Auf Deutsch übersetzt heisst der Film «Schöne Jugend». Ein Titel, den man wortwörtlich oder ironisch verstehen kann. Denn schön anzuschauen sind sie wirklich, die beiden jungen Hauptfiguren Natalia und Carlos.
Weniger schön sind dagegen die Umstände, in denen sie leben müssen. Spanien ist in diesem Film ein heruntergekommenes, gewalttätiges Land. Vom Staat erwartet niemand etwas. Aus Kostengründen wohnen Natalia und Carlos immer noch bei ihren Eltern. Ein festes Einkommen ist nicht in Sicht. Für Carlos sind Gelegenheitsjobs auf der Baustelle die einzige Einnahmequelle. Für Natalia sieht die Lage noch schlechter aus: Sie kriegt oft nicht einmal eine Rückmeldung auf ihre Bewerbungsschreiben.
Schnelles Geld mit Internet-Pornos
Klar wird Natalia hellhörig, als ihr Carlos erzählt, dass sie leicht 600 Euro in 60 Minuten verdienen können. Sie müssen nur beim gemeinsamen Sex gefilmt werden und schon klingelt die Kasse. Warum also nicht? Wer weiss, vielleicht macht's ja sogar Spass…
Aber trotz geringem Aufwand und sofortiger Bezahlung geht die Rechnung nicht auf. Ausgerechnet beim Porno-Dreh wird sie ungewollt schwanger. Abtreibung kommt nicht in Frage, schliesslich ist das Kind von ihrem Liebsten. Der Plan mit dem schnellen Geld ging ganz schön in die Hose.
Kommunikation im Smartphone-Zeitalter
Das klingt alles reichlich konstruiert – und doch wirkt der Film erstaunlich authentisch. Das liegt einerseits an seiner fast schon dokumentarischen Machart. Regisseur Jaime Rosales filmte das Drama mitten in den kargen Vorstädten Madrids, ohne fixe Dialoge.
Das grösste Plus des Films ist aber das geschickte Einflechten von Smartphone-Kommunikation als Erzählmittel. Durch das rasche Scrollen eines Facebook-Dialogs auf der Leinwand werden spielerisch grosse Zeitsprünge überwunden. Statt über mehrere Szenen verteilt, erleben wir die Schwangerschaft von Natalia über die «Selfies», die sie online stellt.
Natalia bringt in der Folge eine gesunde Tochter zur Welt. Carlos tut alles, um die Familie finanziell über Wasser zu halten, aber es reicht nicht. Die Internet-Porno-Produktion scheint der einzige Ausweg zu sein.
Regisseur Jaime Rosales verteufelt die Porno-Branche in seinem Drama nicht. Und doch stellt er im Interview klar, dass er sie für «eine Form von Gewalt» hält, der sich «niemand wirklich freiwillig unterwirft». Im Film landet Natalia in Deutschland, unter den Fittichen eines schmierigen Porno-Produzenten. Verkörpert wird dieser – Überraschung! – von einem Schweizer: Schmuddelfilm-König JP Love. Natalias einziger Trost: Tiefer kann sie nicht mehr fallen.