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«Teppich Talk» mit Rolf Lyssy
Aus Kultur Webvideos vom 30.09.2020.
abspielen. Laufzeit 1 Minute 30 Sekunden.
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16. Zurich Film Festival «Eden für Jeden»: Rolf Lyssys Multi-Kulti-Schrebergarten

Der vom Feuilleton verschmähte Erfolgsregisseur zeigt am ZFF seinen neuen Film und erhält zugleich einen Ehrenpreis.

Rolf Lyssy musste 84 Jahre alt werden und 17 Spiel- und Dokumentarfilme drehen, bis er am ZFF den Ehrenpreis für sein Lebenswerk entgegennehmen durfte.

Umso grösser ist seine Genugtuung: «Der Preis freut mich, weil es eine Anerkennung ist für meine Arbeit», sagt Lyssy: «Das ist wertvoll.»

Älterer Herr mit Fliege
Legende: Rolf Lyssy tüftelt schon am Drehbuch seines nächsten Filmes. Zurich Film Festival

Späte Anerkennung für Zürcher Filmemacher

Das ZFF ehrt einen Regisseur, der die meisten seiner Filme in Zürich drehte und hauptsächlich die Schweiz im Fokus hat.

Die allererste Amtshandlung des ZFF-Direktors Christian Jungen war es denn auch, Rolf Lyssy zu fragen, ob er den Career Achievement Award annehmen würde.

«Weil er ein grossartiger Filmemacher ist», so Jungen. «Er versteht es wie kein Zweiter in diesem Land, gewichtige Themen leicht zu verhandeln.»

Mann spielt Gitarre
Legende: Der Sänger Marc Sway spielt einen brasilianischen Musiker. SRF / Oliver Rueesch

Schrebergarten als Spiegel der Schweiz

Für seine neue Komödie «Eden für Jeden» hat sich Lyssy den Schrebergarten als fruchtbaren Nährboden von Freud und Leid ausgesucht.

«Wie in einem Biotop ist der Schrebergarten ein Ort, wo die verschiedensten Kulturen, Mentalitäten und Sprachen zusammenkommen», sagt der Regisseur: «Im Grossen übertragen, gilt das auch für die Schweiz.»

Eine scheinbar heile Multi-Kulti-Welt mit strengem Reglement. Inspiriert von der preisgekrönten Schweizer Doku «Unser Garten Eden» von Mano Khalil streiten sich auch in Lyssys Mikrokosmos Schrebergärtner verschiedener Kulturen. Um die Grösse des Grills oder die Einhaltung der Familiengartenordnung.

Mann und Frau prosten sich zu.
Legende: Auch die Liebe spriesst im Schrebergarten. SRF / Miriam Künzli

Das Drama darf nicht fehlen

Verwoben in die Schrebergartenwelt erzählt Lyssy eine Geschichte über Vergesslichkeit und Verlust.

Die Hauptfigur Nelly zieht mit ihrer dementen Oma in den helvetischen Kleingarten ein und entdeckt ein dunkles Familiengeheimnis.

«Mich interessiert die Schnittstelle zwischen Komödie und Tragödie. Da wird es spannend – mit dem Akzent auf Komödie», erklärt der Regisseur.

Das Leben ist Apfel und «Bütschgi» zugleich

Die demente Grossmutter bringt die Tragikomödie im Film auf den Punkt: «Isch halt nöd immer alles Öpfel, isch mängisch au Bütschgi!»

Dass das Leben zwei Seiten hat, musste Rolf Lyssy selber schmerzlich erfahren. Nach seinem Grosserfolg «Die Schweizermacher» geriet seine Karriere trotz weiterer Kassenschlager ins Stocken. Viele seiner Projekte versandeten.

Rolf Lyssy hatte Existenzängste und fiel in eine schwere Depression. Ende der 90er-Jahre begab er sich in psychiatrische Behandlung und kämpfte sich zurück ins Leben.

Ein Sittengemälde der Schweizer Gesellschaft

Erst 2017 feierte Rolf Lyssy mit «Die letzte Pointe» sein Spielfilm-Comeback. Auf die Tragikomödie über Selbstbestimmung im Alter folgt nun in «Eden für Jeden» das bunte Schrebergarten-Leben.

Hier malt Lyssy mit Humor weiter an seinem Sittenbild der Schweizer Gesellschaft. Heimat, direkte Demokratie, Identität – diese Themen kommen im Schrebergarten leichtfüssig und heiter daher.

Junge Frau auf dem Velo
Legende: Nelly (Steffi Friis) setzt sich über die rigiden Schrebergarten-Regeln hinweg. SRF / Miriam Künzli

Rolf Lyssy hat Besseres zu tun

Rolf Lyssy hat selber einen kleinen Auftritt im Film, auch wenn er sich selbst nicht als Schrebergärtner bezeichnen würde: «Ich habe meine Schrebergartenzeit als Bub abverdient», erzählt er vergnügt.

«Wir haben in einem Sechsfamilienhaus in Herrliberg gewohnt und jede Wohnung hatte einen Gartenplatz. Unseren musste ich im Herbst umstechen und dann anpflanzen. Ich war der Schrebergärtner. Das Thema ist für mich abgeschlossen.»

Rolf Lyssy hat andere Pläne, als zu gärtnern. Der 84-Jährige tüftelt schon am Drehbuch für seinen nächsten Film.

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