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69. Berlinale Adieu, Mann mit dem roten Schal

Achtzehn Mal hat Dieter Kosslick die Berlinale geleitet – und wurde zur Personifizierung des Festivals

Gutes vegetarisches Essen, kraftvolles Kino und lukrative Geschäfte: Mit diesen Vorlieben ist Dieter Kosslick zum einzigen Chef eines weltweit bedeutenden Kino-Events geworden, der mit seinem Festival persönlich identifiziert wird.

Es gibt keinen «Monsieur Cannes» und keinen «Signore Venezia», und auch keine «Signora Locarno». Aber es gibt einen «Mister Berlinale». So wird Dieter Kosslick seit Jahren weithin genannt.

Dieter Kosslick

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Legende: Imago/Xinhua

Dieter Kosslick wird am 30. Mai 71 Jahre alt. Seine Liebe zum Kino entdeckte er mit elf, dank des Hollywood-Monumentalfilms «Ben Hur». Dieter Kosslick hat Kommunikationswissenschaften, Politik und Pädagogik studiert und verschiedene Jobs in der Kultur gehabt. Seit Mai 2001 leitet er die Berlinale. Im April dieses Jahres verlässt Dieter Kosslick den Posten.

Im Mai 2001 hat er das etablierte Festival in Berlin übernommen – und es zu einem grossen gemacht. Vom Rhein an die Spree gekommen, wusste er um die Bedeutung des Slogans «Money makes the world go round».

Kasse und Kunst zusammengebracht

Gemeinsam mit der Schweizerin Beki Probst als Leiterin hat er den «European Film Market», eine wichtige Nebenveranstaltung der Berlinale, zu einem der international wichtigsten Umschlagplätze für den Film ausgebaut. Und der 70-Jährige hat die Berlinale konsequent als Publikumsfestival ausgerichtet.

Eine Frau und ein Mann stehen mit dem Rücken zur Kamera, er hält einen goldenen Bären
Legende: Er hat den «Bären» fest im Griff: Dieter Kosslick ist der Inbegriff der Berlinale. Er überreicht Schauspielerin Charlotte Rampling den Ehrenbär. Keystone/Hayoung Jeon

Der Verkauf von Eintrittskarten stieg zuletzt auf etwa 350‘000. Dieter Kosslick hat Kasse und Kunst zusammengebracht.

Gutes Paar: Essen und Film

Das Motto von Mr. Berlinale folgte stets dem Goethe-Wort «Wer vieles bringt, wird manchem etwas bringen!». Lieblingsspielplatz des leidenschaftlichen Gourmets war das «Kulinarische Kino»: eine Reihe mit Filmen ums Thema Essen.

ein Mann mit Hut hält ein Teller mit asiatischem Essen
Legende: Ein richtiger «Foodie»: Dieter Kosslick bei der Eröffnung des Berlinale Street Food Market. Imago/Piero Chiussi

Er hat dafür gesorgt, dass es in der Nähe der Berlinale-Kinos reichlich Ansprechendes für den Hunger zwischendurch zu kaufen gab. Vornan hat der Schwabe natürlich das bekannteste Gericht seiner Heimatregion gestellt, schwäbische Spätzle.

Solche Einfälle haben ihm nicht nur Zuspruch eingebracht. In den letzten Jahren wurde oft der Vorwurf laut, er habe das Festival überfrachtet.

Sein Konter: Die zahlenden Besucher reagierten begeistert auf die Fülle. Ein unschlagbares Argument.

Er liebt Glanz und Glamour

Das Publikum hatte er immer im Blick, vor allem dessen Schaulust. Dafür griff er ein Mal auch ganz praktisch in die Berliner Lokalpolitik ein: Als ein Parkautomat vor einem der Festivalkinos eine elegante Vorfahrt der Stars an den roten Teppich behinderte, hat er kurzerhand für die Umsetzung des Automaten gesorgt.

Ein Mann mit Hut hält eine elegante Frau im Abendkleid
Legende: Auf Tuchfühlung mit den Stars: Der Berlinale-Direktor geniesst den grossen Auftritt mit Schauspielerin Diane Kruger. Keystone/Jörg Carstensen

Sein Privatleben hat Dieter Kosslick in all den Jahren nicht in der Öffentlichkeit ausgebreitet. Gattin Wilma Harzenetter, eine Fernsehproduzentin, und den jetzt vierzehnjährigen Sohn Fridolin hielt er stets im Hintergrund.

Dafür hat er selbst gern strahlend im Scheinwerferlicht posiert, sei es an der Seite von Promis wie Meryl Streep oder Angelina Jolie, sei es auch mal allein, wenn, was gelegentlich passiert ist, die angekündigten Berühmtheiten kurz vor der Gala abgesagt haben.

Markenzeichen: Roter Schal

Dazu trug Dieter Kosslick immer einen knallroten Schal. Die Frage nach dem Warum hat er mit der für ihn typischen Schlagfertigkeit beantwortet: «Sonst erkennt mich ja keiner.» Was reine Koketterie von ihm ist.

Er ist in der Stadt bekannt wie ein bunter Hund. Geht er beispielsweise auf seinen Lieblingsmarkt, um ökologisch einwandfreies Bio-Gemüse zu kaufen, wird er häufig von wildfremden Leuten freundlich gegrüsst. In Berlin kommt das einem Ritterschlag gleich.

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