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68. Berlinale Menschen auf der Flucht: Das grosse Thema auf der Berlinale

5 Filme über Hoffnung, Kampf und Einsamkeit.

An der diesjährigen Berlinale sind sie angekommen: Flüchtlinge. Mit dieser Gewissheit kann das nur über das Kino gesagt werden. Bis dorthin schaffen sie es – auf die Leinwand, wo ihre Geschichten von Hunger, Durst, Elend, Zumutung und Unmenschlichkeit erzählt werden.

Durch die Wüste: «After/Life»

Die mexikanische Wüste an der Grenze zur USA ist ein Massengrab. Wie in Europa im Mittelmeer sterben hier Menschen, die ihre Heimat verlassen, um in Nordamerika ein besseres Leben zu suchen. Sie verlieren die Orientierung und verdursten.

Die US-amerikanische Regisseurin Puck Lo zeigt dennoch keine einzige Leiche in ihrem Film «After/Life». Sie konzentriert sich auf die Symbolik ihrer Bilder: Ein Baseballcap, eine Notwasserstation, die endlose Weite der Wüste, ein US-Militärcamp, in dem die Armee Manöver gegen islamistische Terroristen übt.

Unterlegt werden diese Bilder mit Interviews von Suchtrupps und Angehörigen, die Menschen auf der Flucht verloren haben. Ein Film, der ohne schockierende Bilder zu schockieren vermag.

Übers Meer: «Eldorado»

Der Schweizer Regisseur Markus Imhoof besteigt über 70-jährig ein italienisches Marineschiff, das vor der libyschen Küste 1800 Bootsflüchtlinge an Bord nimmt. Die Flüchtlinge wollen nach Europa, hoffen auf das «Eldorado».

«Das Boot ist voll» hiess Markus Imhoofs Spielfilm-Erfolg vor fast 40 Jahren. Dort thematisierte er den Umgang der Schweiz mit jüdischen Flüchtlingen im Zweiten Weltkrieg . «Damals», so Imhoof, «gab es natürlich kein Boot im Film. Heute trifft dieses Zitat leider zu. Wenn es auch eine völlig neue Bedeutung bekommt.»

Imhoof zeigt Bilder, die wir aus den Nachrichten kennen. Parallel dazu erzählt er die Geschichte von Giovanna: Sie kam vor mehr als 70 Jahren als Flüchtlingskind aus Italien in die Schweiz zu seiner Familie. Imhoof erinnert damit eindringlich an die Flüchtlingsgeschichte Europas.

In die Vergangenheit und zurück: «Transit»

Christian Petzold, bereits zum vierten Mal im Wettbewerb der Berlinale vertreten, hat sich ebenfalls ans Flüchtlingsthema gewagt. Dafür verfilmt er Anna Seghers’ Roman «Transit» über Flüchtlinge im Zweiten Weltkrieg. Sie warten in Marseille darauf, ein Visum zu ergattern. Damit sie ein Schiff betreten können, dass sie in die Freiheit bringt.

Petzold erzählt nahe am Roman, verlegt das Geschehen aber in die Gegenwart. Er habe keinen «musealen Film» drehen, sondern «Antworten der Gegenwart auf die Vergangenheit» finden wollen.

Eine grossartige künstlerische Idee, die im Konzept erstarrt: Petzolds Bilder von traurigen Seelen, die von Nazis verfolgt durch Marseilles Strassen irren, verharren in traumwandlerischen Posen. Diese Flüchtlinge wirken wie aus der Zeit gefallen, zaghaft, vage, weit entfernt.

In die Berge: «Fortuna»

Eine karge Schneelandschaft; ein Mädchen mit dunkler Haut, dich eingepackt, stapft durch den Schnee. Sie führt einen Esel an einem Seil hinter sich her.
Legende: VEGA Production / Colin Lévêque

Fortuna (Kidist Siyum Beza) ist 14 Jahre alt und allein aus Äthiopien in die Schweiz geflüchtet. Sie ist in einem Kloster untergebracht, mitten im schneebedeckten Bergmassiv.

Die Mönche und Behörden meinen es zwar gut mit dem Mädchen, können ihre Einsamkeit und ihre Ängste aber nicht verstehen. Denn Fortuna hat ein Geheimnis, das sie nicht einmal dem Klostervorsteher (Bruno Ganz) erzählen kann.

«Ich habe mich oft gefragt, wie man den Flüchtlingen helfen kann», sagt der Schweizer Filmemacher Germinal Roaux. «Mit dem Film habe ich versucht, eine Antwort zu finden.»

«Fortuna» ist in Schwarz-Weiss gehalten, gesagt wird wenig. Trotzdem, oder gerade deshalb, sind Schmerz, Einsamkeit und das Gefühl der Verlorenheit der jungen Protagonistin spürbar.

Am Flughafen: «Zentralflughafen THF»

Bis 2017 lebten rund 2000 Flüchtlinge im stillgelegten Flughafen Tempelhof. Eigentlich sollte er eine Notunterkunft für kurze Zeit sein, doch viele mussten mehrere Monate bleiben.

Einer davon ist der 18-jährige Syrer Ibrahim. Ihn begleitete Regisseur Karim Aïnouz für seinen Dokumentarfilm «Zentralflughafen THF» beinahe ein Jahr. «Der Film ist wichtig, da diese Menschen sonst oft unsichtbar bleiben», sagt Aïnouz.

Ibrahims Alltag besteht vor allem aus Warten: Auf Dokumente, auf Termine, auf Anrufe von zu Hause – darauf, was mit ihm passieren wird.

Unsicherheit, Ermüdung, fehlende Privatsphäre – «Zentralflughafen THF» zeigt, wie es den Flüchtlingen geht, wenn sie ihre Flucht zwar überstanden haben, aber trotzdem noch lange nicht angekommen sind.

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