Nicht nur in Frankreich kommt es hin und wieder zum Produzentenkrieg um einen Filmstoff. Zuletzt vor drei Jahren um das Remake des Klassikers «La guerre des boutons»: Von dem kamen dann tatsächlich zwei neue Versionen ins Kino, eine schlechte und eine schlechtere.
Ein packender Start ...
Die rivalisierenden Saint Laurents haben wohl beide ihre Qualitäten. Der erste ist mehr Biopic, der zweite doch mehr Kunst – aber deswegen auch nicht unumgänglich. Die ersten 20 Minuten sind optisch und montagetechnisch ziemlich packend. Bertrand Bonellos schwelgender Stil, der uns vor drei Jahren hier in Cannes ins Prachtsbordell «L’Apollonide» geführt hat, hat den visuellen Zug, der einen mitfahren lässt, auch wenn man mit der Materie nicht sehr vertraut und an ihr noch weniger interessiert ist.
Aber je länger sich der Film seinem vom Beginn 135 Minuten entfernten Ende zuwendet, desto weniger vermag er seinen Drive aufrecht zu erhalten. Vielleicht liegt es daran, dass Saint Laurents fiebrige Anfänge interessanter sind als sein Verdämmern.
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Aber es hat vor allem damit zu tun, dass Bonello am Anfang auf Saint Laurents Arbeit verweist, auf das Handwerk: wie er minutenlang in seinem Atelier den Näherinnen auf die Finger schaut und zu zeigen versucht, was denn die Talente des seltsamen jungen Mannes ausgemacht haben mag.
... und dann herrscht «Ennui»
Wenn sich der Film dann allerdings der späteren Biografie seines Subjekts widmet – den Männern, den Möpsen, den Frauen und den Geschäftsleuten – dann hilft auch die schwelgerische Gestaltung nicht über den Ennui hinweg. Man wünscht sich ins konkrete, schwule Universum von «Liberace» bei Soderbergh zurück. Mitten in all dieser späten «rive gauche»-Dekadenz um den pillenpoppenden Modedesigner und seine Entourage verliert Bonello den Fokus.
Dabei hat er das in einer der frühen Szenen sogar recht originell noch als Kunstgriff benutzt: Saint Laurent spaziert in der Nacht in Paris an den Strichern vorbei, zieht seine Brille aus und ist im gleichen Moment selber unscharf im Bild, bevor die Kamera seine verschwommene Perspektive aufnimmt. Das ist ein wenig Woody Allen, aber hübsch.
Als Nachzügler konzipiert?
Es bleibt der Eindruck, Bonello habe seinen Film als Nachzügler konzipiert. Viele Figuren und Ereignisse werden weder benannt noch präzise verortet. Wer mit dem Leben des Mannes nicht vertraut ist, muss schon den ersten Film gesehen haben, um sich auf alles einen Reim machen zu können.
Der Kunstwille ist spürbar, ebenso die Faszination für die Figur YSL und für die Zeitgeiststufen, die er miterlebt hat. Aber ermüdend ist der Film auch.