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Filmredaktor Enno Reins über Charlie Theron und «Old Guard»
Aus Audio Aktuell SRF 3 vom 16.07.2020.
abspielen. Laufzeit 2 Minuten 49 Sekunden.
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Charlize Theron Eine Ballerina, die das Ballern beherrscht

Vin Diesel, Dwayne «The Rock» Johnson, Jason Statham: Actionhelden sind immer noch überwiegend männlich. Hollywood-Star Charlize Theron will das ändern.

Mit einer seltsam geformten Streitaxt schlägt sich Andromache of Scythia durch ihre Gegner, wenn die Maschinenpistole leer ist. Ihre Freunde nennen sie Andi.

Andi ist 6000 Jahre alt, eine unsterbliche Kriegerin – und eine weitere Rolle, mit der Charlize Theron ihre zurzeit einzigartige Position im Actiongenre zementiert.

«Old Guard»

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Andi (Charlize Theron), eine 6000 Jahre alte, unsterbliche Kriegerin führt eine Gruppe anderer Unsterblicher an, die sich heutzutage als Söldner verdingen.

Schwule Helden

Einer ihrer Kameraden kämpft seit den Napoleonischen Kriegen, die zwei anderen seit den Kreuzzügen. Da haben sie vergeblich versucht, sich umzubringen. Schliesslich haben sie sich ineinander verliebt. Ein schwules Paar unter den Helden, eine wirkliche Besonderheit im konservativen Action-Genre.

Das Geheimnis der Unsterblichkeit

Warum Andi und ihre Kollegen unsterblich sind, bleibt unklar. Sicher ist: Die Unsterblichkeit kann plötzlich und ohne Grund verschwinden. Wenn sie angeschossen werden, heilen die Verletzungen schnell, aber sie spüren die Schmerzen.

Andi und Co sind eigentlich normale Menschen, abgesehen davon, dass sie nicht alt werden. Weil sie schon so lange kämpfen, sind sie ein wenig Lebensmüde.

Sie werden aus ihrer Lethargie gerissen, als eine jungen US-Soldatin sich ebenfalls als Unsterbliche entpuppt, nachdem ein Terrorist ihr die Kehle durchgeschnitten hat. Und dann beginnt der richtige Ärger: ein Pharma-Unternehmer entführt zwei Mitglieder der Gruppe, weil er hofft, in ihrer DNA das Geheimnis des ewigen Lebens zu finden.

Comicverfilmung

«Old Guard» ist gradlinige Action, mit gut choreographierten Kampfszenen, nach dem gleichnamigen Comic von Starautor Greg Rucka. Manch einer wird sich bei der Idee an die ewiglebenden Kämpfer aus der «Highlander»-Film- und Fernsehreihe erinnern, die es seit den 1980ern gibt. Dort können unsterbliche Krieger nur das Zeitliche segnen, wenn man ihnen den Kopf abschlägt.

Zumindest die Kinofilme waren eine reine Macho-Nummer. «Old Guard» hingegen ist auf der Höhe der Zeit. Mit Charlize Theron und Kiki Layne stehen zwei Frauen im Mittelpunkt. Dazu gibt es eine internationale Besetzung mit Schauspielern und Schauspielerinnen aus den USA, England, Vietnam, Italien und Tunesien. «Old Guard»: für Actionfreunde eine sichere Nummer.

«The Old Guard» heisst das Netflix-Spektakel, das vor einer Woche gestartet ist. Ein gradliniger Film mit coolen, gelungenen Kampf-Choreografien.

Video
Trailer zu «Old Guard»
Aus Kultur Extras vom 17.07.2020.
abspielen. Laufzeit 2 Minuten 54 Sekunden.

Action mit Ballet-Einlagen

Charlize Theron hat schon früher Faustkampf- und Feuerwaffen-Dramen gedreht. Aber seit 2015 spielt die 44-Jährige in der Oberliga.

Charlize Theron

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Die Schauspielerin und Produzentin wurde 1975 in Südafrika geboren.

2003 gründete sie die Produktionsfirma «Denver and Delilah Productions». Für den Film «Monster», in dem sie eine Serienkillerin spielt, erhielt sie 2004 den Oscar als beste Hauptdarstellerin.

2020 war sie für ihre Rolle als Megyn Kelly im Drama «Bombshell», das sie auch mitproduziert hat, als beste Schauspielerin oscarnominiert. In dem Film geht es um Sexismus beim US-Sender Fox News.

Es ging los mit dem Endzeitkracher «Mad Max: Fury Road». Charlize Theron beeindruckte als toughe Truckerin. Am Ende fragte man sich, wozu es den Helden Mad Max eigentlich braucht.

Im harten Agentenfilm «Atomic Blonde» kämpfte sich Charlize Theron durch Berlin. Es gibt minutenlange, ungeschittene Kampf-Choreografien mit ihr, was für Actionfreunde dasselbe ist wie für Ballett-Freunde eine Aufführung des Bolschoi-Theaters.

Schönheit mit Schlagkraft: Charlize Theron beim In-Fight in Atomic Blonde.
Legende: Schönheit mit Schlagkraft: Charlize Theron beim In-Fight in «Atomic Blonde». Universal

Eine Ausnahmeerscheinung

Seit 2017 ist die oscarprämierte Schauspielerin Teil der supererfolgreichen «Fast & Furious»-Filmreihe, in der sie gegen Vin Diesel antritt.

Charlize Theron hat eine Sonderstellung. Zwar gibt es bei den Superhelden-Spektakeln mit Gil Gadot («Wonder Woman»), Scarlett Johansson («Black Widow») und Brie Larson («Captain Marvel») mittlerweile einige Frauen, die auf der Leinwand hart zuschlagen. Aber Charlize Therons Figuren sind vielfältiger und realistischer.

Sie verkörpert Frauen mit Ecken und Kanten, die nicht immer nett sind und auch mal bluten. Deshalb sind sie spannender als die Amazone, die Superspionin und die Sternenkriegerin. Eben menschlicher als unverletzliche Superheldinnen im schicken Kostüm.

Charlize Theron mag einfach das aktionsgetriebene Kino. Als Kind schaute die Südafrikanerin sich mit ihrer Mutter Filme der Action-Ikonen Chuck Norris und Charles Bronson an. Sie ist Fan des Kampfsports Mixed-Martial Arts.

Filmstill: Drei junge Männer und zwei Frauen, lässig aufgereiht.
Legende: Ein Bild mit Seltenheitswert (aus «Old Guard»): Charlize Theron im Hintergrund. Netflix

Charlize Theron geht die Sache offensiv an. Sie engagiert sich für die Rechte der Frauen in der Filmindustrie, will nicht, dass Action eine Männerdomäne bleibt.

Wie zuvor schon bei «Atomic Blonde», war sie bei «Old Guard» auch als Produzentin dabei. Mit ihrer Firma «Denver and Delilah Productions» will sie andere Filme machen.

«Ein tolles Gefühl»

Action sei ein Genre, das Frauen nie dominiert hätten, erzählte Charlize Theron der «Los Angeles Times» anlässlich eines Interviews zu «Old Guard». «Es ist ein tolles Gefühl zu sagen: Wir haben diesen Film gemacht und nichts zu dem Problem beigetragen, mit dem wir uns in unsere Industrie auseinandersetzen.»

So schwierig sei das gar nicht, sagte Theron. «Ich möchte, dass das die Leute wissen. Es ist nicht schwer einen Film zu machen, der alle gleichbehandelt. Am Ende profitierten wir nur davon.»

Filmstill: Kurthaarige Frauen am Steuer eines scheibenlosen Fahrzeugs.
Legende: Volle Kraft voraus: Charlize Theron im Actionfilm «Mad Max: Fury Road». Warner Bros

«Old Guard» ist fest in der Hand von Frauen. Regisseurin Gina Prince-Bythewood wird in den USA als erste Afroamerikanerin gefeiert, die eine Comic-Verfilmung mit einem grossen Budget (geschätzte 70 Millionen Dollar) in Szene gesetzt hat.

Die Crew bei «The Old Guard» war weitgehend weiblich und nicht weiss. Und Charlize Theron teilt sich die Leinwand mit der 28-jährigen Newcomerin Kiki Layne. Sie spielt die zweite Hauptrolle neben ihr.

Es geht gleich weiter

Charlize Theron hat nie nur Actionfilme gedreht. Aber sie wird ihren erfolgreichen Weg als Schauspielerin und Produzentin in diesem Genre weitergehen.

«Fast & Furious 9» startet voraussichtlich im März nächsten Jahres. Die Fortsetzung von «Atomic Blonde» ist angekündigt. Und «The Old Guard» endet mit einem Cliffhanger, der einen zweiten Teil vermuten lässt. Als Comic gibt es den schon.

Sendung: Radio SRF 3, 16.7.2020, 16:40 Uhr

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