Wir befinden uns in den späten 1980er-Jahren. Ganz Hollywood wird von muskulösen Männern wie Arnold Schwarzenegger und Sylvester Stallone dominiert. Ganz Hollywood?
Nein! Eine Frau hört nicht auf, gegen die Macho-Monokultur Widerstand zu leisten. Ihr Name? Sigourney Weaver, bekannt als wehrhafte Heldin der «Alien»-Filmreihe.
Auch in «Gorillas im Nebel» (1988) verkörperte die New Yorkerin eine toughe Einzelkämpferin. Doch diesmal waren ihre Abenteuer kein Science-Fiction-Konstrukt. Diesmal beruhte ihre Rolle auf einer wahren Geschichte: dem wilden Leben von Affenforscherin Dian Fossey.
Verehrt, verhasst, verschieden
Die amerikanische Zoologin hatte 1967 in Ruanda damit begonnen, das Verhalten von Berggorillas zu studieren. Ihre lebendigen Dokumentarfilme und Artikel in der Zeitschrift «National Geographic» weckten international grosses Interesse. In Fachkreisen blieb Fosseys Pionierarbeit aufgrund ihrer eigenwilligen Methodik allerdings höchst umstritten.
Breit anerkannt sind dagegen Fosseys Verdienste als Tierschützerin. Sie mobilisierte all ihre Kräfte, um den Lebensraum der Gorillas gegen Wilderer zu verteidigen. Ihre bewundernswerte Affenliebe kostete Dian Fossey wohl sogar das Leben. Ende 1985 wurde sie mit eingeschlagenem Schädel in ihrer Hütte aufgefunden. Wer die 53-Jährige getötet hat, ist bis heute unklar.
Mit «Gorillas im Nebel» folgte nur drei Jahre später so etwas wie Fosseys Heiligsprechung: Eine 22 Millionen Dollar teure Film-Biographie mit Sigourney Weaver als kämpferische Identifikationsfigur.
Lausen und grausen im Regenwald
Regisseur Michael Apted drehte «Gorillas im Nebel» fast gänzlich an Originalschauplätzen in Ruanda. Hauptdarstellerin Sigourney Weaver kam dabei mit wilden Berggorillas in Berührung. Und zwar im wahrsten Sinn des Wortes. Sie lauste im Regenwald sogar erwachsene Männchen – sogenannte Silberrücken.
Ungefährlich war das freilich nicht. Richtig brenzlig wurde es allerdings nur einmal, als sich ein Silberrücken provoziert fühlte. Wodurch ist unklar. Da die Filmcrew gerade eine Drehpause machte, können es die Kameras kaum gewesen sein.
Weaver erinnert sich noch heute lebhaft an das bedrohliche Verhalten von Silberrücken Dibb: «Er stand auf, trommelte auf seine Brust und steuerte direkt auf mich zu. Dann drückte er mich mit all seiner Kraft zu Boden. Ich blieb einfach liegen und dachte: Dian (Fossey) passt auf mich auf. Schliesslich will sie, dass dieser Film entsteht.»
Zur Sache, Filmschätzchen
Weaver hatte grosses Glück: Sie kam mit dem Schrecken davon. Mehr noch: Ihr voller Körpereinsatz für «Gorillas im Nebel» brachte ihr gar einen Golden Globe ein. Bei der Oscarverleihung lief es nicht ganz so gut: Weaver ging dort leer aus, genauso wie der fünffach nominierte Film.
Auch die Presse fasste «Gorillas im Nebel» nicht mit Samthandschuhen an. Die «Zeit» kritisierte beispielsweise, dass sich der Film nur für seine emotionale Wirkung interessiere. Die akkurate Beschreibung von Fosseys vielschichtigem Charakter vernachlässige das biografischen Drama dagegen komplett.
Zauberhafte Zeitspuren
Michael Apteds Film sei darum kein wahrhaftiger Kino-Meilenstein. Sondern bloss «ein Märchen, in dem sich momentane kollektive Schuldgefühle, Sehnsüchte und Hoffnungen spiegeln.»
Was einst als Schmähkritik gedacht war, klingt aus heutiger Sicht fast wie ein Werbetext. Für ein Drama, das den grünen Geist seiner Entstehungszeit selbstbewusst zur Schau trägt.
Wer tief in die 80er abtauchen will, liegt mit «Gorillas im Nebel» goldrichtig. Da können die Cineasten noch so die Nase rümpfen. Ein kleiner Filmschatz, sprich: ein Filmschätzchen, ist das beherzte Tierschutz-Pamphlet allemal.