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Basil da Cunha startet durch
Aus Kulturplatz vom 15.05.2013.
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Cannes 2013 Schweizer Shooting Star in Cannes: Basil da Cunha

Andere 27Jährige tummeln sich in Clubs. Basil da Cunha denkt gar nicht dran. Er dreht lieber einen Film nach dem anderen. Sein erster langer Spielfilm «Até ver a luz» ist eingeladen in die «Quinzaine des Réalisateurs». Es ist die bedeutendste Sektion neben der offiziellen Wettbewerbssektion.

Basil da Cunha wurde in Morges im Kanton Waadt geboren und ist als Sohn eines Portugiesen und einer Schweizerin in Lausanne aufgewachsen. Er studierte Film an der «Ecole d’art et de design HEAD» in Genf und entschloss sich vor fünf Jahren nach Lissabon zu ziehen.

Er musste schnell eine Wohnung finden, also nahm er die billigste, die er finden konnte, ohne zu wissen, wo die eigentlich genau liegt – in «Reboleira». Das ist das Armenviertel von Lissabon liegt circa 15 Minuten vom Stadtzentrum entfernt, geprägt durch Gewalt und Drogenhandel. Aber auch von kreolischer Lebenslust und Kultur.

Drehen im Armenviertel Lissabons

Da Cunha kannte zwei Stunden nach seiner Ankunft schon das halbe Quartier. Man glaubt ihm das sofort, wenn man ihn trifft. Der 27jährige Schweizer ist eine Mischung aus schelmenhaftem Lausbub und hemdsärmligem «Hans Dampf in allen Gassen». Er liebt das Chaos «Reboleiras», er hat viele Freunde dort gefunden und das Viertel inspirierte ihn bereits zu mehreren Kurzfilmen.

Szenenfoto mit zwei dunkelhäutigen Männern.
Legende: Basil da Cunha dreht mit Laien im Lissaboner Armenviertel «Reboleira», das geprägt wird von kapverdischen Einwanderern. Filmcoopi

Auch sein erster «richtiger» Spielfilm «Até ver a luz» spielt dort. Es ist die Geschichte von Sombra, einem Aussenseiter, der halbdepressiv und einsam durch die Nächte vagabundiert. Er will sich nicht einer der vielen Gangs anschliessen, was diese nicht akzeptieren  – «entweder bist du für oder gegen uns» - das scheint ihr Motto. Sombra gerät unweigerlich zwischen die Fronten. Sein einziger, treuer Begleiter ist ein Gecko, der wie Sombra nur nachts aktiv wird.

Auf der Suche nach dem «echten» Kino

Da Cunha gelingt es in traumhaft poetischen Bildern Menschen in den Fokus zu rücken, die man nicht oft auf der Leinwand sieht. Seine Arbeitsmethode ist dabei so bestechend wie aussergewöhnlich. Da Cunha arbeitet fast ausschliesslich mit Laien. Die Darsteller sind seine Nachbarn, seine Freunde aus «Reboleira». Er schreibt ein grobes Drehbuch, lässt die Szenen aber durch Improvisation entstehen. Gedreht wird nur chronologisch und nur eine Szene pro Tag.

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Basil da Cunha über seine Arbeitsweise
Aus Kultur Extras vom 18.05.2013.
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Dabei drehe er immer chronologisch. Das sei sehr sehr wichtig. Weil die Akteure, sich weiterentwickeln mit dem Film. Also immer chronologisch. Eine Szene pro Tag. Das Drehen sei eine Art Recherche - also brauche man Zeit. Zeit sei das Kostbarste, mit der Methode hätten sie zwei Monate gebraucht.

Chaos ist Leben, Chaos ist Film

Chaos sei notwendig für seine Art Filme zu machen, Chaos sei Leben, das sei ein fundamentales Element - das Chaos.Wenn er eine Szene drehe, dann mache er das genaue Gegenteil von dem, was man tut, wenn man zuhause isst. Wenn man zuhause zu einem Essen einlädt, dann setzt man Leute nebeneinander, die sich gut verstehen. Man kreiert eine Harmonie.

Er mache ein Durcheinander. Er setzte einen Typen, der gern redet neben einen, der ihn nicht reden lässt. Und er zwinge so den Typen, der nicht gern redet, viel zu reden und das führt dazu, dass die Leute nicht imitieren sondern reagieren. Sie leben es. Das ist Leben, das ist Chaos.

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Basil da Cunha über sein Selbstverständnis als Regisseur
Aus Kultur Extras vom 18.05.2013.
abspielen. Laufzeit 31 Sekunden.

Der Regisseur ist nicht Gott

Da Cunha lässt sich treiben von dem, was das Leben ihm anbietet. Dabei versteht er sich eher als eine Art Arrangeur, der seinen Darstellern absolute Freiheit gewährt. Der Regisseur sei nicht Gott: «Ich verändere nicht die Realität nach meinen Bedürfnissen. Ich arbeite mit ihnen. Es ist eine Zusammenarbeit mit den Leuten, mit den Orten».

Mit seiner Methode gelingt es Da Cunha ein äusserst realistisches Bild zu zeigen. Er zeigt die Menschen «Reboleiras» in all ihrer Echtheit. Ohne falsche Scham, ohne Mitleid. Aber mit viel Poesie und Gespür für eine raue Schönheit. Da Cunha ist getrieben. Schreibt jetzt bereits an seinem nächsten Drehbuch. Bevorzugt nachts. Wie Sombra, sein Hauptdarsteller in «Ate ver a luz».

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