Eine neue Biografie zeigt, wie die Schweizer Schauspielerin mit Selbstdisziplin ihre Filmkarriere vorantreibt und lange davon träumt, auch einmal eine Femme Fatale zu spielen. Aber ihr fehlten wohl die Kurven dazu, erzählt der Filmstar ihren Biografen.
Erst als 1961 Hollywood-Regisseur Billy Wilder sie für seine Komödie «Eins, zwei, drei» engagiert, geht ihr Traum in Erfüllung. In Wilders Film spielt sie die Sekretärin Ingeborg. Barfuss und in einem hautengen Kleid à la Marylin Monroe verdreht sie den Männern mit einem Tanz gehörig den Kopf.
Bei der Veröffentlichung floppte der Film zwar, aber ihr Tanz wird legendär und macht sie zur Sexbombe. «Mit Wilder zu arbeiten, war eine einzige Inspiration. Er spielte jede Szene vor […] und dann hat man Wilder nachgespielt», erinnert sie sich.
Stöbern in Frau Pulvers Archiv
Diese und andere Geschichten erzählt Liselotte Pulver in ihrer neuen Biografie «Was vergeht, ist nicht verloren». Die Autoren Olaf Köhne und Peter Käfferlein haben für das Buch auch das persönliche Archiv der Schauspielerin durchstöbert.
«Es gab zwei Regalwände, 20 Meter… bis unters Dach voll. Frau Pulver hat wirklich alles gesammelt, jede Quittung», kommentieren die Autoren ihre Recherchen.
Fleiss, Kurven und Listen
Gestossen sind sie auf Listen und Kurven, handgezeichnet von Liselotte Pulver. Die Kurven zeichnete die Schauspielerin für jede ihrer Rollen, um die Entwicklung ihrer Filmfigur darzustellen.
«Ein Blitz bedeutet: an dieser Stelle im Film verliebte ich mich», erklärt sie. Für Aufgaben oder Entscheidungen, die sie treffen musste, erstellte sie akribisch Listen. So entstehen im Laufe ihrer Karriere unzählige Kurven und Listen. Sie sei «weder besonders hübsch noch besonders gescheit oder begabt», meint Liselotte Pulver. Doch mit Ehrgeiz, Fleiss und Pünktlichkeit käme man auch weiter.
Von Bern in die Welt
Sie ist weit gekommen. Nach dem Abschluss der Handelsschule in Bern nimmt Liselotte Pulver Schauspielunterricht, spielt am Theater in Bern und Zürich. Schnell wird sie für den Film entdeckt. Als Vreneli in «Ueli, der Knecht» spielt sie sich ins Herz der Schweiz.
Auch Deutschland und Frankreich lieben «Lilo». Sie spielt mit Stars wie Hans Albers, Curd Jürgens oder Hardy Krüger. Oft bekommt sie Rollen als unkompliziertes Naturkind. Das «Pulver-Lachen» wird legendär.
Schicksalsschläge und Versöhnung
Vor dreissig Jahren erlebt Liselotte Pulver in kurzer Zeit gleich zwei tragische Schicksalsschläge. 1989 nimmt sich ihre Tochter Melisande das Leben. Nur drei Jahre später stirbt ihr Ehemann Helmut Schmid. «Ich vermisse die beiden fast jeden Tag», erzählt sie.
Ihre Schwester schrieb damals ein Buch über den Suizid. Die beiden Schwestern bleiben in der Folge lange verstritten, bis sie sich wieder versöhnen und seitdem fast täglich telefonieren. Sie sei ein grundsätzlich optimistischer und fröhlicher Mensch, erzählt Liselotte Pulver in ihrer Biografie, die ihrer Schwester gewidmet ist. Vielleicht habe ihr das geholfen, mit ihren grossen Verlusten umzugehen.
Heute lebt Liselotte Pulver in einem Berner Seniorenheim und macht täglich nach dem Mittagessen einen langen Spaziergang, diszipliniert auch hier.