die #metoo-Debatte über sexuelle Gewalt nun den arabischen Raum erreicht habe. Wobei die Diskussion dort etwas anders abläuft als bei uns: Viele stimmen dem empörten Politiker bei.

«Jordanische Frauen werden nicht belästigt», schreibt ein Nutzer. «Und wenn es Belästigung geben sollte, betrifft sie nicht mehr als ein Prozent.»

Auch Frauen melden sich zu Wort und greifen die junge Frau an: «Wie kann sie es wagen, im Namen der jordanischen Frauen zu sprechen?» Wie der Politiker pochen Nutzer und Nutzerinnen darauf, dass es sexuelle Gewalt gegenüber Frauen in so einem «anständigen Land» wie Jordanien nicht gebe: «Die jordanische Frau ist in ihrer Familie und innerhalb der Bevölkerung geschützt», schreibt eine Nutzerin auf Twitter.

Im muslimischen Jordanien ist sexuelle Gewalt gegen Frauen vielerorts ein Tabuthema. Erst vor ein paar Monaten, im August 2017, hob das jordanische Unterhaus ein Gesetz auf, das Vergewaltiger straffrei liess, wenn sie ihr Opfer heirateten.

Kein Tabu beim EDA

In dieser Strafgesetzreform wird allerdings «sexuelle Belästigung» weder erwähnt noch definiert. Deutlicher ist da das EDA, das beim Reisehinweis für Jordanien warnt: «Sexuelle Belästigungen kommen vermehrt vor. Allein reisenden Frauen wird zu erhöhter Vorsicht geraten.»

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