«Kopfverletzung! Er blutet, Jungs. Das müssen wir überprüfen.» Schiedsrichter Fedayi San steht unter grossem Druck. Wegen der harten Gangart auf dem Platz. Weil sein türkischer Vater seit Langem wieder mal im Publikum sitzt. Aber vor allem: Weil er mehrere Mikros für die Doku «Das Spiel» mit sich herumträgt.
«Wir hatten einen Riesenaufwand für einen Kurzdokumentarfilm», erzählt Regisseur Roman Hodel im Interview. Seine Crew bestand aus 16 Personen, die acht Kameras und über 30 Mikros am Laufen hielten.
Der Aufwand hat sich gelohnt: Die 17-minütige Doku fesselt. Weil der Spannungsbogen stimmt. Und weil man endlich mal hört, was sich die Akteure auf dem Rasen so zu sagen haben.
Schiedsrichter sind auch nur Menschen
Dass Profifussballer viel reklamieren und fluchen, wissen wir. Wäre dem nicht so, würden die Unparteiischen deutlich weniger Verwarnungen verteilen.
«Das Spiel» beweist nun: Schiedsrichter strafen nicht nur mit Karten, sondern auch mit Worten. «Fräche Siech!» lautet einer der herzhaften verbalen Konter, die Fedayi San zum Besten gibt.
Der Ton ist die eigentliche Stärke von «Das Spiel». Was nicht nur an den glasklaren Aufnahmen liegt, die moderne Mikros heute liefern. Roman Hodel investierte viel Zeit ins Sounddesign, um die Stimmungskurve mit passenden Tönen und Filtern hochzutreiben.
Kennen wir das nicht schon?
Satte dreieinhalb Jahre Arbeit stecken in «Das Spiel». Obwohl man dem Luzerner Filmstudenten zunächst davon abgeraten hatte, das Projekt überhaupt in Angriff zu nehmen.
Die Begründung lautete: Den Film gibt es schon. Er heisst «Les arbitres», wurde von Quartz-Gewinnerin Delphine Lehericey mitinszeniert und erschien 2009.
Rückblickend gibt Hodel gerne zu, dass diese Schiedsrichter-Doku seinem Film einst im Weg stand: «Als ich vor fast neun Jahren mit der Recherche begann, hat mich wirklich ‹Les arbitres› davon abgehalten, diesen Film zu machen. Ich glaube jetzt, neun Jahre später ist es etwas ganz anderes.»
Andere Zeiten, andere Technik
Tatsächlich unterscheiden sich die beiden Filme bei genauerer Betrachtung klar. Der Clou von «Les arbitres» war der Funkverkehr zwischen den Unparteiischen. Dieser durfte im Rahmen der Fussball-EM 2008 erstmals angezapft werden.
Die Kommunikation zwischen Spielern und dem Schiedsrichter, auf die sich «Das Spiel» fokussiert, war in «Les arbitres» dagegen kaum zu hören. Plus: Den Videobeweis gab es damals noch nicht. Der sorgt für zusätzlichen Zunder, weil er die Fehlentscheide des Refs blitzschnell als solche entlarvt.
Oft gibt die Überprüfung durch den sogenannten VAR (Video Assistant Referee) aber auch dem Schiri recht. Wie in der zu Beginn des Artikels beschriebenen Schlüsselszene des Films: Als sich der Spieler am Kopf verletzte, entschied sich Fedayi San intuitiv und völlig korrekt gegen einen Foulpfiff. Ein eigener Mitspieler des vermeintlich Gefoulten hatte im Eifer des Gefechts die blutende Wunde verursacht.