Christoph Schenker beschäftigt sich schon lange mit Kunst im öffentlichen Raum. Er leitet das Institut für Gegenwartskunst der Zürcher Hochschule der Künste ZHdK seit seiner Gründung 2005. Schenkers Spezialgebiet ist die Kunst im öffentlichen Raum. Kunst, wie zum Beispiel der Hafenkran. Kunst, die der Bevölkerung unmittelbar vor die Nase gesetzt wird.
Mit dem Begriff «Kunst im öffentlichen Raum», der im Zuge der Diskussionen um den Hafenkran immer wieder fiel, ist er nicht ganz glücklich. «Man sollte besser von ‹Kunst im Raum des Öffentlichen› oder ‹Kunst im Interesse der Öffentlichkeit› sprechen», schlägt er vor. Denn Kunst im Raum des Öffentlichen soll seiner Meinung nach soziale, ökonomische, gesellschaftliche Tendenzen aus der Bevölkerung aufnehmen.
Gute Kunst fördert Diskussionen
Kunst will, dass man über sie diskutiert. Wenn ein Kunstwerk nichts als Gleichgültigkeit hervorruft, hat es laut Schenker im öffentlichen Raum nichts zu suchen (und übrigens auch nicht im Museum).
Die Diskussion um den Hafenkran war spannend, die Initianten betonen immer wieder, dass es ihnen genau darum ging, dass man darüber diskutiert, was Kunst ist. Und doch lohnt es sich zu überlegen, was es für Möglichkeiten gibt, um den leidigen Teil der Debatte zu umgehen.
Denn zu oft ging es laut Schenker nicht um Kunst, sondern um Geld und Parteipolitik. Vor allem deshalb, weil in der Jury, die den Hafenkran aus ungefähr 50 Projekten auswählte, Politiker sassen, und weil auch in der Arbeitsgruppe Kunst im öffentlichen Raum (KiöR) viele Exponenten der Stadt vertreten sind. Das grösste Problem aber war, dass die Stadt Zürich und somit auch die Steuerzahler allein für die Kosten des Kunstwerks aufkommen sollten.
Verantwortung teilen
Schenker skizziert drei Alternativen zur Ausschreibung, Planung und Finanzierung von Kunst im öffentlichen Raum:
- Die Verantwortung für ein Projekt im öffentlichen Raum soll von mindestens drei Parteien getragen werden. So kann zum Beispiel eine Hochschule zusammen mit dem Künstler Projekte entwickeln und Private oder Stiftungen die Gelder für die Umsetzung sprechen. Die Stadt stellt als dritte Partei Lokalitäten oder Räume zur Verfügung und finanziert die Umsetzung des Projekts mit.
- Im kollaborativen Ansatz geht es darum, die Bevölkerung in das geplante Projekt miteinzubeziehen. Dazu sind Forschungsprojekte seitens Hochschulen nötig, die vom Bund finanziert werden. Dabei werden brennende, interessante Themen in einem Quartier ausgemacht. Der Künstler oder die Künstlerin erarbeitet dann auf Grundlage dieser Forschung in Zusammenarbeit mit der Bevölkerung oder der Verwaltung ein Projekt. Dieses passt sich ins Quartier ein und nimmt Interessen und Diskussionen der Bevölkerung auf und trägt sie weiter.
- Vor allem in New York und London gibt es das Modell, dass Stiftungen, Firmen und Vereine selber Projekte im öffentlichen Raum vorschlagen, planen und finanzieren. Die Stadt bezahlt hier nur einen Minimalbeitrag ans Projekt selber, unterstützt aber die Verantwortlichen im Bezug auf Umsetzung und Platzierung des künstlerischen Werks.
Grundsätzlich plädiert Schenker dafür, dass alle Entscheidungsprozesse um Kunst im öffentlichen Raum von der Politik abgekoppelt werden. Von der Ausschreibung und der Auswahl, über die Planung bis zur Durchführung soll ein Projekt von externen Firmen koordiniert werden. Damit gäbe es weniger parteipolitisches Gezänk und mehr Diskussion über das Kunstwerk an sich.
Sichtbar gewordener Handel
Schenker selber gefällt der Hafenkran. Vor allem weil er auf einer symbolischen Ebene den unsichtbaren Handel in Zürich sichtbar macht. Allerdings hätte er sich einen chinesischen Kran gewünscht, der einem das weltweite Wirken der Schweizer Banken noch direkter vor Augen führen würde.
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